Rz. 72

Bei einem Depotwechsel ohne Gläubigerwechsel[1] überträgt der Gläubiger die ihm gehörenden Wertpapiere auf ein anderes für ihn geführtes Depot. Die Regelungen finden auch Anwendung, wenn der Kunde Wertpapiere von seinem privaten Depot auf sein betriebliches Depot überträgt oder umgekehrt.

 

Rz. 72a

Übertragungen zwischen Einzel- und Gemeinschaftsdepots von Ehepartnern gelten als unentgeltliche Übertragungen mit Gläubigerwechsel i. S. v. § 43 Abs. 1 S. 4 EStG.[2] Die Übertragung ist kapitalertragsteuerlich neutral zu behandeln. Dies gilt auch für Übertragungen zwischen Einzeldepots von Ehegatten.

 

Rz. 72b

Bei fondsgebundenen Versicherungsverträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG wird dem Versicherungsnehmer mitunter das Wahlrecht eingeräumt, anstatt einer Auszahlung der Versicherungsleistung in Geld eine Übertragung von Fondsanteilen zu verlangen. Abs. 2 S. 3 ist in diesen Fällen entsprechend anzuwenden. Die vom Versicherungsunternehmen mitgeteilten Anschaffungsdaten sind von dem übernehmenden inländischen Kreditinstitut zu verwenden. Als Anschaffungskosten gilt dabei der Rücknahmepreis, mit dem die Versicherungsleistung bei einer Geldzahlung berechnet worden wäre; als Anschaffungsdatum ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Versicherungsleistung vom Versicherungsunternehmen mitzuteilen.[3]

 

Rz. 73

Eine Übertragung ohne Gläubigerwechsel unterliegt nicht dem KapESt-Abzug. Vielmehr sind die Anschaffungsdaten der übertragenen Wirtschaftsgüter der übernehmenden auszahlenden Stelle mitzuteilen, sofern die abgebende als auch die aufnehmende auszahlende Stelle im Inland sitzt (§ 43a Abs. 2 S. 3 EStG) und die Übertragung nach dem 31.12.2008 erfolgt (§ 52a Abs. 1 EStG a. F.).

 

Rz. 73a

43a Abs. 2 S. 3ff. EStG findet auch Anwendung bei Wertpapieren, die vor dem 1.1.2009 angeschafft wurden.[4]

 

Rz. 73b

Sitzt das abgebende Institut in einem anderen EU-Mitgliedstaat, in einem EWR-Vertragsstaat (Island, Norwegen, Liechtenstein) oder in einem Vertragsstaat nach Art. 17 Abs. 2 Ziffer (i) der Richtlinie 2003/48/EG v. 3.6.2003 (Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco, Andorra, Curacao oder Sint Maarten), so werden die Anschaffungsdaten nicht automatisch mitgeteilt, sondern durch eine Bescheinigung des übertragenden ausl. Kreditinstituts nachgewiesen (§ 43a Abs. 2 S. 5 EStG). Eine elektronische Übermittlung ist trotz des Gesetzeswortlauts ausweislich einer Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung zulässig.[5] Bescheinigt das abgebende ausl. Kreditinstitut die Anschaffungsdaten nur in ausl. Währung, muss das übernehmende Kreditinstitut selbstständig die Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umrechnen.[6]

 

Rz. 74

Sitzt das Institut bzw. eine Zweigstelle eines inländischen Instituts im Ausland und liegen die Voraussetzungen laut Rz. 73 nicht vor, können die Anschaffungsdaten nicht auf das übernehmende Institut übertragen werden (§ 43a Abs. 2 S. 6 EStG). Bei Depotüberträgen von einem ausl. Institut mit Sitz außerhalb der vorgenannten Staaten ist daher nach § 43a Abs. 2 S. 6 EStG ein Nachweis der Anschaffungsdaten im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens nicht zulässig und infolge dessen die Ersatzbemessungsgrundlage anzuwenden.[7] Bei der späteren Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsguts ist der KapESt-Abzug daher pauschal mit 30 % des Veräußerungserlöses zu bemessen (§ 43a Abs. 2 S. 8 EStG).

 

Rz. 74a

Der Nachweis der historischen Anschaffungskosten gegenüber dem die Wertpapiere übernehmenden Kreditinstitut anhand von Wertpapierabrechnungen durch den Stpfl. ist aus Gründen der Rechtssicherheit im KapESt-Abzugsverfahren ausweislich des Anwendungsschreibens zur Abgeltungsteuer nicht zulässig.[8] Dieser Nachweis kann jedoch im Rahmen der Veranlagung zur ESt erbracht werden.[9] Zur Frage, ob in diesen Fällen eine Pflicht oder nur ein Wahlrecht zur Veranlagung besteht, s. § 32d EStG Rz. 48. Eine Berichtigungsmöglichkeit besteht ausschließlich im Veranlagungsverfahren auf Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG.

 

Rz. 74b

Im Fall der Erbschaft liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung ein Depotübertrag mit Gläubigerwechsel vor.[10] D. h., bei diesem dürfen die Anschaffungsdaten auch bei einem Übertrag von einem ausl. Institut mit Sitz innerhalb der in Rz. 73b genannten Staaten und Gebiete nicht vom inländischen Institut übernommen werden.[11]

 

Rz. 75

Obwohl die Übertragung ohne Gläubigerwechsel nicht als Veräußerung aus dem abgebenden Depot angesehen wird, kommt bei der Übertragung die Fifo-Methode analog § 20 Abs. 4 S. 7 EStG zur Anwendung, um zu gewährleisten, dass im Fall unterschiedlicher Anschaffungszeitpunkte bei derselben Wertpapiergattung die "richtigen" Anschaffungsdaten mitgeliefert werden. Die übertragenen Wertpapiere werden dann mit ihren historischen Anschaffungszeitpunkten in die Fifo-Verbrauchsfolge des übernehmenden Depots eingebucht. Befinden sich im Zeitpunkt der Einbuchung bereits Wertpapiere derselben Gattung in dem übernehmenden Depot, ordnen sich die neu hinzukommenden Wertpapiere mit ihren Anschaffungszeitpunkten...

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