2.6.1 Zurechnung von Einkünften

 

Rz. 32

Die Bestellung eines Nießbrauchs kann nur für den Bereich des Zuwendungsnießbrauchs vom Gedanken der Steuervermeidung getragen sein. In den häufigen Fällen des Vorbehaltsnießbrauchs findet hingegen kein Wechsel in der Person des Einkünfteerzielers statt. Vielmehr setzt sich der Vorbehaltsnießbraucher sogar der Gefahr aus, künftig sein Werbungskostenvolumen zu verkleinern, sofern an der Maßgeblichkeit der BGB-Lastenzuordnung festgehalten wird.

Die einkommensteuerrechtliche Zurechnung von Einkünften erfordert, daß der Steuerpflichtige, bei dem sie erfaßt werden sollen, in seiner Person die gesetzlichen Vor­aussetzungen der jeweiligen Einkunftsart nach § 2 Abs. 1 i. V. m. §§ 1324 EStG erfüllt[1]. Der Steuerpflichtige muß also die ihm zuzurechnenden Einkünfte erwirtschaften, indem er selbst oder durch eine Hilfsperson wirtschaftliche Chancen nutzt, Leistungen erbringt, ändert oder verweigert, wobei ihn Erfolg oder Mißerfolg dieses Handelns treffen. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hiernach derjenige, der ein Grundstück vermietet.

 

Rz. 33

Die früher herrschende Rechtsauffassung über die Einordnung dinglicher Nutzungsrechte im Einkommensteuerrecht ging davon aus, daß mit der Bestellung eines Nießbrauchs oder dinglichen Wohnrechts allein wegen der dinglichen Natur der Nutzungsrechte auch steuerlich die Einkunftsquelle auf den Nutzungsberechtigten übergegangen sei und er deshalb die Einkünfte als von ihm unmittelbar bezogen zu versteuern habe. Nach neuerer Erkenntnis[2] kann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auch derjenige erzielen, dem eine Wohnung ohne dingliche Absicherung überlassen wird, wenn er die Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition innehat, d. h. auch schuldrechtliche Vereinbarungen können eine Quelleninhaberschaft vermitteln[3].

 

Rz. 34

Der dritte Nießbrauchserlaß der Finanzverwaltung v. 24.7.1998[4] behandelt ebenfalls dingliche und obligatorische Nutzungsrechte grundsätzlich gleich (Rz. 7).

2.6.2 Zivilrechtliche Wirksamkeit

 

Rz. 35

Der Bundesfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung[1] verlangt, daß bürgerlich-rechtliche Gestaltungen zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich nur dann anzuerkennen sind, wenn sie klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt werden. Dieser Rechtsprechung des BFH ist für den Fall der Einräumung von Nutzungsrechten zwischen nahen Angehörigen aus Gründen der Rechtsklarheit zuzustimmen. §§ 40, 41 AO stehen dem nicht entgegen. Sinn dieser Vorschriften ist es, die an einem Rechtsgeschäft Beteiligten ungeachtet etwaiger Formmängel entsprechend dem von ihnen wirklich und ernsthaft gewollten Inhalt und dem tatsächlich eingetretenen wirtschaftlichen Ergebnis des Rechtsgeschäfts zu besteuern. Bei Rechtsgeschäften unter nahen Angehörigen bereitet die Feststellung, was die Vertragsbeteiligten wirklich gewollt haben und ob das nach dem Vertragsinhalt erstrebte wirtschaftliche Ergebnis tatsächlich erreicht worden ist, Schwierigkeiten, die durchweg nicht ohne Eindringen in die Privatsphäre der Betroffenen überwunden werden können und zu Unsicherheiten in der Besteuerung führen. Es handelt sich hier um die gleiche Problematik, die auch bei der Anerkennung von Familienpersonengesellschaften und Arbeitsverträgen zwischen Familienangehörigen anzutreffen ist[2]. In diesen Fällen, in denen ein Interessengegensatz zwischen den Beteiligten fehlt, muß vor der steuerlichen Anerkennung einer Rechtsgestaltung geprüft werden, ob eine gleiche Gestaltung auch zwischen Fremden vorgenommen worden wäre.

 

Rz. 36

Mit Beschluß vom 20.11.1984[3] hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß das aus Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Diskriminierungsverbot nicht verletzt werde, wenn in der Rechtsprechung des BFH bei Verträgen zwischen Eltern und Kindern allgemein zum Nachweis der Ernsthaftigkeit die Einhaltung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den wirksamen Abschluß von Rechtsgeschäften gefordert werde. Bei dieser Forderung handele es sich um eine typisierende und generalisierende Sachverhaltswürdigung und um die Anwendung des einfachen Steuerrechts, die nicht gegen Verfassungsrecht verstoße. Ob die Genehmigung eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts nach Erwerb der Volljährigkeit rückwirkend den Steuertatbestand beeinflusse, sei eine vom Bundesverfassungsgericht nicht nachprüfbare Frage der Auslegung und Anwendung des einfachen Steuerrechts.

 

Rz. 37

Unbefriedigend wegen einer Überbetonung von Formalien ist die Entscheidung des BFH v. 31.10.1989 (IX R 216/84, DStR 1990, 208 mit Anm. v. Schmidt, vgl. auch BFH v. 31.10.1989, IX R 216/84, BStBl II 1992, 50...

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