Rz. 97c

§ 3c Abs. 4 EStG gilt zunächst für alle Sanierungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit Sanierungserträgen aus Schuldenerlassen nach dem 8.2.2017 (Tag der Veröffentlichung der Entscheidung des Großen Senats) stehen und die gem. § 3a EStG steuerfrei gestellt werden (sog. Neufälle).

Gem. § 52 Abs. 5 S. 3 EStG findet das Abzugsverbot des § 3c Abs. 4 EStG auf Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit Schuldenerlassen nach dem 8.2.2017 Anwendung, für die § 3a EStG angewendet wird. Nach § 52 Abs. 4a S. 1 EStG ist § 3a EStG grundsätzlich rückwirkend in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 erlassen wurden.

Nach dem Wortlaut dieser Anwendungsvorschriften können damit auch Sanierungsaufwendungen, die vor dem 9.2.2017 entstanden sind, unter das Abzugsverbot fallen.[1] Entscheidend ist allein der Zeitpunkt des Schuldenerlasses.

Für Neufälle regelt § 52 Abs. 4a S. 2 EStG eine Rückausnahme. Danach gilt § 52 Abs. 4a S. 1 EStG bei einem Schuldenerlass nach dem 8.2.2017 nicht, wenn dem Stpfl. auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Grundlage von § 163 Abs. 1 S. 2 AO und §§ 222, § 227 AO zu gewähren sind. Vertrauensschutz dürfte insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine verbindliche Auskunft bis zum 8.2.2017 erteilt worden ist. Solche Auskünfte sind weiterhin bindend und nicht gem. § 89 Abs. 2, § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO, § 2 Abs. 3 und 4 StAuskV zurückzunehmen, wenn der zugrunde liegende Schuldenerlass vollzogen ist.[2] Betroffene Stpfl. haben nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insoweit ein Wahlrecht, die Anwendung von § 3a, § 3c Abs. 4 EStG oder des Sanierungserlasses zu verlangen.[3]

 

Rz. 97d

Für Altfälle, also bei Schuldenerlassen bis zum 8.2.2017, besteht ein Antragswahlrecht auf Anwendung der Vorschriften der § 3a, § 3c Abs. 4 EStG. Nach § 52 Abs. 4a S. 3 EStG ist die Steuerbefreiung des § 3a EStG auf Antrag des Stpfl. auch dann anzuwenden, wenn die Schulden vor dem 9.2.2017 erlassen wurden. In diesem Fall greift gem. § 52 Abs. 5 S. 4 EStG auch das Abzugsverbot des § 3c Abs. 4 EStG. Hintergrund der gesetzlichen Regelung ist, dass der BFH die laut Finanzverwaltung im Schreiben v. 27.4.2017[4] vorgesehene Anwendung des Sanierungserlasses auf Altfälle aus Vertrauensschutzgründen wiederum als nicht vereinbar mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung angesehen hat.[5] Daran ändere auch der zwischenzeitlich ergangene Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung[6] nichts.[7] Der Stpfl. kann damit in Altfällen entweder unter Berufung auf die Finanzverwaltung[8] die Anwendung des Sanierungserlasses[9] begehren. Alternativ kann er die Anwendung von § 3a, § 3c Abs. 4 EStG einfordern, sodass insoweit auch der Rechtsweg beschritten werden kann.[10]

[1] Desens, FR 2017, 981, 985.
[2] Im Einzelnen Levedag, in Schmidt, EStG, 2021, § 3c EStG Rz. 25; kritisch Hallerbach, in H/H/R, EStG/KStG, § 3a EStG, Rz. J 17-3.
[3] BT-Drs. 18, 12128, 33.
[5] Z. B. BFH v. 23.8.2017, I R 52/14, BFH/NV 2017, 1644, BVerfG v. 17.7.2019, 2 BvR 2637/17, Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen; BFH v. 23.8.2017, X R 38/15, BFH/NV 2017, 1669.
[10] Krumm, in Brandis/Heuermann, EStG/KStG/GewStG, § 3a EStG Rz. 4.

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