Rz. 9

Der Nießbrauch umfaßt eine Reihe von Befugnissen. So ist der Nießbraucher zum Besitz berechtigt[1]. Dieses Besitzrecht gewährleistet dem Nießbraucher, die Nutzungen in ihrer Gesamtheit ziehen zu können. Das Nutzungsrecht ist umfassend. Es ergreift die natürlichen Früchte, insbesondere die Erzeugnisse eines landwirtschaftlichen Grundstücks, wie auch die juristischen, z. B. die Mieten eines Hauses. Der Nießbrauch erstreckt sich auch auf die Ausübung der mit dem Eigentum an der Sache verbundenen Rechte, z. B. einer Grunddienstbarkeit.

 

Rz. 10

Der Nießbrauch kann durch den Ausschluß einzelner Nutzungen beschränkt werden[2]. Die Beschränkung kann bei der Bestellung des Nießbrauchs bzw. nachträglich als Inhaltsänderung vereinbart werden[3], je nach Ausgestaltung mit rein schuldrechtlicher Wirkung oder bei entsprechender Grundbucheintragung — falls es sich um einen Grundstücksnießbrauch handelt — mit dinglicher Wirkung.

 

Rz. 11

Der Nießbraucher hat die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten[4]; er darf z. B. nicht Weide in Ackerland verwandeln, Garten in Bauland. Der Nießbraucher hat nach den Grundsätzen einer ordentlichen Wirtschaft zu verfahren; er darf in die Substanz der Sache nicht eingreifen, sie weder umgestalten noch wesentlich verändern[5]. Er kann nicht über die Sache rechtlich verfügen (Dispositionsnießbrauch ist ausgeschlossen).

 

Rz. 12

Zur Verfügung über die gezogenen Nutzungen ist der Nießbraucher berechtigt, weil er ja ihr Eigentümer ist. Eine Verfügung über die Sache selbst steht ihm nicht zu. Nur wenn ein Grundstück mit Inventar Gegenstand des Nießbrauchs ist, kann er über die einzelnen Inventarstücke in den Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft verfügen[6]. Er hat dann für Ersatz zu sorgen. Schafft er demgemäß neue Stüke an, so werden sie mit der Einverleibung in das Inventar Eigentum des Inventareigentümers, also in der Regel des Grundstückseigentümers.

Der Nießbraucher darf ein Grundstück vermieten oder verpachten, selbst über die Dauer des Nießbrauchs hinaus. Mit Beendigung desselben tritt der Eigentümer in das Schuldverhältnis ein, hat aber ein außerordentliches Kündigungsrecht[7].

 

Rz. 13

Der Nießbraucher hat aber nicht nur Rechte, sondern auch Verpflichtungen. Zwischen ihm und dem Eigentümer — nicht dem Besteller — entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis.

Die wesentliche Verpflichtung des Nießbrauchers ist die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand. Soweit die gewöhnliche Unterhaltung derselben es erfordert, ist er auch zur Verbesserung und Erneuerung verpflichtet[8]. Der Nießbraucher hat die Sache gegen Brandschaden zu versichern, wenn dies einer ordnungsmäßigen Wirtschaft entspricht[9].

 

Rz. 14

Der Nießbraucher ist dem Eigentümer gegenüber verpflichtet, für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten zu tragen[10]. Das gilt auch dann, wenn diese Lasten erst nach Nießbrauchsbestellung entstanden sind. Zu tragen hat der Nießbraucher insbesondere Grund- und Gewerbesteuern, nicht aber die Vermögensteuer, die eine persönliche Steuerschuld des Eigentümers ist und nicht als auf der Sache ruhend angesehen werden kann. Ferner hat der Nießbraucher diejenigen privatrechtlichen Lasten zu tragen, welche schon z.Z. der Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache ruhten, insbesondere Hypotheken- und Grundschuldzinsen sowie die aufgrund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen[11]. Nicht hierunter fallen Tilgungsbeträge oder Verzugszinsen für verspätete Kapitalzahlungen.

Die Vorschrift über die Lastentragung ist jedoch nicht zwingend. Abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Bei Nießbrauch an Grundstücken und Rechten an Grundstücken kann die Abweichung auch als Inhalt des Rechts eingetragen werden und hat dann dingliche Wirkung (Palandt, BGB zu § 1047 Rz. 8).

§ 1055 BGB erwähnt die Pflicht des Nießbrauchers, nach Beendigung des Nießbrauchs die Sachen an den Eigentümer zurückzugeben.

Umgekehrt hat der Nießbraucher einen Ersatzanspruch wegen der Verwendungen, die über seine Verpflichtungen hinausgehen, nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag.

[3] Vgl. Palandt, BGB § 1030 Rz. 6.
[8] § 1041; vgl. § 1036 Abs. 2 BGB.
[9] Z. B. bei Gebäuden, § 1045 BGB.

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