Rz. 25

Während der Vz 1999 bis 2001 galt vorübergehend die gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise Die Neuregelung sollte im Rahmen der Neukonzeption der §§ 6 Abs. 3 und 5, 16 Abs. 3 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 für die notwendige Synchronisierung sorgen. Bei Erwerbsvorgängen nach dem 31.12.1998 war nach § 6 Abs. 5 EStG i. d. F. des StEntlG die Buchwertfortführung bei einem Rechtsträgerwechsel ausgeschlossen. Wäre § 6b EStG nicht angepasst worden, hätte die Aufdeckung stiller Reserven im Anwendungsbereich von § 6b EStG umgangen werden können. Zugleich zielte die Reform darauf ab, Gestaltungsmodelle zu verhindern, bei denen § 6b EStG zur Verschaffung von Abschreibungsverlusten im Rahmen von Steuersparmodellen genutzt werden konnte, indem die bisher zulässigen Übertragungsmöglichkeiten von Mitunternehmern erheblich eingeschränkt werden. Die Übertragung stiller Reserven zwischen dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers (und umgekehrt) war nicht mehr zulässig. Die Einschränkungen bestanden also nur, soweit die § 6b-Rücklage im Gesamthandsvermögen gebildet wurde. Da aber Mitunternehmer nach wie vor hinsichtlich ihrer Unternehmenseinkünfte wie Einzelunternehmer behandelt werden, ist es nicht systemgerecht, aus einem "Rechtsträgerwechsel" bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern unter Beteiligung von Personengesellschaften steuerliche Folgen zu ziehen. Ertragsteuerlich ist die Personengesellschaft nicht Steuersubjekt, auf das z. B. Rücklagen übertragen werden.

§ 6b Abs. 10 EStG a. F. stand seit seiner Einfügung in das Gesetz in der Kritik.[1] Die Vorschrift passte nicht zu der in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG n. F. geregelten Übertragbarkeit von Wirtschaftsgütern und stillen Reserven zwischen einzelnen Mitunternehmern und der Mitunternehmerschaft, da Reinvestitionen etwa bei Veräußerung von Grundbesitz eines Sonderbetriebsvermögens zur Erlangung der Reinvestitionsrücklage in dem Sonderbetriebsvermögen vorgenommen werden müssen. Sinnvolle Regelungen der Unternehmensnachfolge konnten dadurch behindert werden, etwa wenn Sonderbetriebsvermögen künftig aus Gründen der Nachfolgeregelung nicht mehr gebildet werden sollte.

 

Rz. 26

Abhilfe hat hier die Änderung des Abs. 10 durch das UntStFG[2] gebracht. Der Gesetzgeber geht – wie auch schon bei der Reform des § 6 Abs. 5 EStG durch das StSenkG – davon aus, dass nicht jeder Rechtsträgerwechsel zur Realisierung stiller Reserven führt. Damit wurde die Rechtslage, die bis zum 31.12.1998, also vor Inkrafttreten des StEntlG 1999/2000/2002, bestand, wieder hergestellt. Die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs[3] verweist ausdrücklich auf die frühere Regelung in R 41b Abs. 7 EStR 1998. Anspruchsberechtigter für die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG ist danach der Stpfl. Damit ist es wieder zulässig, bei der Personengesellschaft entstandene Veräußerungsgewinne, soweit sie auf den jeweiligen Stpfl. entfallen, auch auf die Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern im Sonderbetriebsvermögen des Stpfl. bei der betreffenden Personengesellschaft oder im Einzelunternehmen des Stpfl. zu übertragen. Umgekehrt können auch im Einzelunternehmen oder im Sonderbetriebsvermögen des Stpfl. realisierte Veräußerungsgewinne auf die von der betreffenden Personengesellschaft angeschafften Wirtschaftsgüter übertragen werden, soweit sie anteilig auf den Stpfl. entfallen. Dadurch eröffnen sich interessante Gestaltungsalternativen im Verhältnis zu § 6 Abs. 5 S. 3 EStG.[4] Da sich die Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG nicht werterhöhend auswirkt, ist eine Einschränkung wie in § 6 Abs. 5 S. 5 und 6 EStG nicht erforderlich. Mit diesen Bestimmungen soll verhindert werden, dass sich durch steuerneutrale Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern auf Personengesellschaften der Anteil einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar erhöht. § 6b EStG führt jedoch nicht zur Verlagerung stiller Reserven auf ein anderes Steuersubjekt. Die Übertragung eines Wirtschaftguts zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften zum Buchwert ist anders als zwischen selbstständigen Betrieben einer natürlichen Person (§ 6 Abs. 5 S. 1 EStG) nach h. M. nicht zulässig (§ 6 EStG Rz. 510f.). Wenn es sich aber um ein vollentgeltliches Veräußerungsgeschäft handelt, können die durch den Verkauf realisierten stillen Reserven auf die Anschaffungskosten des von der Schwesterpersonengesellschaft erworbenen Wirtschaftsguts übertragen werden[5]

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[1] Reiß, BB 2001, 1225, 1230; Rödder/Schumacher, DStR 2001, 1634, 1638.
[2] G. v. 20.12.2001, BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35.
[3] BR-Drs. 638/01.
[4] Strahl, FR 2001, 1154, 1158.
[5] BFH v. 9.11.2017, IV R 19/14, BFH/NV 2018, 487; Fischer/Petersen, DStR 2019, 2169ff.; Strahl, NWB 2018 S. 1290; Kanzler, NWB 2018, 534.

3.2.1 Übertragungsmöglichkeiten

 

Rz. 27

Als Folge der personenbezogenen Betrachtungsweise ist die für die Anwendung von § 6b EStG erforderliche Identität zwischen Veräußerer (Gesellschaft) und Stpfl. (Gesellschafter) auch dann gegeben, wen...

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