4.1 (Teil-)Abzugsverbot ungeachtet eines bestehenden DBA (§ 4j Abs. 1 S. 1 und 2 EStG)

 

Rz. 92

Nach § 4j Abs. 1 S. 1 u. 2 EStG sind die Lizenzaufwendungen ungeachtet eines bestehenden DBA nur nach Maßgabe des § 4j Abs. 3 EStG abziehbar. Der Bezug auf die DBA-Regelungen erscheint auf den ersten Blick klärungsbedürftig, da die Schrankenregelung nach Art. 12 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers das Besteuerungsrecht an den Einkünften aus Lizenzgebühren zuweist, jedoch naturgemäß keinerlei Angaben über das Recht auf den Abzug von Lizenzaufwendungen macht. Vielmehr bezieht sich der Passus in § 4j Abs. 1 S. 1 u. 2 EStG auf das Diskriminierungsverbot nach Art. 24 Abs. 4 OECD-MA.

Das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j EStG soll auch dann Anwendung finden, wenn das im konkreten Einzelfall anzuwendende DBA eine dem Art. 24 Abs. 4 OECD-MA nachempfundene Regelung enthält. Art. 24 Abs. 4 OECD-MA richtet sich gegen Diskriminierungen, die sich daraus ergeben, dass etwa Lizenzgebühren, die an einen im Ausland ansässigen Empfänger gezahlt werden, nur eingeschränkt abgezogen werden dürfen, während die Zahlungen an inländische Empfänger uneingeschränkt abgezogen werden können. Gewinnberichtigungsvorschriften, die nach der Ansässigkeit des Empfängers differenzieren, verstoßen demnach gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot nach Art. 24 Abs. 4 OECD-MA.[1] Die Anwendung von § 4j EStG soll also nicht allein deshalb schon ausgeschlossen sein, weil Deutschland mit dem Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers ein DBA abgeschlossen hat, das eine dem Art. 24 Abs. 4 OECD-MA entsprechende Regelung enthält.[2] Die Regelung in § 4j Abs. 1 S. 1 u. 2 EStG stellt einen Treaty Override dar.[3] Allerdings erscheint dies laut BVerfG[4] verfassungsrechtlich zulässig.[5]

[1] Rust, in Vogel/Lehner, DBA, OECD-MA 2005, Art. 24 Rz. 139; Wassermeyer/Schwenke, in Wassermeyer, DBA, OECD-MA, Art. 24 Rz. 62ff.
[2] BT-Drs. 18/11233, 13.
[3] A. A. Benz/Böhmer, DB 2017, 206, 211.
[5] Schneider/Junior, DStR 2017, 417, 424.

4.2 Proportionales (Teil-)Abzugsverbot (§ 4j Abs. 3 EStG)

 

Rz. 93

Sind die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen nach § 4j Abs. 1 u. 2 EStG erfüllt, kommt das (Teil-)Abzugsverbot für die Lizenzaufwendungen nach § 4j Abs. 3 EStG zum Tragen. § 4j Abs. 3 EStG gibt den genauen Umfang des Abzugsverbots vor. Der nicht abziehbare Teil der Lizenzaufwendungen ermittelt sich anhand der Verhältnisrechnung (Formel) nach § 4j Abs. 3 S. 2 EStG wie folgt:

 
25 % – Belastung durch Ertragsteuern in %
25 %

Die im Zähler der Formel dargestellte "Belastung durch Ertragsteuern in %" bezieht sich auf die prozentuale Ertragsteuerbelastung der Einnahmen des Gläubigers der Lizenzzahlungen und ermittelt sich nach § 4j Abs. 2 EStG.[1] Um die als Formel in § 4j Abs. 3 S. 2 EStG dargestellte Abzugsbeschränkung der Höhe nach korrekt zu bestimmen, muss vorab die exakte Ertragsteuerbelastung der entsprechenden Lizenzeinnahmen nach den in § 4j Abs. 2 EStG festgelegten Kriterien berechnet werden.

Das Ergebnis der Formel stellt den nicht abziehbaren Anteil der Aufwendungen in Prozent dar (nicht abziehbarer Prozentanteil). Der genaue Betrag der nicht abziehbaren Aufwendungen ergibt sich durch Multiplikation der tatsächlich angefallenen Aufwendungen mit dem ermittelten Prozentanteil nach § 4j Abs. 3 S. 2 EStG.

 

Rz. 94

Das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j Abs. 3 S. 2 EStG ist vergleichsweise komplex. Es handelt sich weder um ein vollumfängliches Abzugsverbot noch um ein starre Abzugsbeschränkung (etwa in Form eines festgeschriebenen Höchstbetrags oder festen Prozentsatzes wie etwa nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 u. 2 EStG). Vielmehr bestimmt sich der genaue Umfang der Abzugsbeschränkung beim Schuldner der Lizenzzahlung proportional in Abhängigkeit der Höhe des Ertragsteuerniveaus beim Gläubiger.

Je höher die ertragsteuerliche Belastung der Lizenzeinnahmen des Gläubigers der Lizenzzahlungen, desto niedriger ist der Anteil der nicht abziehbaren Lizenzaufwendungen beim Schuldner gem. § 4j Abs. 3 S. 2 EStG. Andersherum, je niedriger die Ertragsteuerbelastung der Lizenzeinnahmen des Gläubigers, desto höher ist der nicht abziehbare Anteil der Lizenzaufwendungen beim Schuldner gem. § 4j Abs. 3 S. 2 EStG. Im Falle einer Nichtbesteuerung der Lizenzeinnahmen wirkt § 4j EStG nicht mehr nur als Abzugsbeschränkung, sondern als vollumfängliches Betriebsausgabenabzugsverbot.

Beispiel 1:

Liegt die Belastung durch Ertragsteuern der Lizenzeinnahmen nach § 4j Abs. 2 EStG bei ≥ 25 %, beläuft sich der nicht abziehbare Anteil der Lizenzaufwendungen gem. § 4j Abs. 3 S. 2 EStG auf 0 %; im Umkehrschluss sind 100 % der Lizenzaufwendungen abziehbar.

Beispiel 2:

Liegt die Belastung durch Ertragsteuern nach § 4j Abs. 2 EStG bei 12,5 %, beläuft sich der nicht abziehbare Anteil der Lizenzaufwendungen gem. § 4j Abs. 3 S. 2 EStG auf 50 %; im Umkehrschluss sind 50 % der Lizenzaufwendungen abziehbar.

Beispiel 3:

Liegt die Belastung durch Ertragsteuern nach § 4j Abs. 2 EStG bei 0 %, beläuft sich der nicht abziehbare Anteil der Lizenzaufwendungen gem. § 4j Abs. 3 S. 2 EStG auf 100 %; im Umkehrschluss sind 0 % der Liz...

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