2.7.1.1 Zuwendungsnießbrauch (bzw. Zuwendungswohnrecht) — s. Übersicht Rz. 65

 

Rz. 66

Unter Zuwendungsnießbrauchsrecht ist das vom Eigentümer dem Nutzungsberechtigten entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumte Nutzungsrecht zu verstehen. Diesem steht der Vorbehaltsnießbrauch als ein sich aus dem bisherigen Eigentum ergebendes und damit nicht von Rechtspositionen Dritter abgeleitetes Nutzungsrecht gegenüber.

 

Rz. 67

Entgeltlichkeit, Unentgeltlichkeit, teilweise Entgeltlichkeit

Es ist zwischen entgeltlichem Erwerb des Nießbrauchs, teilweise entgeltlichem Erwerb und unentgeltlichem Erwerb zu unterscheiden. Ein Zuwendungsnießbrauch ist nach Auffassung der Finanzverwaltung (3. Nießbrauchserlaß v. 24.7.1998, Rz. 10) als entgeltlich bestellt anzusehen, wenn der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Beim Vergleich von Leistungen und Gegenleistungen sind die von den Vertragsparteien jeweils insgesamt zu erbringenden Leistungen gegenüberzustellen. In Rz. 11 des 3. Nießbrauchserlasses ist eine Entgeltlichkeits-Vermutung aufgestellt. Danach spricht bei Nutzungsrechtsbestellungen gegen Entgelt unter fremden Dritten eine tatsächliche Vermutung für volle Entgeltlichkeit. Nach dem 2. Erlaß von 1984 war diese Vermutung widerlegt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem krassen Mißverhältnis zueinanderstanden. Diese Regelung ist jetzt ersatzlos weggefallen.

 

Rz. 68

Unscharf ist der 3. Nießbrauchserlaß jedoch für die Fälle, in denen der Wert der Gegenleistung unterhalb des kapitalisierten Werts des Nutzungsrechts liegt. Hier bedarf es weder einer Entgeltlichkeitsvermutung noch der Aufspaltung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang, wenn die Gegenleistung mindestens 50 v.H. des Werts des Nutzungsrechts ausmacht. Diese Fälle werden nämlich von der gesetzlichen Bestimmung des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG erfaßt, die ab 1987 gilt. Nach dieser Vorschrift wird eine Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil nur vorgenommen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung weniger als 50 v.H. der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Ist ein Entgelt von mindestens 50 v.H. vereinbart worden, so ist die Wohnungsüberlassung hingegen eine vollentgeltliche mit der Rechtsfolge, daß der Eigentümer den vollen Werbungskostenabzug hat. Die neue Regelung ist gleichermaßen für Nutzungsüberlassungen zu Wohnzwecken unter fremden Dritten wie unter nahen Angehörigen anzuwenden.

Nach allem ist es irreführend, wenn der Erlaß auf die Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht eingeht, sondern eher den Eindruck erweckt, es müsse eine Aufspaltung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil des Rechtsgeschäfts vorgenommen werden[1].

 

Beispiel 1:

X räumt Y ein Nutzungsrecht mit einem Kapitalwert von 300.000 DM für 180.000 DM ein.

In diesem Fall liegt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG sowohl bei fremden Dritten als auch bei nahen Angehörigen eine vollentgeltliche Nutzungsrechtsbestellung vor.

 

Beispiel 2:

X räumt Y ein Nutzungsrecht mit einem Kapitalwert von 300.000 DM für 120.000 DM ein. Die Vermutungsregelung der Rz. 11 des 3. Nießbrauchserlasses kommt hier auch für fremde Dritte nicht in Betracht. Die Lösung ergibt sich aus § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach ein teilweise entgeltlich bestelltes Nutzungsrecht vorliegt.

Wenn die Gegenleistung hingegen den Kapitalwert des Nutzungsrechts übersteigt, kommt für fremde Dritte die Vermutungsregelung der Rz. 11 des Erlasses zum Zuge.

Die Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG kommt allerdings nicht zur Anwendung, wenn das Nutzungsrechtsentgelt 10% des ortsüblichen Mietzinses nicht erreicht. Hier geht der 3. Nießbrauchserlaß in seiner Rz. 13 mit Recht davon aus, daß ein unentgeltlich bestelltes Nutzungsrecht vorliegt.

[1] Vgl. auch Stephan/Rindermann, DB Beilage Nr. 13/98, 6.

2.7.1.1.1 Entgeltlich bestellter Zuwendungsnießbrauch

 

Rz. 69

Vorweg sei bemerkt, daß durch die neuere Rechtsprechung des BFH die steuerliche Behandlung des entgeltlichen Nutzungsrechts sowohl bei dinglicher Bestellung wie bei lediglich schuldrechtlicher Einräumung die gleiche ist. Der Nutzungsberechtigte wird quasi wie ein Mieter behandelt, hat also keine eigene Einkunftsquelle, während der Eigentümer als Quasi-Vermieter den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt[1]. Wenn der Nutzungsberechtigte die Wohnung selbst nutzt, liegt für ihn ein steuerlich irrelevanter Vorgang vor.

 

Rz. 70

Im Falle der Vermietung verwirklicht der Nießbraucher den Tatbestand der Einkunftserzielung dadurch, daß er als Quasi-Untervermieter am Marktgeschehen teilnimmt und damit zum Inhaber einer selbstgeschaffenen Einkunftsquelle wird. Er hat in diesem Fall Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Während im Falle der Selbstnutzung AfA und laufende Grundstücksaufwendungen nur vom Eigentümer getragen werden[2], hat der Nutzungsberechtigte nach Auffassung der Finanzverwaltung im Falle der Nutzung durch Vermietung AfA auf das Nutzungsrecht selbst[3]. M.E. ist diese Auffassung unzutreffend; zu den Anschaffungskosten des Nutzungsrechts können nur einmalige Aufwend...

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