Rz. 61

Für die in § 50i Abs. 1 S. 1 genannten Fälle soll Deutschland auch nach einem Wegzug bis zu einer späteren Veräußerung oder Entnahme das Besteuerungsrecht für die laufenden Einkünfte behalten, die durch eine Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 EStG erzielt werden, und zwar ungeachtet entgegenstehender Bestimmungen eines DBA. Somit können Entlastungsansprüche nach § 50d Abs. 1 S. 1 und 2 EStG nicht geltend gemacht werden.[1]

 

Rz. 62

Der Begriff der "laufenden" Einkünfte i. S. d. § 50i Abs. 1 S. 3 (vorher: § 50i S. 2 EStG) ist gesetzlich nicht definiert. Es ist allerdings eine normspezifische Auslegung geboten (aufgrund der unterschiedlichen Regelungszwecke der Vorschriften ist auch eine analoge Anwendung der Auslegungsregeln zu § 16 EStG nicht möglich).[2] Gemeint sind u. a. die in der Gesetzesbegründung[3] beispielhaft erwähnten "auf die Anteile gezahlten Dividenden". Grundsätzlich sind von § 50i Abs. 1 S. 3 EStG sämtliche Einkünfte erfasst, die nicht zu den von § 50i Abs. 1 S. 1 EStG umfassten Veräußerungs- und Entnahmegewinnen zählen. Dies umfasst insbesondere die Gewinn- und Verlustanteile des Gesellschafters entsprechend den Grundsätzen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 1 EStG.

 

Rz. 63

Ob ein Zusammenhang zwischen den eingebrachten Wirtschaftsgütern bzw. Anteilen und den laufenden Einkünften bestehen muss, ist nicht unumstritten. Der Wortlaut des § 50i Abs. 1 S. 3 EStG fordert einen solchen Zusammenhang nicht ausdrücklich. Nach seinem Wortlaut zielt § 50i Abs. 1 S. 3 umfassend auf die laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Personengesellschaft.[4] Es muss sich daher keineswegs um Dividenden aus jenen Anteilen handeln, die vor dem 29.6.2013 auf die Personengesellschaft steuerneutral übertragen bzw. überführt wurden.[5]

 

Rz. 64

Nach anderer Ansicht[6] soll der Treaty Override, ausgehend vom Sinn und Zweck der Vorschrift, nur bei einem sachlichen Zusammenhang zwischen den steuerneutral überführten bzw. übertragenen Wirtschaftsgütern und Anteilen und den laufenden Einkünften gelten. Für diese Sichtweise spricht auch die Gesetzesbegründung[7] ("… Einkünfte aus den überführten Wirtschaftsgütern oder Anteilen …"), die einen entsprechenden Regelungswillen des Gesetzgebers erkennen lässt. Diese Sichtweise würde allerdings erhebliche praktische Abgrenzungs- und Zuordnungsprobleme im Rahmen der laufenden Einkünfte mit sich bringen.

 

Rz. 65

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 zweiter Halbs. und Nr. 3 zweiter Halbs. EStG gehören Sondervergütungen, also Vergütungen, die ein Gesellschafter (Mitunternehmer) einer Personengesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Sie sind Teil des Gewinns der Personengesellschaft. Das gilt entsprechend in den Fällen des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG (mittelbare Beteiligungen) sowie des § 15 Abs. 1 S. 2 EStG (Sondervergütungen, die als nachträgliche Einkünfte bezogen werden).

 

Rz. 66

Für Deutschland als Anwenderstaat eines DBA gehören die Sondervergütungen sowie die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen, einschließlich der Gewinne aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen, zu den Unternehmensgewinnen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Sondervergütungen des inländischen Gesellschafters einer ausl. Personengesellschaft oder um Sondervergütungen des ausl. Gesellschafters einer inländischen Personengesellschaft handelt (§ 50d Abs. 10 EStG).[8] § 50d Abs. 10 EStG ist nicht anwendbar, soweit die Personengesellschaft keine Unternehmensgewinne erzielt.

 

Rz. 67

Ob die Sondervergütungen eines Steuerausländers i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG aus der Beteiligung an der Personengesellschaft vom Begriff der laufenden Einkünfte i. S. d. § 50i Abs. 1 S. 3 EStG umfasst sind, wird zumindest von der Finanzverwaltung[9] bejaht, stößt aber im Schrifttum[10] zu Recht auf Ablehnung.

 

Rz. 68

Im Unterschied zu § 50i Abs. 1 S. 1 EStG gelten die Rechtsfolgen des Satzes 3 für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen (§ 52 Abs. 48 S. 2 EStG).

[1] BMF-Schreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften v. 26.9.2014, IV B 5 – S 1300/09/10003, BStBl I 2014, 1258.
[2] Zustimmend Pohl, IStR 2013, 699, 702.
[3] Gesetzentwurf des Bundesrats, Entwurf eines JStG 2013 v. 10.4.2013, BT-Drs. 17/13033, 18, 73.
[4] Liekenbrock, IStR 2013, 690, 698.
[5] Töben, IStR 2013, 682, 686.
[6] Pohl, IStR 2013, 699, 702.
[7] Gesetzentwurf des Bundesrats, Entwurf eines JStG 2013 v. 10.4.2013, BT-Drs. 17/13033, 18, 73.
[8] BMF-Schreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften v. 26.9.2014, IV B 5 – S 1300/09/10003, BStBl I 2014, 1258.
[9] BMF v. 16.4.2010, IV B 2 – S 1300/09/10003, BStBl I 2010, 354; ebenso: BMF-Schreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften v. 26.9.2014, IV B 5 – S 1300/09/10003, BStBl I 2014, 125...

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