Rz. 97

Der Nachversteuerungstatbestand des § 2a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG greift ein, wenn die Betriebsstätte entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird.[1] Die Vorschrift ist gewinnunabhängig, greift also unabhängig von der Höhe der ggf. realisierten Gewinne ein.[2] Die Regelung ist durch die Symmetrie zwischen Besteuerung der Gewinne und Abzug der Verluste europarechtlich gerechtfertigt.[3] Übertragen werden muss die Betriebsstätte insgesamt, wenn auch durch Einzelübertragung. Die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte, ohne dass die Betriebsstätte als Ganzes übergeht, führt nur zu einem Betriebsstättengewinn, der nach § 2a Abs. 3 S. 3 EStG hinzuzurechnen ist. Da die Beteiligung an einer Personengesellschaft als Betriebsstätte des Gesellschafters behandelt wird, erfasst dieser Tatbestand auch die Übertragung eines Mitunternehmeranteils.[4] Der Tatbestand betrifft alle Fallgestaltungen, bei denen das Eigentum an der Betriebsstätte bzw. an den die Betriebsstätte bildenden Wirtschaftsgütern auf einen anderen Rechtsträger übertragen wird. Es kann sich um einen Verkauf, eine Schenkung, vorweggenommene Erbfolge, eine Einlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder eine verdeckte Einlage handeln. Der Tatbestand soll verhindern, dass die Nachversteuerung durch den Ansatz eines niedrigen Veräußerungspreises umgangen werden kann. Dieser Nachversteuerungstatbestand überschneidet sich mit dem der Nr. 1, da auch die Umwandlung der Betriebsstätte als Übertragung der Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte auf eine Kapitalgesellschaft aufgefasst werden kann. Der Tatbestand des § 2a Abs. 3 S. 3 EStG ist zwar vorrangig, sperrt aber nicht die Anwendung des § 2a Abs. 4 EStG. Damit können beide Tatbestände nebeneinander angewandt werden. Das ist von Bedeutung, wenn der Nachversteuerungstatbestand des Abs. 4 EStG, da er gewinnunabhängig ist, zu einem höheren Nachversteuerungsbetrag führt als der gewinnabhängige Tatbestand des § 2a Abs. 3 S. 3 EStG.[5]

Rz. 98 einstweilen frei

 

Rz. 99

Der Nachversteuerungstatbestand greift nur ein, wenn und soweit nicht bereits eine Nachversteuerung durch Hinzurechnung von Gewinnen erfolgt ist. Wird also die Betriebsstätte veräußert, ist zuerst der Veräußerungsgewinn hinzuzurechnen. Soweit danach der früher zugerechnete Verlust noch nicht ausgeglichen ist, greift der Nachversteuerungstatbestand der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung ein. Auffallend ist, dass die Nachversteuerung auch dann eingreift, wenn die Betriebsstätte an einen Dritten veräußert wird und der auf dem Veräußerungspreis beruhende Veräußerungsgewinn nicht ausreicht, die hinzugerechneten Verluste auszugleichen. Auch dann erfolgt eine Nachversteuerung, obwohl aufgrund des Drittpreises feststeht, dass die Betriebsstätte einen entsprechenden Wert nicht hatte.[6]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge