Rz. 152

Ist eine Personengesellschaft an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so ist bei der besitzenden Personengesellschaft der Gewerbeertrag der Personengesellschaft, an der die Beteiligung besteht, nach § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen[1]. Korrespondierend ist nach § 8 Nr. 8 GewStG eine Hinzurechnung von evtl. Verlusten der Beteiligungspersonengesellschaft vorzunehmen. Damit wird die Zielsetzung einer mehrfachen Belastung eines Ertrags mit GewSt auf Ebene der operativ tätigen und der besitzenden Personengesellschaft zu vermeiden, verfolgt. Wenn für Zwecke des § 35 EStG eine unveränderte Übernahme des GewSt-Messbetrags der die Beteiligung besitzenden Personengesellschaft erfolgte, hätte dies zur Folge, dass der Gewerbeertrag der operativ tätigen Personengesellschaft sich nicht im Rahmen des § 35 EStG auswirken könnte. Ursächlich hierfür ist, dass aufgrund der genannten Hinzurechnungs- bzw. Kürzungsvorschrift lediglich eine Belastung mit GewSt auf Ebene der Personengesellschaft erfolgt, an der die Beteiligung besteht.

 

Rz. 153

Eine solche Besteuerungsfolge hätte – wenn sie bestehen bleibe – zu Gestaltungsnotwendigkeiten geführt, um die so entstehende Mehrbelastung zu verhindern. So könnte z. B. über eine Verschmelzung der beiden Personengesellschaften nachgedacht werden, um so den gesamten Gewerbeertrag im Rahmen des § 35 EStG zu nutzen.

 

Rz. 154

Der Gesetzgeber hat dieses Ergebnis als nicht sinnvoll angesehen und deshalb in § 35 Abs. 2 S. 5 EStG eine Spezialregelung geschaffen. Nach dieser sind bei der Bestimmung des GewSt-Messbetrags der Oberpersonengesellschaft die anteiligen GewSt-Messbeträge der Unterpersonengesellschaft zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um die Beträge, die auf die besitzende Personengesellschaft entfallen und nach § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt wurden. Dies geschieht auch dann, wenn der GewSt-Messbetrag der Obergesellschaft negativ wäre oder "Null" ist. Dies entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung[2]. Allerdings soll eine Anrechnung nach § 35 EStG ausscheiden, wenn das Ergebnis der Oberpersonengesellschaft unter Vornahme der ­Hinzurechnung des Gewerbeertrags der Unterpersonengesellschaft zum Ergebnis der besitzenden Personengesellschaft negativ ist[3]. Da in diesen Fällen keine Doppelbelastung mit GewSt und ESt vorliegt, soll eine Anrechnung nicht erfolgen. M. E. ist diese Argumentation zumindest zweifelhaft. Sie setzt voraus, dass der Mechanismus des § 35 EStG vollständig und ohne Divergenzen funktioniert. Dies ist jedoch nicht der Fall, sodass – gerade bei einer periodenübergreifenden Betrachtungsweise – eine tatsächliche Doppelbelastung nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Rz. 155

Der Gesetzgeber verwendet die Formulierung "einzubeziehen". Da nach § 9 GewStG eine Kürzung erfolgt ist, muss eine Hinzurechnung vorgenommen werden, um diese wirtschaftlich wieder rückgängig zu machen. Dabei wird der Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft addiert, der sich aus der einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO ergibt. Hierbei ist der Begriff "Anteil am Gewinn" identisch mit "Gewinnanteile" i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Halbs. EStG[4]. Hiervon erfasst sind Beteiligungen an einer OHG, KG, atypisch stillen Gesellschaft[5], atypisch stille Unterbeteiligungen[6] sowie die Beteiligung an einer Partenreederei[7]. Hingegen ist die Beteiligung an einer KGaA nicht begünstigt. Eine Beteiligung an einer Partnerschaftsgesellschaft kann hiervon nur erfasst werden, wenn die Gesellschaft gewerblich infiziert ist. Andernfalls fehlt es an einer Belastung mit GewSt bei dieser Gesellschaft, sodass die Notwendigkeit zur Vermeidung der Doppelbelastung nicht besteht.

 

Rz. 156

§ 9 Nr. 2 GewStG sieht vor, dass eine Kürzung von Gewinnen aus in- und ausländischen Personengesellschaften zu erfolgen hat. Für Zwecke des § 35 EStG ist jedoch eine Beschränkung auf inländische Beteiligungen geboten. Ursächlich hierfür ist, dass eine ausländische Personengesellschaft nicht der deutschen GewSt unterliegt. Insoweit folgt aus der Zwecksetzung des § 35 Abs. 2 S. 4 EStG, dass eine Begrenzung auf die Fälle zu erfolgen hat, die tatsächlich bereits der deutschen GewSt unterlagen. Anderenfalls käme es zu einer Anrechnung einer Steuer, die im Ergebnis nicht gezahlt wurde. Etwas anderes kann lediglich gelten, wenn die ausländische Personengesellschaft im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die einer Belastung mit inländischer GewSt unterliegt. Diese Steuer wäre dann entsprechend zu berücksichtigen.

 

Rz. 157

Der Gesetzgeber verwendet den Begriff "Gewinn". Aus dem Rückgriff auf die einheitliche Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO ergibt sich, dass Sondervergütungen des Gesellschafters für die Leistung von Diensten, die Hingabe von Darlehen und Überlassung von Wirtschaftsgütern nicht zu den Gewinnanteilen gehören. Der Terminus "Gewinn" sagt nichts über das Vorzeichen des entsprechenden Betrags aus. Vielmehr können hierunter auch Verluste fallen.

 

Rz. 158

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