9.1 Allgemeines

 

Rz. 47

Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird die durch Steuerabzug vom Arbeitslohn erhobene ESt (LSt) auf die bei der Veranlagung festgesetzte ESt angerechnet,

  • soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt und
  • soweit nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist.

9.2 Bei der Veranlagung erfasste Einkünfte

 

Rz. 48

Bei der Veranlagung werden diejenigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) erfasst, die der Arbeitnehmer im Laufe des Kj. (Vz) erzielt hat.[1]

 

Rz. 49

Laufender Arbeitslohn (R 39b.2 Abs. 1 LStR 2015) gilt in dem Kj. als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Sonstige Bezüge (R 39b.2 Abs. 2 LStR 2015), d. h. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, werden in dem Kj. bezogen, in dem sie dem Arbeitnehmer zufließen (§ 38a Abs. 1 S. 3 EStG). Für Arbeitnehmer wird eine Veranlagung zur ESt allerdings nur dann durchgeführt, wenn die Voraussetzungen des § 46 EStG vorliegen.

[1] BFH v. 25.8.2020, VI B 1/20, BFH/NV 2021, 13: LSt wird auf die EStG grundsätzlich nur angerechnet, wenn sie auf tatsächlich – zu Recht oder zu Unrecht – bei der Veranlagung erfasste Einnahmen entfällt.

9.3 Anzurechnende Lohnsteuer

 

Rz. 50

Auf die ESt angerechnet wird die LSt, die insgesamt vom Arbeitslohn einbehalten wurde, der als in dem betreffenden Vz bezogen gilt. Dabei ist es ohne Belang, wann der Arbeitgeber die LSt an das FA abgeführt hat.

 

Rz. 51

Für die Anrechnung auf die ESt des Arbeitnehmers entscheidend ist die Einbehaltung der LSt – nicht deren Abführung durch den Arbeitgeber. Dies ergibt sich auch aus der Regelung der Voraussetzungen, unter denen der Arbeitnehmer selbst in Anspruch genommen werden kann.[1]

"Erhoben" i. S. v. § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG (als Voraussetzung für die Anrechnung auf die ESt) ist die LSt nach ständiger Rspr. des VI. Senats des BFH immer dann, wenn sie als vom Arbeitnehmer entrichtet gelten muss, weil sie aus seiner Sicht vorschriftsmäßig einbehalten worden ist.[2] Das gilt aber auch dann, wenn nach Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht von den im Ausland bezogenen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (zu Unrecht) LSt einbehalten und an ein inländisches FA abgeführt wird. Auch diese LSt ist auf die für den Vz festgesetzte ESt-Schuld anzurechnen.[3]

 

Rz. 52

§ 42d EStG regelt die Haftung des Arbeitgebers für die LSt. Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner (§ 42d Abs. 3 S. 1 EStG). Im Rahmen dieser Gesamtschuldnerschaft kann der Arbeitnehmer nur in Anspruch genommen werden,

  • wenn der Arbeitgeber die LSt nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat, bzw.
  • wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene LSt nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat und der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem FA nicht unverzüglich mitteilt (§ 42d Abs. 3 S. 4 EStG).
 

Rz. 53

Die LSt ist aus der Sicht des Arbeitnehmers dann vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten worden, wenn er den Arbeitslohn mit dem Nettobetrag, auf den er Anspruch hat, erhalten hat.[4]

Hat der Arbeitgeber aus der Sicht des Arbeitnehmers die LSt vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten, wird die LSt selbst dann auf die ESt des Arbeitnehmers angerechnet, wenn der Arbeitgeber die LSt nicht an das FA abgeführt hat.[5]

Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die LSt nicht angemeldet – und damit auch nicht abgeführt – hat. Auch die zwar vorschriftsmäßig einbehaltene, vom Arbeitgeber aber nicht angemeldete und demnach auch nicht abgeführte LSt ist gegenüber dem Arbeitnehmer eine i. S. v. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG durch Steuerabzug erhobene ESt.[6]

9.4 Nachweis des Steuerabzugs

 

Rz. 54

Den Nachweis über die durch Steuerabzug erhobene ESt (LSt) gem. § 39b EStG führt der Arbeitnehmer mit LSt-Bescheinigung des Arbeitgebers bzw. einer besonderen LSt-Bescheinigung, die letzterer nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erteilen muss (§ 41b Abs. 1 S. 3 EStG).

Aufgrund der Eintragungen im Lohnkonto muss der Arbeitgeber spätestens bis zum 28. Februar des Folgejahrs nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz auf elektronischem Weg nach § 93c AO[1] insbesondere die Angaben des § 41b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis Nr. 15 EStG übermitteln.

 

Rz. 55

Weder die LSt-Bescheinigung noch die besondere LSt-Bescheinigung sind materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anrechnung der LSt, sondern lediglich ein (wenn auch besonders gewichtiges) Beweismittel für die den Anrechnungsanspruch ergebenden Tatsachen. Die Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen LSt kann deshalb wegen Fehlens einer LSt-Bescheinigung o...

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