Rz. 10

§ 50c Abs. 1 S. 1 EStG bestimmt, dass der Steuerabzug vom Kapitalertrag, §§ 43ff. EStG, und nach § 50a EStG nach den allg. innerstaatlichen Vorschriften durchzuführen ist, ohne Rücksicht darauf, ob sich aus § 43b EStG, § 50g EStG, den Bestimmungen der DBA oder § 44a Abs. 9 S. 1 EStG eine Reduzierung oder Beseitigung der Abzugsteuer ergibt. Die Vorschrift gilt nicht für andere Fälle, insbes. nicht für die Reduzierung des LSt-Abzugs und nicht für das Entfallen der Abzugsteuer wegen fehlender Steuerpflicht oder fehlender Steuerbarkeit des Vergütungsgläubigers. Will der Stpfl. geltend machen, dass die Einkünfte nicht der beschr. Stpfl. unterliegen, oder dass sie mangels persönlicher oder sachlicher Steuerpflicht keine deutsche Steuer auslösen, ist § 50c Abs. 1 EStG nicht anwendbar. Der Vergütungsgläubiger kann dann nur die Steueranmeldung des Vergütungsschuldners anfechten oder Erstattung nach § 37 Abs. 2 AO beantragen.

 

Rz. 11

Die Vorschrift verpflichtet nicht nur den Abzugsverpflichteten, den Steuerabzug vorzunehmen, sondern auch den Vergütungsgläubiger, den Steuerabzug zu dulden, auch wenn er nach dem Gesetz oder einem DBA ein Recht auf Steuerermäßigung oder Steuerfreistellung hat. Auch werden hierdurch Fälle berücksichtigt, in denen der Gläubiger selbst einen Steuerabzug vornehmen muss, z. B. in den Fällen des "Steuerabzugs zweiter Stufe" nach § 50a Abs. 4 EStG.[1]

 

Rz. 12

Der inländische Schuldner der Vergütung kann und muss nach § 50c Abs. 1 S. 1 EStG in den in der Vorschrift genannten Fällen den Steuerabzug ohne Rücksicht darauf vornehmen, ob der Gläubiger (Empfänger der Vergütung) eine Steuer in Höhe der Abzugsteuer schuldet, ob § 43b EStG, § 44a Abs. 9 S. 1 EStG oder § 50g EStG eingreift und ob ein DBA besteht oder nicht. Das Gesetz sieht daher ein zweistufiges Verfahren vor, in der 1. Stufe eine Einbehaltung und Abführung der Steuer, dann in einer 2. Stufe die Erstattung durch das BZSt. Die Vorschrift bestimmt in § 50c Abs. 1 S. 2 EStG ausdrücklich, dass sich der Vergütungsschuldner nicht darauf berufen kann, dass der Vergütungsgläubiger eine geringere Steuer schuldet. Ein Absehen von der Steuerfestsetzung ist nur unter den Voraussetzungen des § 50c Abs. 2 EStG (Freistellungsbescheinigung) möglich (Rz. 17ff.). Die Regelung gilt unabhängig davon, ob der Steuerschuldner (Vergütungsgläubiger) beschr. oder unbeschränkt stpfl. ist. Unbeschränkte Stpfl. kann bei der KapESt im Fall der Doppelansässigkeit vorkommen, wenn der unbeschränkt Stpfl. Ermäßigungsansprüche aus den genannten Vorschriften herleiten kann.[2]

 

Rz. 13

Das Steuerabzugsverfahren ist nicht endgültig, sondern behandelt nur die Frage, ob und in welcher Höhe der Vergütungsschuldner zum Steuerabzug verpflichtet (und gegenüber dem Vergütungsgläubiger berechtigt) ist. In diesem Steuerabzugsverfahren (d. h. durch Anfechtung der Steueranmeldung) können nur Fragen geklärt werden, die mit diesem Regelungsbereich, also dem Steuerabzugsverfahren, zusammenhängen. Im Steuerabzugsverfahren kann daher nur darüber entschieden werden, ob der Vergütungsschuldner zum Steuerabzug verpflichtet war, und in welcher Höhe dies der Fall war. Nicht entschieden werden kann im Steuerabzugsverfahren, ob der Vergütungsgläubiger die Steuer tatsächlich schuldet, oder ob ihm eine Erstattung zusteht.[3]

 

Rz. 14

§ 50c EStG ist nach dem Wortlaut seines Abs. 1 S. 1 nur im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens anwendbar. Wird daher der Vergütungsgläubiger, d. h. der Stpfl. selbst, außerhalb des Steuerabzugsverfahrens in Anspruch genommen, ist die Vorschrift nicht anwendbar. Das durch § 50c EStG vorgeschriebene zweistufige Verfahren (Steuerabzug, dann Erstattung) gilt nur für das Steuerabzugsverfahren, wo im Interesse eines einfachen Verwaltungsverfahrens auf die Klärung von Rechtsfragen wie die nach der Steuerbarkeit oder Steuerpflicht der Vergütungen verzichtet wird. Das gilt aber nicht mehr außerhalb des Steuerabzugsverfahrens. Wird der Stpfl. durch Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen, ist die Höhe seiner Steuerverpflichtung zu klären. Er kann nicht auf das Erstattungsverfahren verwiesen werden.

 

Rz. 15

Die Regelung des § 50c Abs. 1 S. 1 EStG bedeutet für den zum Steuerabzug Verpflichteten, dass er auch dann und insoweit im Haftungsweg nach § 44 Abs. 5 EStG bzw. § 50a Abs. 5 S. 4 EStG wegen Unterlassens des Steuerabzugs in Anspruch genommen werden kann, als die Steuer nach § 43b EStG, nach § 44a Abs. 9 S. 1 EStG, nach § 50g EStG oder nach dem jeweiligen DBA zu erstatten ist. Nach § 50c Abs. 1 S. 2 EStG kann sich der Schuldner im Haftungsverfahren nicht darauf berufen, dass der Gläubiger nach dem Abkommen, nach § 43b EStG, nach § 44a Abs. 9 S. 1 EStG oder nach § 50g EStG einem niedrigeren Steuersatz unterliegt oder steuerfrei gestellt worden ist. Diese Regelung gilt also für alle Ermäßigungsansprüche. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung handelt die Finanzverwaltung nicht allein deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie den Abzugsverpflichteten wegen einer Steuer in Anspruch nimmt, die...

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