Rz. 52

Das (Teil-)Abzugsverbot für Lizenzaufwendungen nach § 4j Abs. 1 S. 1 u. S. 2 EStG ist nicht anzuwenden, soweit sich die niedrige Besteuerung daraus ergibt, dass die Einnahmen des Gläubigers (oder des weiteren Gläubigers) einer Präferenzregelung unterliegen, die dem Nexus-Ansatz gem. Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu Aktionspunkt 5, OECD (2016) "Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz", OECD/G20 Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, entspricht.

 

Rz. 53

§ 4j Abs. 1 S. 4 EStG ist als Ausnahmeregelung zu § 4j Abs. 1 S. 1 u. S. 2 EStG konzipiert. Allerdings ist § 4j Abs. 1 S. 4 EStG der Schlüssel zum Verständnis der Norm und vervollständigt die Kernaussage in § 4j Abs. 1 S. 1 S. 2 EStG. Ohne die Ausnahmeregelung nach § 4j Abs. 1 S. 4 EStG würden sämtliche Lizenzbox-Regelungen die Anwendung des (Teil-)Abzugsverbots auslösen. Lizenzaufwendungen sollen aber nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann nicht (vollständig) abzugsfähig sein, wenn die korrespondierenden Lizenzeinnahmen aufgrund einer Lizenzbox-Regelung niedrig besteuert werden, wenn diese nicht den Vorgaben des OECD-Nexus-Ansatzes gerecht wird.

 

Rz. 54

§ 4j Abs. 1 S. 4 EStG enthält über eine Fußnote den amtlichen Hinweis, dass der Abschlussbericht zu Aktionspunkt 5 unter OECD Publishing, Paris, http://dx.doi.org/10.1787/9789264258037-de bezogen werden kann.

 

Rz. 55

Die OECD verlangt für die steuerliche Begünstigung von IP-Einkünften das Vorliegen einer wesentlichen Geschäftstätigkeit (Substanzerfordernis). Der Nexus-Ansatz prüft, ob eine IP-Regelung die gewährten Steuervergünstigungen vom Umfang der FuE-Tätigkeiten des begünstigten Stpfl. abhängig macht. Er baut auf dem Grundprinzip auf, auf dem ausgabenorientierte Steuerbegünstigungen ("front end tax regimes") beruhen, die sich auf die bei der Schaffung von geistigem Eigentum angefallenen Ausgaben beziehen. Allerdings eröffnet der Nexus-Ansatz den Staaten die Möglichkeit, auch Steuervergünstigungen für die aus diesem geistigen Eigentum resultierenden Einnahmen zu gewähren, solange eine direkte Verknüpfung (lateinisch "nexus") zwischen den steuerbegünstigten Einnahmen und den Ausgaben, die zu diesen Einnahmen beigetragen haben, besteht. Diese Fokussierung auf die Ausgaben soll mit dem eigentlichen Zweck von IP-Regelungen im Einklang stehen, da sie sicherstellt, dass die Regelungen, die Anreize für FuE-Tätigkeiten schaffen sollen, nur denjenigen Stpfl. Vergünstigungen gewähren, die solche Tätigkeiten auch tatsächlich durchführen.[1]

 

Rz. 56

Im Grundsatz gestattet der Nexus-Ansatz dem Stpfl. die Nutzung einer steuerbegünstigenden IP-Regelung nur insoweit, wie der Stpfl. selbst qualifizierte FuE-Ausgaben getätigt hat, die zu den betreffenden IP-Einkünften geführt haben. Die Ausgaben fungieren deshalb als Hilfsvariable für die wesentliche Geschäftstätigkeit. Anders ausgedrückt können Regelungen nach dem Nexus-Ansatz einen vergünstigten Steuersatz für IP-bezogene Einnahmen vorsehen, soweit diese Einnahmen aus qualifizierten Ausgaben resultieren. Der Zweck des Nexus-Ansatzes besteht darin, Steuervergünstigungen nur für solche Einnahmen zu gewähren, die aus geistigem Eigentum resultieren, bei dem die eigentliche FuE-Tätigkeit vom Stpfl. selbst durchgeführt wurde. Dieses Ziel wird erreicht, indem qualifizierte Ausgaben so definiert werden, dass wirksam verhindert wird, dass bloße Kapitalleistungen oder Ausgaben für wesentliche FuE-Tätigkeiten von anderen Beteiligten als dem Stpfl. selbst im Rahmen einer IP-Regelung einen Anspruch auf Steuervergünstigungen für die daraus resultierenden Einnahmen begründen.[2]

 

Rz. 57

Herzstück des OECD-Nexus-Ansatzes ist die in Tz. 30 des Abschlussberichts zu Aktionspunkt 5 enthaltene Formel zur Ermittlung der steuerbegünstigten IP-Einkünfte:

 
Qualifizierte Ausgaben für die Entwicklung des geistigen Eigentumswerts x Aus dem geistigen Eigentumswert resultierende Gesamteinkünfte = Steuerbegünstigte Einkünfte
Gesamtausgaben für die Entwicklung des geistigen Eigentumswerts
 

Rz. 58

Der Umfang der steuerbegünstigten Einkünfte basiert auf einer Verhältnisrechnung, die den prozentualen Anteil sog. qualifizierter Ausgaben an den Gesamtausgaben für die Entwicklung eines bestimmten geistigen Eigentumswerts ermittelt (sog. Nexus-Verhältnis).

Die Gesamtausgaben stellen die Summe qualifizierter und nicht qualifizierter Ausgaben für die Entwicklung des geistigen Eigentumswerts dar.

Die Gesamteinkünfte sollten nur Einkünfte umfassen, die aus dem betreffenden Gegenstand geistigen Eigentums hervorgehen. Dazu zählen Lizenzgebühren, Veräußerungsgewinne und sonstige Einnahmen aus der Veräußerung eines geistigen Eigentumswerts sowie Einnahmen aus dem Verkauf von Produkten und der Nutzung von Verfahren, die direkt mit dem geistigen Eigentumswert zusammenhängen ("embedded IP income").[3]

Der genaue Betrag der steuerbegünstigten Einkünfte ergibt sich aus der Multiplikation des ermittelten Nexus-Verhältnisses mit den aus dem geistigen Ei...

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