Rz. 13

Für Eltern, die die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG erfüllen – die tatsächliche Zusammenveranlagung wird nicht vorausgesetzt (§ 79 EStG Rz. 13) –, enthielt § 85 Abs. 2 S. 1 EStG schon seit Einführung der Altersvorsorgezulage eine besondere Zuordnungsregelung: Danach wird die Kinderzulage für Kinder, die zu beiden Eltern in einem Kindschaftsverhältnis stehen, grds. der Mutter zugeordnet und nur auf Antrag beider Eltern dem Vater.

 

Rz. 14

Am 1.10.2017 ist das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts[1] in Kraft getreten. In § 85 Abs. 2 S. 1 EStG wurde daher mit Wirkung vom 15.12.2018 klarstellend aufgenommen, dass die Regelung bei verheirateten Eltern "verschiedenen Geschlechts" gilt.[2] Eine materielle Rechtsänderung für Ehepartner gleichen Geschlechts ist damit nicht verbunden, da in § 85 Abs. 2 S. 2 EStG eine ergänzende Regelung getroffen wurde (Rz. 21a).

 

Rz. 15

Die ehemals in Abs. 2 S. 2 enthaltene Beschränkung des Antrags auf ein Kj. ist mit dem G. v. 13.12.2006[3] aus Vereinfachungsgründen entfallen.[4] Ein einmal gestellter Antrag gilt damit bis zu seinem Widerruf weiter. Für ein abgelaufenes Beitragsjahr kann er jedoch nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden (§ 85 Abs. 2 S. 3 EStG).[5]

 

Rz. 16

Mit G. v. 8.4.2010[6] wurde das Erfordernis der unbeschränkten Steuerpflicht, das mit der Bezugnahme auf § 26 Abs. 1 EStG verbunden war, aus Gründen der Vereinbarkeit mit EU-Recht der Norm aufgegeben.[7] Nunmehr genügt als Voraussetzung für die grundsätzliche Zuordnung der Kinderzulage zur Mutter und das Elternwahlrecht, dass die Ehegatten, zu denen das Kind in einem Kindschaftsverhältnis steht,

 

Rz. 17

Die übrigen Voraussetzungen blieben unverändert:

  • Es muss ein Kindschaftsverhältnis nach § 32 Abs. 1 EStG zwischen dem Kind und beiden Eltern bestehen.
  • An wen das Kindergeld ausgezahlt wird bzw. gegenüber wem es festgesetzt wird, ist in diesem Fall unerheblich.
  • Bei mehreren Kindern kann der Antrag auf Übertragung der Kinderzulage für jedes Kind einzeln ausgeübt werden.
 

Rz. 18

Letzteres ist nicht unumstritten.[9] Da das Gesetz ein Splitten nicht verbietet und gerade bei mehreren Kindern und beiderseitiger Zulageberechtigung der Eltern ein gleichmäßiger Aufbau einer privaten Altersvorsorge wirtschaftlich sinnvoll ist, darf aus dem Umstand, dass das Gesetz von "der Kinderzulage" spricht, nicht gefolgert werden, dass es auch bei mehreren Kinder nur eine Kinderzulageberechtigung gibt, die umfassend einem der Elternteile zugeordnet werden müsste.[10] Eine automatische Zuordnung zu einem zulageberechtigten Ehegatten erfolgt somit nicht. Ist die Mutter nicht unmittelbar oder mittelbar zulageberechtigt bzw. hat sie keinen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen, geht die Kinderzulage verloren, wenn keine Übertragung auf den Vater beantragt wird.

 

Rz. 19

Die Rechtsfolgen des § 85 Abs. 2 S. 1 EStG – Zuordnung zur Mutter und Elternwahlrecht – greifen nicht ein, wenn

  • das Kind nicht zu beiden Eltern in einem Kindschaftsverhältnis steht,
  • die Eltern nicht miteinander verheiratet sind,
  • die Eltern dauernd getrennt leben oder
  • die Eltern ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht beide in einem EU- oder EWR-Staat haben.[11]
 

Rz. 20

Dann bleibt es bei der Regelung des § 85 Abs. 1 S. 4 EStG: Die Kinderzulage steht demjenigen zu, dem für den ersten Anspruchszeitraum im Kj. Kindergeld ausgezahlt worden ist bzw. demgegenüber erstmalig im Kj. Kindergeld festgesetzt wurde (Rz. 10). Eine Übertragung der Kinderzulage nach § 85 Abs. 2 EStG ist in diesen Fällen nicht möglich.[12]

 

Rz. 21

Durch das Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.2014[13] wurde ein neuer Satz 2 in § 85 Abs. 2 EStG eingefügt und der bisherige Satz 2 zu Satz 3. Die Regelung greift inhaltlich § 85 Abs. 2 S. 1 EStG auf und übertrug dessen Regelungsgehalt in einem ersten Schritt zunächst auf Eltern, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen. Zwar bestimmt § 2 Abs. 8 EStG ganz allgemein, dass die für Ehegatten und Ehen geltenden Vorschriften des EStG auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden sind, allerdings ist die Zuordnungsregel in § 85 Abs. 2 S. 1 EStG, die davon ausgeht, dass die Haupterziehungsarbeit von der Mutter erbracht wird[14], nicht auf gleichgeschlechtliche Elternschaften übertragbar. Aus diesem Grunde wird auf die Zuordnungsregel in § 85 Abs. 1 S. 4 EStG zurückgegriffen und die Zulageberechtigung an die Auszahlung bzw. ab 2018 an die Festsetzung[15] des Kindergelds geknüpft, allerdings verbunden mit der Möglichkeit auf Antrag beider Eltern eine Zuordnung beim anderen Lebenspartner (ab 15.12.2018: Elternteil, Rz. 21a) vorzunehmen. Da das Kind zu beiden Lebenspartnern in einem Kindschaftsverhältnis stehen muss, können im Grunde nur Fälle einer Adoption du...

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