Rz. 32

Das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG ist eine Komplementärregelung zu § 3 Nr. 40 EStG (und § 3 Nr. 40a EStG). Die Vorschrift wurde im Rahmen des Systemwechsels vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren durch das Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000[1] eingeführt.

 

Rz. 33

Durch das Halbeinkünfteverfahren soll die wirtschaftliche Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne mit KSt (bei der Gesellschaft) und ESt (bei dem Anteilseigner) beseitigt und einer Gesamtbelastung angenähert werden, die der bei anderen Einkunftsarten entspricht. Im Gegensatz zu dem verwaltungsaufwendigen Anrechnungsverfahren erfolgt dies durch einen pauschalen Entlastungsmechanismus. Neben einem niedrigen KSt-Satz auf der Ebene der Körperschaft sieht das Halbeinkünfteverfahren die hälftige Steuerbefreiung der Ausschüttung auf der Ebene des Anteilseigners vor.[2]

Da die Beteiligungserträge nach § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte steuerfrei bleiben, sollen auch die im Zusammenhang stehenden Ausgaben nur zur Hälfte abgezogen werden können. Dies wird durch das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG erreicht.

 

Rz. 34

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[3] wurde das Halbeinkünfte- durch ein Teileinkünfteverfahren ersetzt. Dabei wurde die Steuerfreistellung der Beteiligungserträge nach § 3 Nr. 40 EStG wegen des weiter gesenkten KSt-Satzes auf 40 % abgesenkt und – dazu korrespondierend – das Abzugsverbot in § 3c Abs. 2 S. 1 EStG auf 60 % erhöht.[4]

 

Rz. 35

Das Abzugsverbot wurde in der Literatur überwiegend wegen Verstoßes gegen das objektive Nettoprinzip und gegen Art. 3 Abs. 1 GG als verfassungswidrig angesehen.[5] Abgestellt wird darauf, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung die steuerliche Belastung der Körperschaft und ihrer Anteilseigner als Einheit betrachtet hat (sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise). Dann handele es sich bei § 3 Nr. 40 EStG jedoch nicht um eine echte Steuerbefreiung, die Rechtfertigung für das Abzugsverbot wäre, sondern nur um ein technisches Vehikel, das bei den ausgeschütteten Beträgen eine Besteuerung auf Normalniveau herbeiführe.

Um eine echte Steuerfreistellung handelt es sich jedoch dann, wenn die Besteuerung der Körperschaft und die des Anteilseigners isoliert betrachtet werden (sog. rechtliche Betrachtungsweise).[6]

Der BFH hat sich den geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht angeschlossen und das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG als verfassungsgemäß angesehen. Er ließ dabei offen, ob der wirtschaftlichen oder der rechtlichen Betrachtungsweise zu folgen ist. Denn auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips durch die typisierende Gleichstellung von Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinnen, bei denen § 3 Nr. 40 EStG eine echte Steuerbefreiung darstelle, sachlich gerechtfertigt.[7]

 

Rz. 36

Das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.[8]

[1] BGBl I 2000, 1433.
[2] BT-Drs. 14/2683, 94.
[3] BGBl I 2007, 1912.
[4] Dorn/Först, NWB 2019, Beilage 2, 1.
[5] Z. B. Schön, FR 2001, 387, 386f.; Frotscher, DStR 2001, 2045, 2050.
[6] Desens, in H/H/R, EStG/KStG, § 3c EStG Rz. 10.
[7] BFH v. 19.6.2007, VIII R 69/05, BFH/NV 2007, 2173, BStBl II 2008, 551; BFH v. 16.10.2007, VIII R 51/06, Haufe-Index 1841423; BFH v. 5.2.2009, VIII B 59/08, Haufe-Index 2147030; die dagegen erhobenen Verfassungsbeschwerden wurden nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG v. 9.2.2010, 2 BvR 2221/07, n. v.; BVerfG v. 9.2.2010, 2 BvR 2659/07, n. v.; BVerfG v. 8.7.2010, 2 BvR 727/09, n. v.
[8] Desens, in H/H/R, EStG/KStG, § 3c EStG Rz. 11.

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