Rz. 106

Der Steuerbescheid ist dem Betroffenen bekannt zu geben[1], d. h. es müssen eine willentliche Handlung zur Bekanntgabe und ein Zugang gegeben sein. Der Verwaltungsakt ist dem Empfänger zugegangen, wenn er mit Willen des Bekanntgebenden in verkehrsüblicher Weise derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter regelmäßigen Umständen damit gerechnet werden kann, dass der Empfänger von ihm Kenntnis erlangt. Eine Zustellung ist nicht mehr vorgeschrieben, aber zulässig (§ 122 Abs. 5 AO). Der Steuerbescheid gilt im Inland mit dem dritten Tag und im Ausland einen Monat nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2 AO).[2] Ein elektronisch übermittelter Steuerbescheid gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben, es sei denn, er ist nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen (§ 122 Abs. 2a AO). Bei Zweifeln muss die Behörde den Zugang beweisen (§ 122 Abs. 2 Halbs. 2 AO, § 122 Abs. 2a Halbs. 2 AO). Das FA kann den Nachweis des Zugangs nicht mit den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins führen.[3] Bestreitet der Stpfl. den Zugang überhaupt, so muss deshalb das FA den Nachweis des Zugangs führen, wobei es sich auf Indizien stützen kann. .[4] Bestreitet der Bekanntgabe-Adressat nicht den Zugang als solchen, sondern nur den fristgerechten Zugang (innerhalb der Dreitagefrist), muss er substanziiert Tatumstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass er nicht fristgerecht in den Besitz des Schriftstücks gelangt ist.[5] Ist die gesetzliche Vermutung des § 122 Abs. 2 AO dadurch erschüttert, muss die Behörde beweisen, dass und wann der Bescheid zugegangen ist.

 

Rz. 107

Für die Wahrung der Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AO reicht es nicht aus, dass der Bescheid vor Fristablauf den Bereich des FA verlassen hat, sondern dieser muss dem Empfänger auch tatsächlich zugehen.[6]

 

Rz. 108

Das FA trägt die objektive Beweislast dafür, dass der Bescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist seinen Bereich verlassen hat. Dazu genügt regelmäßig der Postaufgabevermerk der Poststelle in den Steuerakten.[7] Fehlt ein Absendevermerk, kann das FA den Beweis, dass der Bescheid seinen Bereich rechtzeitig verlassen hat, nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweises führen. Ein Absendevermerk durch einen Bediensteten des Festsetzungsbereichs ist nicht ausreichend, da der Bescheid bereits auf dem Weg vom Festsetzungsbereich zur Poststelle verloren gehen kann.[8] Das FA muss die Absendung aktenkundig machen.[9] Die Rspr.[10] geht davon aus, dass Steuerbescheid nur ein tatsächlich bekannt gegebener Verwaltungsakt sein kann. § 169 Abs. 1 S. 3 AO entbindet daher das FA nur davon, den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Die Festsetzungsfrist ist somit nicht gewahrt, wenn der Bescheid tatsächlich nicht bekannt gegeben worden ist. Das Risiko der Nichtnachweisbarkeit des Zugangs liegt daher beim FA. Zudem ist für die Fristwahrung bedeutsam, dass der Steuerbescheid von dem örtlich zuständigen FA erlassen wird.

 

Rz. 109

Bei Einverständnis des Stpfl. bzw. bei Eröffnung eines Zugangs (§ 87a AO) ist die elektronische Übermittlung des Bescheids möglich (§ 122 Abs. 2a AO).[11] Dafür reicht regelmäßig die Angabe der E-Mail-Adresse im Verkehr mit dem FA aus.[12] Bei Stpfl., die keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben (z. B. Arbeitnehmer), ist dagegen derzeit nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen, aber nicht formgebundenen Einverständniserklärung von einer Zugangseröffnung i. S. d. § 87a Abs. 1 S. 1 AO auszugehen.[13]

 

Rz. 110

Im Übrigen ist auch die Bekanntgabe des Bescheids durch Telefax anerkannt.[14] Auch ein durch Telefax, einschließlich Computer-Fax, bekannt gegebener Bescheid ist ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt i. S. v. § 122 Abs. 2a AO.[15]

 

Rz. 111

Der Steuerbescheid kann nach § 122 Abs. 1 S. 3 AO auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gemacht werden. Der Auftrag zur Erstellung und Einreichung der Steuererklärung enthält eine derartige Bevollmächtigung jedoch noch nicht.[16] Ist ausdrücklich ein Empfangsbevollmächtigter zur Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen bestellt, entspricht es pflichtgemäßem Ermessen, diesem Bescheide für den Stpfl. bekannt zu geben.[17] Ist die Betätigung des Auswahlermessens durch das FA fehlerhaft, so wird die Rechtsbehelfsfrist nicht in Gang gesetzt.[18]

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