Rz. 508

Nach § 6 Abs. 5 S. 1 EStG ist bei der Überführung einzelner Wirtschaftsgüter von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Stpfl. der Buchwert fortzuführen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Stpfl. i. S. dieser Vorschrift ist eine natürliche Person, die mehrere Betriebe unterhält. Diese durch das StEntlG 1999/2000/2002 v. 24.3.1999[1] eingefügte Regelung beinhaltet grundsätzlich nichts Neues (zur Ausnahme Rz. 512). Dies ist bisher schon aus dem finalen Entnahmebegriff gefolgert worden. Danach ist eine gewinnrealisierende Entnahme i. S. v. § 4 Abs. 1 S. 2 EStG zu verneinen, wenn einzelne Wirtschaftsgüter von einem Betrieb oder Betriebsteil in einen anderen desselben Stpfl. übergehen und eine spätere Erfassung der im Buchwertansatz für dieses Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven gewährleistet ist.[2]

 

Rz. 509

Eine natürliche Person kann mehrere selbstständige Betriebe nebeneinander haben. Davon geht § 6 Abs. 5 S. 1 EStG aus. Dabei können auch einer ein gewerblicher Betrieb und ein anderer eine freiberufliche Praxis sein. Beide umfassen steuerverhaftetes Betriebsvermögen. Eine steuerneutrale Überführung von einem gewerblichen Betrieb in eine freiberufliche Praxis lässt allerdings stille Reserven der GewSt entgehen. Dennoch ist eine gewerbesteuerliche Erfassung stiller Reserven gesetzlich nicht vorgeschrieben.[3]

 

Rz. 510

§ 6 Abs. 5 S. 1 EStG ist auf Personen- und Kapitalgesellschaften nicht anwendbar. Denn die Betätigung einer Personengesellschaft ist grundsätzlich einheitlich zu beurteilen.[4] Eine Personengesellschaft mit einem einheitlichen Gewerbebetrieb ist gegeben, auch wenn eine Personengesellschaft mehrere verschiedene Tätigkeiten ausübt. Dies folgt aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Ebenso unterhält eine Kapitalgesellschaft einen einheitlichen Gewerbebetrieb.[5] Haben Gesellschafter zivilrechtlich mehrere Personengesellschaften gegründet, um einen einheitlichen Gewerbebetrieb zu vermeiden, so sind diese Gesellschaften auch bei Beteiligungsidentität einkommen- und gewerbesteuerlich selbstständige Personengesellschaften.[6]

 

Rz. 510a

Ob Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften unter das Buchwertfortführungsgebot des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG fallen, oder es sich dabei um Entnahmen und Einlagen handelt, ist umstritten. Die Verwaltung lehnt das Buchwertfortführungsgebot bei unentgeltlichen Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern ab.[7] Die Meinung in der Literatur und Rspr. ist geteilt.[8]

 

Rz. 510b

Um bei unentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften eine Entnahme und eine Einlage zu vermeiden, wird eine Gestaltung empfohlen, die mithilfe des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG eine Buchwertfortführung ermöglichen soll:

Das Wirtschaftsgut wird zunächst unentgeltlich oder gegen Minderung der Gesellschaftsrechte aus dem Gesamthandsvermögen der einen Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers überführt. Von dort wird es unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen der Schwesterpersonengesellschaft übertragen. Die Verwaltung will in einem solchen Fall einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten prüfen.[9] Eine legale Ausweichmöglichkeit bietet in einem solchen Fall § 6b EStG.

 

Rz. 511

Bei der Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem inländischen Betriebsvermögen eines Stpfl. in eine ausländische Betriebsstätte wird ab 2006 durch § 4 Abs. 1 S. 3 EStG eine Entnahme fingiert, wenn dadurch das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung des Wirtschaftsguts – wie im Fall eines DBA mit Freistellung – ausgeschlossen oder – wie im Fall eines DBA mit Anrechnung oder im Fall des Fehlens eines DBA – eingeschränkt wird. Diese Entnahmefiktion führt grundsätzlich zur sofortigen Versteuerung der stillen Reserven in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert.[10] Ausdrücklich bestätigt dies § 4 Abs. 1 S. 4 EStG, wonach ausdrücklich geregelt ist, dass die Überführung eines Wirtschaftsgutes aus einer inländischen in eine ausländische Betriebsstätte einen Ausschluss bzw. eine Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik bei einer Veräußerung des Wirtschaftsgutes darstellt.

Bis zum Jahr 2005 hatte die Verwaltung aufgrund ihrer "Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze"[11] ein Wahlrecht gewährt, anstelle einer gebotenen sofortigen Versteuerung der stillen Reserven eine auf zehn Jahre hinausgeschobene Versteuerung zu wählen.[12] Nunmehr lässt § 4g EStG für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens die Bildung eines Ausgleichspostens zur zeitlichen Streckung der Besteuerung der stillen Reserven zu. Der Ausgleichsposten ist im Jahr der Bildung und in den vier folgenden Jahren jeweils um ein Fünftel Gewinn erhöhend aufzulösen. Ob diese Regelung mit dem EU-Recht vereinbar ist, erscheint zweifelhaft. Denn anders als eine Überführung ins Ausland muss eine Überführung ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge