Rz. 77

§ 67d AktG normiert ab dem 1.1.2020 einen Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären.[1] Konkret kann die börsennotierte Gesellschaft gem. § 67d Abs. 1 S. 1 AktG von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, "Informationen über die Identität der Aktionäre" und über den nächsten Intermediär verlangen. Der Informationsanspruch richtet sich gegen jeden Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, d. h. sowohl gegen den sog. Letztintermediär als auch gegen die Intermediäre in der Kette, die Aktien für einen anderen Intermediär verwahren. In Umsetzung der Richtlinienvorgaben aus Art. 3a Abs. 3 Unterabs. 1 S. 2 der 2. ARRL soll es der Gesellschaft ermöglicht werden, sich an jeden Intermediär zu wenden, der Aktien der Gesellschaft verwahrt.[2] Die Gesellschaft ist also grundsätzlich frei in der Wahl des Intermediärs. Die Regelung ist nach der Begründung des ARUG II "offen" gestaltet, um der Praxis künftige Lösungswege nicht zu versperren.[3] Format und Inhalt dieses Verlangens richten sich gem. § 67d Abs. 1 S. 2 AktG nach der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212.[4] Die sog. "Informationen über die Identität der Aktionäre" sind gem. § 67d Abs. 2 S. 1 AktG die in Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Tabelle 2 Buchstabe C Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 genannten Daten. In der Tabelle 2 ist im Einzelnen dargestellt, welche Informationen über die Identität eines Aktionärs in der Antwort zu übermitteln sind. Die Bestimmung verlangt etwa die Angabe einer Anschrift, wobei dies sowohl die Wohn- als auch die Büroadresse sein kann. Die Angabe einer E-Mail-Adresse ist nur dann erforderlich (und möglich), wenn eine solche vorhanden und dem antwortenden Intermediär bekannt ist.[5]

 

Rz. 77a

Einzelheiten zu nicht eingetragenen Gesellschaften und für den Fall, dass eine Aktie mehreren Berechtigten zu steht, sind in § 67d Abs. 2 S. 1 AktG geregelt. Das Informationsverlangen der Gesellschaft ist von dem Intermediär innerhalb der Frist nach Art. 9 Abs. 6 Unterabs. 1, 2 oder 3 S. 3 und Abs. 7 Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 jeweils an den nächsten Intermediär weiterzuleiten, bis der Letztintermediär erreicht ist. D.h. für die Praxis, dass der Antrag unter Berücksichtigung seines Umfangs unverzüglich und spätestens bis zum Ende des Geschäftstags, an dem der Antrag eingegangen ist, an den nächsten Intermediär in der Kette zu übermitteln ist (§ 67d Abs. 3 AktG). Damit wird das Wahlrecht der Gesellschaft gem. § 67d Abs. 1 AktG ergänzt durch die in § 67d Abs. 3 S. 1 AktG vorgesehene Weiterleitungspflicht der Intermediäre.[6] Ein an einen Intermediär in der Kette gerichtetes Verlangen der Gesellschaft auf Information ist durch die Kette weiterzuleiten, bis der sog. Letztintermediär erreicht ist, der die Aktien für den Aktionär verwahrt. Weiter hat nach § 67d Abs. 4 S. 1 AktG grundsätzlich immer der sog. "Letztintermediär" die Informationen zur Beantwortung des Informationsverlangens der Gesellschaft zu übermitteln. Der Letztintermediär ist im Grundsatz verpflichtet, die Informationen über die Identität des Aktionärs aufgrund eines Verlangens nach § 67d Abs. 4 S. 1 AktG direkt an die Gesellschaft zu übermitteln.[7] Das gilt jedoch gem. § 67d Abs. 4 S. 2 AktG dann nicht, wenn die Gesellschaft die Übermittlung von einem anderen Intermediär in der Kette verlangt. In diesem Fall sind stattdessen die Intermediäre verpflichtet, die Informationen unverzüglich diesem Intermediär oder dem jeweils nächsten Intermediär weiterzuleiten (§ 67d Abs. 4 S. 2 AktG). Der Intermediär, von dem die Gesellschaft die Übermittlung verlangt, ist zudem verpflichtet, der Gesellschaft die erhaltenen Informationen "unverzüglich" zu übermitteln (§ 67d Abs. 4 S. 3 AktG). Format, Inhalt und Frist der Antwort auf das Informationsverlangen richten sich ferner gem. § 67d Abs. 4 S. 4 AktG nach Art. 2, 3, 9 Abs. 6 Unterabs. 2 und 3 und Abs. 7 Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212. § 67d Abs. 5 AktG legt schließlich fest, dass § 67d AktG auch für das Informationsverlangen einer börsennotierten Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt.

Zum Begriff der Unverzüglichkeit siehe Rz. 59.

[1] BT-Drs. 19/9739, 66.
[2] BT-Drs. 19/9739, 66.
[3] BT-Drs. 19/9739, 66.
[4] Durchführungsverordnung vom 3.9.2018 zur Festlegung von Mindestanforderungen zur Umsetzung der Bestimmungen der RL 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Identifizierung der Aktionäre, die Informationsübermittlung und die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte.
[5] BT-Drs. 19/9739, 67.
[6] BT-Drs. 19/9739, 68.
[7] BT-Drs. 19/9739, 68.

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