Rz. 100

Die Erlaßregelungen gehen von der neueren Rechtsprechung des BFH aus, daß auch der Vorbehaltsnießbrauch eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit und damit Gegenstand einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein kann. Daher unterscheidet der Nießbrauchserlaß zwischen Ablösungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (private Versorgungsrente, Rz. 56ff.) und Ablösungen im Zusammenhang mit sonstigen Vermögensübertragungen (nämlich Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen Rz. 59ff.). Eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit liegt allerdings nur vor, wenn das Wohnrecht wirtschaftlich ins Gewicht fällt. Ein Nutzungswert von 250 DM monatlich reicht z. B. nicht aus[1].

Handelt es sich um die Ablösung von Vorbehaltsnutzungsrechten im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe, so sind wiederkehrende Leistungen entweder als dauernde Last oder als Leibrente einzuordnen. Bei Vorliegen einer dauernden Last steht dem ablösenden Eigentümer ein Abzug in vollem Umfang gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu, bei einer Leibrente ein Abzug mit dem Ertragsanteil gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG. Nach dem Korrespondenzprinzip hat der Nutzungsberechtigte dauernde Lasten in voller Höhe und Leibrenten mit dem Ertragsanteil zu versteuern.

Einmalzahlungen zur Ablösung des Vorbehaltsnießbrauchs sind hingegen Abstandszahlungen an den Vermögensübergeber und erhöhen die Bemessungsgrundlage für die AfA des Grundstückseigentümers[2].

Beim Nutzungsberechtigten sind die Einmalzahlungen als nichtsteuerbare Vermögensumschichtungen anzusehen (Rz. 58).

 

Rz. 101

Bei Ablösungen im Zusammenhang mit sonstigen Vermögensübertragungen (Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen) sind Einmalzahlungen in voller Höhe und wiederkehrende Leistungen mit ihrem Barwert[3] Anschaffungskosten[4]. Ist die Einmalzahlung bzw. der Barwert der wiederkehrenden Leistung höher als der Wert des übertragenen Vermögens, ist Entgeltlichkeit in Höhe des angemessenen Kaufpreises anzunehmen. Der übersteigende Betrag ist eine Zuwendung im Sinne des § 12 Nr. 2 EStG. Ist der Barwert der wiederkehrenden Leistungen mehr als doppelt so hoch wie der Wert des übertragenen Vermögens, liegt insgesamt eine Zuwendung im Sinne des § 12 Nr. 2 EStG vor. Beim Nutzungsberechtigten führt der Tilgungsanteil der wiederkehrenden Bezüge zu einer nichtsteuerbaren Vermögensumschichtung. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil, der in entsprechender Anwendung der Ertragsanteilstabellen der §§ 22 EStG, 55 EStDV zu ermitteln ist (ggf. finanzmathematisch), ist im Falle der Vermietung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Bei dem Nutzungsberechtigten liegen bei dauernden Lasten in Höhe der Zinsanteile gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtige Einnahmen vor (Sparerfreibetrag!). Bei einer Leibrente ist der Ertragsanteil nach § 22 EStG steuerpflichtig.

[2] BFH v. 28.11.1991, XI D 2/87, BStBl II 1992, 381; BFH v. 21.7.1992, IX R 14/89, BStBl II 1993, 484 sowie BFH v. 21.7.1992, IX R 14/89, BStBl II 1993, 486; Rz. 57 des 3. Nießbrauchserlasses, a.a. O..
[3] §§ 13, 14 BewG in Verbindung mit Anlage 9, 9a zum BewG.

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