Rz. 17

Erfolgt aufgrund eines DBA bzw. der Regelungen in § 43b EStG und § 50g EStG eine Freistellung der Vergütung vom Steuerabzug oder eine Reduzierung des Abzugsteuersatzes, ermöglicht es § 50c Abs. 2 EStG dem Vergütungsschuldner, in bestimmten Fällen vom Steuerabzug abzusehen. Damit wird das umständliche Verfahren der Einbehaltung und Abführung der Steuer mit nachfolgender Erstattung an den Vergütungsempfänger vermieden. Nicht anwendbar ist das Freistellungsverfahren bei der Ermäßigung der KapESt nach § 44a Abs. 9 S. 1 EStG, da in § 44a Abs. 9 S. 2 EStG nicht auf § 50c Abs. 2 EStG verwiesen wird.

 

Rz. 18

Grundlage hierfür ist eine Freistellungsbescheinigung; diese ist vom Freistellungsbescheid im Erstattungsverfahren (Rz. 58) zu unterscheiden.[1] Für das Freistellungsverfahren ist das BZSt ausschließlich zuständig; vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FVG. Daneben besteht keine Zuständigkeit des FA zur Erteilung eines Freistellungsbescheids nach § 155 Abs. 1 S. 3 AO.[2]

[1] BFH v. 11.10.2000, I R 34/99, BFH/NV 2001, 383; zum Freistellungsverfahren allgemein vgl. BMF v. 7.5.2002, IV B 4 – S 2293 – 26/02, BStBl I 2002, 521; bei Vergütungen an ausl. Künstler und Sportler vgl. BZSt v. 1.2.2014, St – S 1300/07/00010; bei Lizenzgebühren vgl. BZSt v. 1.2.2014, St – S 1300/07/00011.

3.1.1 Regelmäßiges Freistellungsverfahren

 

Rz. 19

§ 50c Abs. 2 S. 1 EStG enthält zwei verschiedene Tatbestände für das Freistellungsverfahren. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 enthält die Rechtsgrundlage für das regelmäßige Freistellungsverfahren. Abs. 2 S. 1 Nr. 2 enthält dagegen eine vereinfachende Sonderregelung für geringe Einkünfte aus Vergütungen für immaterielle Wirtschaftsgüter i. S. d. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, durch die das bisherige Kontrollmeldeverfahren abgelöst worden ist.

 

Rz. 20

Die Rechtsgrundlage für das allgemeine Freistellungsverfahren ist in § 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG enthalten. Sie ist anwendbar für die Entlastung nach §§ 43b, § 50g EStG sowie nach DBA. Für die Entlastung von KapESt, die auf einem DBA beruht (also nicht auf § 43b EStG) enthält § 50c Abs. 2 S. 5 EStG einen besonderen Tatbestand, der das Freistellungsverfahren einschränkt (hierzu Rz. 58). Das Freistellungsverfahren, das nach Wahl der Beteiligten neben das Erstattungsverfahren tritt, ist danach bei folgenden Vergütungen zulässig:

  • Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Dividenden, sonstige Gewinnausschüttungen), die unter § 43b EStG fallen; es handelt sich um Gewinnausschüttungen an Kapitalgesellschaften in einem EU-Staat, die seit mindestens 12 Monaten mit mindestens unmittelbar 10 % beteiligt sind. Als unmittelbar gilt nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auch eine Beteiligung, die über eine nicht gewerblich geprägte vermögensverwaltende Personengesellschaft gehalten wird.[1] Für diese Gewinnausschüttungen reduziert § 43b EStG den KapESt-Satz auf 0 %. Das Freistellungsverfahren gilt für alle Gewinnausschüttungen, also auch für vGA.
  • Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nach einem DBA zur Entlastung berechtigen sind. Das Freistellungsverfahren betrifft insbesondere das internationale Schachtelprivileg, wonach die ausl. Kapitalgesellschaft an der inländischen regelmäßig zu mindestens 25 %, nach einer Reihe von DBA reduziert auf 10 %, unmittelbar beteiligt sein muss. Für andere Dividendeneinkünfte, insbesondere aus Portfolio-Beteiligungen oder bei einer natürlichen Person als Zahlungsempfänger, schließt § 50c Abs. 2 S. 5 EStG das Freistellungsverfahren aus (hierzu Rz. 58). Das Freistellungsverfahren gilt für alle Gewinnausschüttungen, die nach dem einschlägigen DBA als Dividendeneinkünfte (Art. 10 OECD-MA) eingeordnet werden, also auch für vGA. Da sich der Begriff der Dividende in den DBA regelmäßig nach dem Recht des Staats der ausschüttenden Gesellschaft richtet (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA), gilt das Freistellungsverfahren auch für Liquidationserlöse und gleichgestellte Bezüge einer inländischen Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG), soweit es sich nicht um Rückzahlung von Nennkapital oder Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto handelt.[2]
  • Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG, die nach einem DBA von der Steuer im Quellenstaat zu entlasten sind. In den DBA sind regelmäßig nur Freistellungen für Lizenzvergütungen (§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG), enthalten; vgl. Art. 12 OECD-MA. Das Freistellungsverfahren ist ohne weitere Voraussetzungen anwendbar. Weder braucht der Vergütungsgläubiger an dem Vergütungsschuldner beteiligt zu sein, noch muss der Vergütungsgläubiger Kapitalgesellschaft sein. Das Freistellungsverfahren ist daher auch für natürliche Personen als Vergütungsgläubiger eröffnet. Die gegenteiligen Einschränkungen nach § 50c Abs. 2 S. 5 EStG gelten nur für die Entlastung von der KapESt nach einem DBA für Kapitalgesellschaften, nicht für andere Fälle der Entlastung.
  • Lizenzzahlungen innerhalb eines EU-Konzerns können nach § 50g EStG entlastungsberechtigt sein;
  • Zinszahlungen innerhalb eines EU-Konzerns können nach § 50g EStG entlastungsberechtigt sein.
 

Rz. 21

Da...

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