Wachstumschancengesetz: Änderungen Thesaurierungsbegünstigung

Der Bundestag hat am 17.11.2023 das "Wachstumschancengesetz" verabschiedet. Darin enthalten ist – neben zahlreichen weiteren Änderungen – die verbesserte Ausgestaltung der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a Abs. 2 EStG.

Die dargestellten steuerlichen Änderungen berücksichtigen die Anpassungen des Regierungsentwurfs durch den Bundestag. Dieser geänderte Gesetzesentwurf wurde durch den Bundestag beschlossen und an den Bundesrat weitergeleitet. Der Bundesrat kritisierte den Gesetzesentwurf scharf und als unzureichend, weshalb er am 24.11.2023 den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Ob und wie die Änderungen aus dem Gesetzesentwurf tatsächlich verabschiedet werden, lässt sich nach aktuellem Kenntnisstand nicht prognostizieren.

Aktuelle Regelung und ihre Schwächen

Mit der Einführung des § 34a EStG wurde das Ziel verfolgt, die Besteuerung von Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften anzugleichen. Die nicht entnommenen Gewinne können auf Antrag mit einem Thesaurierungssteuersatz von 28,25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) begünstigt besteuert werden. Werden die begünstigten Gewinne in den Folgejahren entnommen, dann führt dies zu einer Nachversteuerung von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer).

In der Praxis hat sich diese Thesaurierungsbegünstigung allerdings nicht durchgesetzt und wurde nur vereinzelt beantragt. Dies lag u.a. an den folgenden Gründen:

Als nicht entnommener Gewinn gilt nach der aktuellen Rechtslage gem. § 34a Abs. 2 EStG der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelte Gewinn (steuerbilanzielle Gewinn) vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres. Dies hat zur Folge, dass die zu versteuernden Einkünfte über dem begünstigungsfähigen Gewinn liegen, da u.a. nicht abziehbare Betriebsausgaben (z.B. die Gewerbesteuer) nicht begünstigungsfähig sind.

Werden zudem die Einkommensteuerzahlungen aus dem Unternehmensvermögen bezahlt und dementsprechend als Entnahme berücksichtigt, mindern auch diese Entnahmen den begünstigungsfähigen Gewinn.

Dies führt im Ergebnis dazu, dass bei Anwendung des Spitzensteuersatzes eine Steuerbelastung von rund 35 % auf die begünstigten Gewinne entsteht und diese somit um rund 5 % höher als bei Kapitalgesellschaften liegt.

Als weiteres Manko der aktuellen Regelung ist die Gesamtsteuerbelastung unter Berücksichtigung der Nachversteuerung zu sehen. Bei Anwendung des Spitzensteuersatzes liegt dieser Nachteil bei 0,5 %. Dieser wird allerdings umso größer, je niedriger der Steuersatz der steuerpflichtigen Person ist. Denn die Steuersätze im Rahmen der Thesaurierungsbesteuerung sind nicht progressiv.

Weiterhin müssen aufgrund der gesetzlichen Verwendungsreihenfolge des § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG zunächst die Überentnahmen der Nachversteuerung unterworfen werden, bevor in der Vergangenheit nichtbegünstigte thesaurierte Gewinne ohne Nachversteuerung entnommen werden können. Die Überentnahmen sind zudem jährlich zu ermitteln. Unterentnahmen in den Vorjahren werden bei Überentnahmen in den Folgejahren nicht verrechnet.

Bei Teilübertragungen kommt es aktuell nicht zur anteiligen Nachversteuerung oder zum anteiligen Übergang von nachversteuerungspflichtigen Beträgen. Somit können Gestaltungen mit nur anteiligen Übertragungen genutzt werden, die die Nachversteuerung hinauszögern.

Eine weitere, wenn auch eher kleinere Schwäche der aktuellen Regelung ist, dass die Begünstigungen des § 34a EStG nicht bei der Berechnung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen berücksichtigt werden (§ 37 Abs. 3 Satz 5 EStG). Dies führt zumindest bis zur Veranlagung der Einkommensteuer zu einem Liquiditätsnachteil.

Nun soll der § 34a EStG im Rahmen des Wachstumschancengesetzes überarbeitet werden. Der Regierungsentwurf vom 30.8.2023 sieht folgende Änderungen vor:

Erhöhung des begünstigten Gewinns

Der begünstigungsfähige Gewinn (bisher der Steuerbilanzgewinn) soll um die Gewerbesteuer erhöht werden. Weiterhin sollen Entnahmen für die Zahlung der Einkommensteuer, die gem. § 34a Abs. 1 EStG entsteht, außer Ansatz bleiben.

Die Gewerbesteuer unterliegt somit vollständig der Thesaurierungsbegünstigung. Weitere nicht abziehbare Betriebsausgaben werden jedoch nicht berücksichtigt.

Bei der Einkommensteuer wird der Teil, der sich auf den begünstigungsfähigen Gewinn bezieht, bei der Thesaurierungsbegünstigung einbezogen. Die Einkommensteuer auf die nicht abziehbaren Betriebsausgaben (außer der begünstigten Gewerbesteuer) und auch die Einkommensteuer, die sich auf die Nachversteuerung bezieht, bleiben weiterhin nicht begünstigt.

Dies führt zwar insgesamt dazu, dass das Thesaurierungsvolumen steigt. Die Berechnung des begünstigungsfähigen Gewinns wird dadurch jedoch nicht wesentlich vereinfacht.

Allerdings sieht § 34a Abs. 2 Satz 3 EStG-E dabei vor, dass Entnahmen, unabhängig von der tatsächlichen Verwendung, bis zur Höhe der Steuer gem. § 34a Abs. 1 EStG als Entnahmen zur Zahlung der Einkommensteuer gem. § 34a Abs. 2 Satz 2 EStG-E angesehen werden. Dies stellt eine Vereinfachungsregelung für eine Nachweispflicht der Zahlungen dar.

Ausweitung der Nachversteuerungspflichten gem. § 34a Abs. 6 EStG

Neben der Nachversteuerung bei Überentnahmen (§ 34a Abs. 4 EStG) sieht das Gesetz u.a. in § 34a Abs. 6 EStG die Nachversteuerung in folgenden Fällen vor:

  • Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe (§§ 14, 16 und 18 EStG);
  • Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft;
  • Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft;
  • Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft gem. § 1 Abs. 1 KStG;
  • Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils auf eine Mitunternehmerschaft, soweit dort Körperschaften des § 1 Abs. 1 KStG beteiligt sind;
  • Gewinnermittlung erfolgt nicht mehr gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder gem. § 5 EStG;
  • Antrag des Steuerpflichtigen.

Der Gesetzesentwurf enthält nun eine Erweiterung der Nachversteuerungstatbestände. Es sollen nun auch anteilige Übertragungen/Veräußerungen zu einer anteiligen Nachversteuerung führen. Folgende neue Tatbestände sind vorgesehen:

  • Entgeltliche Aufnahme eines Mitunternehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen;
  • Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils;
  • Einbringung eines Teilbetriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils;
  • Unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft gem. § 1 Abs. 1 KStG;
  • Unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine Mitunternehmerschaft, soweit dort Körperschaften des § 1 Abs. 1 KStG beteiligt sind;
  • Unentgeltliche Aufnahme eines Mitunternehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen, wenn die Übertragung auf eine Körperschaft des § 1 Abs. 1 KStG erfolgt.

Maßgeblich für die quotale Nachversteuerung ist der Anteil des übertragenen Betriebsvermögens an dem Betriebsvermögen des Rechtsvorgängers vor der Übertragung. Bei Einzelunternehmen ist das Betriebsvermögen das Eigenkapital, bei Mitunternehmerschaften das anteilige Gesellschaftskapital, das Kapital der Ergänzungsbilanzen und das Kapital der Sonderbilanzen.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist die Verhinderung von Gestaltungsmöglichkeiten, bei denen Betriebsvermögen bis auf einen Zwergenanteil übertragen wird und dies bisher kein Nachversteuerungstatbestand ausgelöst hat.

Ausweitung des Übergangs von nachversteuerungspflichtigen Beträgen bei unentgeltlicher Übertragung gem. § 34a Abs. 7 EStG

In der bisherigen Gesetzesfassung kommt es nicht zu einem (anteiligen) Übergang von nachversteuerungspflichtigen Beträgen, wenn ausschließlich ein Teil eines Mitunternehmeranteils unentgeltlich übertragen wird oder eine Person unentgeltlich in ein bestehendes Einzelunternehmen aufgenommen wird. Ein Übergang erfolgt nur, wenn ein gesamter Betrieb oder Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen wird.

Gleiches gilt, wenn ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil zu Buchwerten gem. § 24 UmwStG eingebracht wird. Auch hier kommt es nicht zu einem (anteiligen) Übergang von nachversteuerungspflichtigen Beträgen, wenn nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils zu Buchwerten gem. § 24 UmwStG übertragen wird.

Dies hat zur Folge, dass auch hier, soweit möglich, kleine Anteile bei unentgeltlichen Übertragungen zurückbehalten werden können, ohne dass es zu (anteiligen) Übertragungen von nachversteuerungspflichtigen Beträgen kommt und so eine Nachversteuerung zeitlich hinausgezögert werden kann.

Dies soll im Rahmen des Wachstumschancengesetzes geändert werden: Bei einer

  • unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person,
  • unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen und
  • Einbringung eines Teils eines Mitunternehmeranteils zu Buchwerten nach § 24 UmwStG

hat der Rechtsnachfolger die anteiligen nachversteuerungspflichtigen Beträge anteilig fortzuführen.

Auch hier ist maßgeblich für die quotale Nachversteuerung der Anteil des übertragenen Betriebsvermögens an dem Betriebsvermögen des Rechtsvorgängers vor der Übertragung.

Änderungen bzgl. der Verzinsung bei nachträglicher Antragsstellung

Der Antrag für die Thesaurierungsbegünstigung kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides gestellt werden. Dies kann bisher dazu führen, dass bei sehr später Antragsstellung (z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung) ein hohes Guthaben an Erstattungszinsen entsteht.

Der neue § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG-E regelt nun, dass die nachträgliche Antragsstellung als rückwirkendes Ereignis eingestuft wird. Daraus resultiert, dass der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres der Antragsstellung beginnt.

Zeitliche Anwendung

Aufgrund der Komplexität des § 34a EStG und der mit den Änderungen verbundenen aufwändigen programmtechnischen Anpassungen bei der Finanzverwaltung sollten die oben genannten neuen Regelungen ursprünglich erst für den Veranlagungszeitraum 2025 Anwendung finden. Der Bundesrat hat nun jedoch beschlossen, dass eine Anwwendung schon ab dem Jahr 2024 möglich sein soll.

Maßgebliche Änderungen im Regierungsentwurf vom 30.8.2023 zum Referentenentwurf vom 14.7.2023

Im Referentenentwurf vom 14.7.2023 war noch eine Anpassung der Verwendungsreihenfolge enthalten, d. h. ursprünglich sollte die aktuell geltende Verwendungsreihenfolge, dass Überentnahmen grundsätzlich immer zu einer Nachversteuerung führen, angepasst werden.

Im Referentenentwurf waren außerdem zwei Möglichkeiten enthalten, ein steuerfreies Entnahmevolumen zu bilden. Einerseits sollte dies aufgrund von steuerfreien Gewinnen (z.B. Auslandsgewinne) möglich gemacht werden, andererseits durch regulär besteuerte Gewinne (z.B. Altrücklagen). Diese Möglichkeit wurde bedauerlicherweise nicht mit in den Regierungsentwurf übernommen, da dies die Bildung von Eigenkapital gefördert hätte. Eine Entnahme solcher Gewinne, ohne die Auslösung der Nachversteuerung auszulösen, ist aktuell und wohl auch zukünftig nur im Entstehungsjahr möglich.

Weiterhin wurde die geplante Streichung des § 37 Abs. 3 Satz 5 EStG zurückgenommen. Damit wird es weiterhin nicht möglich sein, den § 34a EStG im Rahmen der Vorauszahlungsberechnung zu berücksichtigen.

Gesamtwürdigung der Änderungen des § 34a EStG

Grundsätzlich positiv hervorzuheben ist, dass das Volumen für die Thesaurierungsbegünstigung durch die Berücksichtigung der Gewerbe- und Einkommensteuer angehoben wird. Dies führt dazu, dass grds. eine Vollthesaurierung möglich ist.

Viel mehr Schwächen des § 34a EStG werden allerdings mit dem geplanten Wachstumschancengesetz nicht beseitigt werden.

Die im Referentenentwurf geplante Änderung der Verwendungsreihenfolge wurde wieder verworfen. Es gelten demnach immer erst die nachversteuerungspflichtigen Beträge als entnommen. Die Anpassung der Verwendungsreihenfolge hätte den § 34a EStG deutlich attraktiver gemacht, insbesondere für Unternehmen mit hohen Altgewinnen.

Auch führt die Thesaurierungsbegünstigung weiterhin im Spitzensteuersatz insgesamt zu einer (leicht) höheren Steuerbelastung als bei der Direktversteuerung. Dieser Effekt wird umso größer, je niedriger der persönliche Steuersatz ist. Eine Anpassung der Begünstigung in Abhängigkeit zum persönlichen Steuersatz wäre sinnvoll gewesen.

Sinnvoll sind aus meiner Sicht hingegen die geplanten Anpassungen bzgl. der Teilübertragungen, da so Gestaltungen zum Hinauszögern der Nachversteuerung vermieden werden.

Insgesamt werden die geplanten Anpassungen des § 34a EStG die Attraktivität der Thesaurierungsbegünstigung wohl nicht deutlich erhöhen, da die zu Anfang genannten Schwächen nur zu einem Teil beseitig werden sollen.

Tipp der Redaktion: Hier finden Sie einen nach Steuerarten geordneten Überblick über alles wichtigen Änderungen durch das Wachstumschancengesetz