2.1 Kindergeldbescheid

 

Rz. 3

Nach der gesetzlichen Nomenklatur stellt das Kindergeld eine Steuervergütung dar (§ 31 S. 3 EStG). Für diese Ansprüche gelten die Familienkassen als Finanzbehörden (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 S. 2 FVG). Nach § 155 Abs. 5 AO finden für die Steuervergütung die Vorschriften für die Steuerfestsetzung sinngemäß Anwendung. Nach §§ 119 Abs. 2 S. 1, 155 Abs. 1 S. 1 AO ist dementsprechend das Kindergeld durch schriftlichen oder elektronischen Bescheid festzusetzen (§ 157 Abs. 1 AO). Insoweit ist § 70 Abs. 1 S. 1 EStG klarstellend. Dies gilt auch, wenn dem Antrag nicht in vollem Umfang entsprochen oder wenn er abgelehnt wird bzw. wenn eine Nullfestsetzung ergeht. Die Schriftform bzw. elektronische Form gilt entsprechend für die Aufhebung oder Änderung einer Festsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG.

Nach § 121 Abs. 1 AO sind Festsetzungsbescheide zu begründen, soweit dies zu ihrem Verständnis erforderlich ist. Der Adressat soll instand gesetzt werden, den Inhalt des Bescheids ohne tiefgreifendes Studium der Fachliteratur zu verstehen und daraufhin die Rechtmäßigkeit überprüfen zu können, um zu entscheiden, ob er Einspruch einlegen soll. In den Fällen des § 121 Abs. 2 AO kann ausnahmsweise von einer Begründung abgesehen werden. Der Bescheid ist auch ohne die erforderliche Begründung wirksam, aber fehlerhaft. Das Fehlen der Begründung ist unerheblich, wenn sie nachgeholt wird. Das kann noch im finanzgerichtlichen Verfahren geschehen (§ 126 Abs. 2 AO). Die Begründungspflicht gilt entsprechend für die Einspruchsentscheidung (§ 365 Abs. 1 AO).

Das FA ist bei der ESt-Festsetzung an eine Entscheidung der Familienkasse über die Berücksichtigung eines Kindes nicht gebunden.[1] Auch umgekehrt besteht keine Bindung der Familienkasse an eine Entscheidung des FA im Rahmen des § 32 EStG. Die Kindergeldfestsetzung ist kein Grundlagenbescheid für die ESt-Festsetzung. Gleichfalls stellt der für das Kind ergangene ESt-Bescheid keinen Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung dar.[2] Die Familienkasse und im Klageverfahren nachfolgend das FG hatten daher bis 2009 selbstständig die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes zu ermitteln.[3] FA und Familienkasse haben sich indes zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen grds. aufeinander abzustimmen.[4] Das Abstimmungsverfahren zwischen Familienkasse und FA gilt auch im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 31 S. 4 EStG.[5] Das FA muss auch hier das Bestehen eines Kindergeldanspruchs selbstständig prüfen. Zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen sind ggf. die vorgesetzten Behörden einzuschalten (R 31 Abs. 4 EStR 2012).

2.2 Kindergeldauszahlung

 

Rz. 4

Das Kindergeld wird von der Familienkasse ausgezahlt. Für die Auszahlung an die Angehörigen des öffentlichen Dienstes gem. § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Denn die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber werden hinsichtlich der Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds als Familienkassen tätig, soweit sie nicht gegenüber dem BZSt auf ihre Zuständigkeit zur Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes schriftlich oder elektronisch verzichtet haben und dieser Verzicht vom BZSt schriftlich oder elektronisch bestätigt worden ist (§ 72 Abs. 1 S. 3 EStG).[1] § 71 Abs. 1 S. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts nach dem 31.12. 2018 errichtet wurden (§ 72 Abs. 1 S. 7 EStG).

[1] § 72 Abs. 1 EStG wurde neu gefasst m. W. v. 14.12.2016 durch G. v. 8.12.2016, BGBl I 2016, 2835; § 72 Abs. 1 S. 7 EStG wurde angefügt m. W. v. 1.1.2019 durch G. v. 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338.

2.2.1 Rückwirkende Zahlung bei Anträgen ab dem 19.7.2019 (Abs. 1 S. 2)

 

Rz. 4a

Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Bei Berechnung der Sechsmonatsfrist ist der Kalendermonat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht mitzurechnen.

Die Vorschrift gilt gem. § 50 Abs. 52 EStG für nach dem 18.7.2019 eingehende Anträge auf Kindergeld – also ab dem 19.7.2019. § 66 Abs. 3 EStG galt für Anträge vom 1.1.2018 bis 17.7.2019. Für die exakt am 18.7.2019 eingehenden Anträge gilt die Zahlungseinschränkung nicht.

Die Regelung entspricht inhaltlich der bisherigen Regelung des § 66 Abs. 3 EStG. Aufgrund finanzgerichtlicher Entscheidungen[1] sah sich der Gesetzgeber veranlasst, die Stellung der Regelung im Gesetz zu verändern und die Formulierung präziser zu fassen. Die nunmehr verwendete Formulierung "Auszahlung von festgesetztem Kindergeld" soll deutlich machen, dass die Festsetzung von Kindergeld vorausgesetzt wird und die Auszahlungsbeschränkung dem Erhebungsverfahren zuzuordnen ist. Dies unterstützt auch § 70 Abs. 1 S. ...

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