Rz. 108

Berufsstände und Berufsverbände dienen der Förderung der wirtschaftlichen oder beruflichen Stellung des Stpfl. Beiträge können daher grundsätzlich Werbungskosten sein. Dabei erweitert § 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG den Begriff der Werbungskosten nicht, sondern konkretisiert ihn nur. Es muss daher immer eine Förderung der Berufstätigkeit im konkreten Fall vorliegen. Diese liegt vor, wenn der Berufsverband Ziele verfolgt, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen des Stpfl. dienen.[1] Ist das nicht der Fall, handelt es sich um Kosten der Lebensführung; § 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG schließt die Anwendung des § 12 EStG nicht aus. Kosten der Lebensführung liegen insbesondere vor, wenn Veranstaltungen des Berufsverbands der Förderung des Allgemeinwissens der Teilnehmer dienen oder wenn es sich um gesellschaftliche Veranstaltungen handelt, auch wenn diese im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten Veranstaltung stattfinden.[2]

Der Berufsverband muss nach der Satzung und seiner tatsächlichen Tätigkeit Ziele verfolgen, die der Erzielung von Einnahmen aus einer nicht betrieblichen Einkunftsart dienen. Der Stpfl. muss zu dem Kreis der Personen gehören, deren Berufstätigkeit zu den durch den Berufsverband zu fördernden Tätigkeiten gehört (zum Begriff des Berufsverbands vgl. Frotscher, in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG, § 5 KStG Rz. 133ff.).

 

Rz. 109

Unter § 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG fallen Beiträge z. B. für Gewerkschaften, Kammern (von angestellten Rechtsanwälten, Ärzten usw.), Haus- und Grundbesitzerverein usw. Gewerkschaftsbeiträge fallen auch bei Beziehern von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe unter Nr. 3, weil sie für die Erhaltung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nützlich sind.[3]

Keine Werbungskosten sind Beiträge zu Vereinen der privaten Lebensführung, auch wenn die Mitgliedschaft der Berufstätigkeit dient (Kontakt zu Kunden) und der Beitritt mit Zustimmung oder auf Anordnung des Arbeitgebers erfolgt ist.[4]

Ebenso wie Beiträge sind auch Aufwendungen für eine ehrenamtliche Tätigkeit für einen Berufsverband Werbungskosten (Rz. 265 "Ehrenamt").[5] Berufsverbände einschließlich Gewerkschaften dienen der Verbesserung der beruflichen Bedingungen der Mitglieder. Daher sind nicht nur Beiträge, sondern alle Maßnahmen der Mitglieder zur Stärkung, Erhaltung und Förderung des Berufsverbands beruflich veranlasst. In diesem Rahmen können auch Studienreisen von Gewerkschaftsmitgliedern (Funktionsträgern der Gewerkschaft) beruflich veranlasst sein, wenn die allg. Voraussetzungen für die Anerkennung von Werbungskosten erfüllt sind.[6]

 

Rz. 110

Andererseits muss die Verbindung des Berufsverbands und der Aufwendungen des Stpfl. zu der eigenen Berufstätigkeit des Stpfl. gewahrt bleiben. Sonst würde, da ein Berufsverband auch der allgemeinpolitischen Willensbildung dienen kann, die Einschränkung der Abzugsfähigkeit für politische Spenden und Beiträge umgangen. Aufwendungen an einen Berufsverband, die nicht die eigenen berufsspezifischen Interessen des Stpfl. fördern, sind daher keine Werbungskosten.[7]

 

Rz. 111

Ob der Verband berufsspezifische Interessen des Stpfl. verfolgt, ist nach der Satzung und der tatsächlichen Verbandstätigkeit zu beurteilen. Werden nichtberufsspezifische (z. B. parteipolitische) Interessen verfolgt, gehören die Aufwendungen zu den Kosten der Lebensführung, auch wenn sich die Mitgliedschaft in dem Verband tatsächlich vorteilhaft ausgewirkt hat.[8] Maßgebend für die Beurteilung ist nicht nur die Satzung des Verbands, sondern auch seine tatsächliche Tätigkeit.[9]

Nicht unter Werbungskosten fallen Beiträge insoweit, als der Verband als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb tätig wird. Im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs tritt der Verband dem Stpfl. im Rahmen des allg. wirtschaftlichen Verkehrs gegenüber, erbringt also Leistungen gegen eine Gegenleistung. Die Behandlung der Leistung des Stpfl. richtet sich dann nicht nach Nr. 3, sondern nach den allg. Regeln, also danach, ob ein Zusammenhang mit der Sphäre der Einkunftserzielung besteht (dann Werbungskosten, z. B. auf das Gebäude bezogene Versicherung eines Haus- und Grundbesitzervereins) oder ob die Leistung zur privaten Lebensführung gehört (z. B. Sterbegeldversicherung).

Zum Begriff des Berufsverbands Frotscher, in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG, § 5 KStG Rz. 133ff.; zum Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Kratzsch in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 14 AO.

[3] OFD Frankfurt v. 23.2.1996, S 2212 A – 2 St II 22, FR 1996, 328.
[4] Sportvereine, Rotary-Club; BFH v. 15.5.1992, VI R 106/88, BStBl II 1993, 840; FG München v. 9.4.1997, 1 K 1742/94, EFG 1997, 1105 für Mitgliedschaft in einem Golfclub.
[5] BFH v. 28.11.1980, VI R 193/77, BStBl II 1981, 368, ehrenamtliche Tätigkeit für Gewerkschaft.
[6] FG Köln v. 13.12.1989, 1 K 1753/87, EFG 1990, 299 für die Veröffentlichung der Reiseerlebnisse in einem im Gewerkschaftsverlag erschienenen Buch; zu eng FG Nürnberg v. 15...

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