Rz. 54

Die ausl. Steuer ist nur anrechenbar, wenn sie die Leistungsfähigkeit des Stpfl. tatsächlich und nicht nur fiktiv gemindert hat. Vor diesem Hintergrund müssen kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Die Steuer ist

  • (gegen den Stpfl.) festgesetzt (Rz. 56),
  • (von dem Stpfl.) gezahlt (Rz. 57f.) und
  • um einen im Quellenstaat entstandenen Ermäßigungsanspruch zu kürzen (Rz. 59ff.).
 

Rz. 55

Dementsprechend können auch Vorauszahlungen anrechenbar sein.

 

Rz. 56

"Festgesetzt" ist eine Steuer dann, wenn sie von dem ausl. Fiskus in dem dafür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht worden ist. Das ergibt sich aus dem Zweck dieser Voraussetzung, die verhindern soll, dass eine nach dem Recht des ausl. Staats zwar entstandene, tatsächlich aber nicht geltend gemachte Steuer angerechnet wird. "Festgesetzt" i. d. S. ist eine Steuer daher auch dann, wenn sie im Abzugsverfahren einbehalten und angemeldet worden ist; einer förmlichen Festsetzung i. S. d. § 155 AO durch die Finanzbehörde bedarf es dann nicht. Der erforderliche Nachweis besteht dann in der Bescheinigung des Anmeldenden über die für Rechnung des Stpfl. abgeführte Steuer[1].

 

Rz. 57

Angerechnet werden können nur ausl. Steuern, die auch tatsächlich gezahlt worden sind; vor einer Zahlung ist eine Anrechnung nicht möglich. Damit wird sichergestellt, dass dem Stpfl. nicht im Inland eine Steuervergünstigung ohne die entsprechende Steuerbelastung im Ausland zugebilligt wird.

 

Rz. 58

Mit dem Tatbestandsmerkmal der gezahlten Steuer wird die Anrechnung fiktiver ausl. Steuern ausgeschlossen, es sei denn, höherrangiges Recht, insb. die DBA, enthält eine gegenteilige Regelung (§ 34c Abs. 6 S. 2 Halbs. 2 EStG).[2]

 

Rz. 59

Die ausl. Steuer muss um einen im Quellenstaat entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzt sein. Ob ein Ermäßigungsanspruch besteht, richtet sich nach dem (Steuer-)Recht des betreffenden Staates. Im Fokus stehen Vergütungs- und Erstattungsansprüche. Der Gesetzgeber hat dies nunmehr lt. "JStG 2019" v. 12.12.2019 eindeutig im Gesetzeswortlaut verankert; nach dem bislang geltenden Wortlaut wäre die abstrakte und insoweit ungeminderte ausländische Steuer anrechenbar gewesen.

 

Rz. 60

Der Stpfl. muss alle ihm nach dem ausl. Recht zustehende Ermäßigungsmöglichkeiten im Ausland geltend machen; eine Anrechnung erfolgt erst und insoweit, als die Steuer endgültig und ohne weitere Ermäßigungsmöglichkeit entstanden und festgesetzt ist. Eine Entscheidung des BFH zuungunsten des Stpfl. schließt die Annahme eines Ermäßigungsanspruchs aus. Aussichtslose Rechtsbehelfe können nicht verlangt werden. Der Nachweis, dass kein Ermäßigungsanspruch entstanden ist, obliegt dem Stpfl.[3].

 

Rz. 61

Der "Ermäßigungsanspruch" muss aber in dem Staat, in dem die ausl. Einkünfte erzielt werden (Quellenstaat), bestehen; Ermäßigungen in Drittstaaten hindern die Anrechnung nicht[4].

 

Rz. 62

Maßgebend ist allein, ob nach dem ausl. Recht ein Ermäßigungsanspruch besteht bzw. bestanden hat; es kommt nicht darauf an, ob der Ermäßigungsanspruch tatsächlich geltend gemacht wird oder wegen Fristablaufs nicht mehr geltend gemacht werden kann[5]. Missverständlich war insoweit BFH v. 15.3.1995, I R 98/94, BStBl II 1995, 580, der in der Weise interpretiert hätte werden können, dass nach Ablauf einer Erstattungsfrist die Steuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliege. Der Gesetzgeber hat deshalb im JStG 2007 mit § 34c Abs. 1 S. 1 EStG klargestellt, dass ein entstandener – wenn auch verjährter – Ermäßigungsanspruch genüge, um bereits insoweit eine Anrechnung zu versagen. Problematisch ist das Erfordernis eines "entstandenen" Ermäßigungsanspruchs, wenn dieser auf der Geltendmachung von EU-Freiheiten beruht. Insbesondere nachdem der EuGH[6] in einer Vielzahl von Entscheidungen zur fehlenden Anrechenbarkeit von Steuern Erstattungs- bzw. Ermäßigungsmöglichkeiten eröffnet hat, stellt sich diese Frage. Dabei dürfte aber zu berücksichtigen sein, dass eine Korrektur in erster Linie durch den Quellenstaat zu erfolgen hat und der Wohnsitzstaat nicht einzubeziehen wäre[7], mit der Folge, dass sich Letzterer darauf berufen könnte, dass der Ermäßigungsanspruch im Grundsatz bestanden hat und deshalb der Stpfl. sich an den Quellenstaat wenden muss.

 

Rz. 63

Entsprechendes gilt, wenn der ausl. Staat Steuervergünstigungen mit Subventionscharakter gewährt.

 

Rz. 64

An sich ist es nicht erforderlich, dass die ausl. Steuer auch bestandskräftig geworden ist; in der Praxis wird aber regelmäßig abgewartet, bis eine der deutschen Bestandskraft entsprechende Unabänderlichkeit eingetreten ist, weil dann leicht nachgewiesen werden kann, dass der Steueranspruch keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt.

 

Rz. 65

In DBA mit Entwicklungsländern kann auch vereinbart sein, dass eine nicht entstandene Steuer angerechnet wird; hierdurch soll vermieden werden, dass eine von dem Entwicklungsland zur Investitionsförderung vorgenommene Steuerermäßigung über die verminderte Steueranrechnung nur dem Fiskus des Investors, nicht aber dem Investor selbst zugutekomm...

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