Rz. 25

Eine Entschädigung setzt voraus, dass der Einnahmeausfall auf außergewöhnlichen Vorgängen beruht, die über den Rahmen der für die jeweilige Einkunftsart typischen Geschehnisse hinausgehen.[1] Das schadenstiftende Ereignis darf nicht vom Stpfl. aus eigenem Antrieb herbeigeführt worden sein.[2] Falls es nicht von einem Dritten veranlasst wurde, sondern vom Stpfl. selbst oder mit dessen Zustimmung zustande gekommen ist, so muss er unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gestanden haben. Diesem Erfordernis liegt die Überlegung zugrunde, dass die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG nur gerechtfertigt ist, wenn sich der Stpfl. in einer Zwangssituation befunden hat und sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen konnte[3], z. B. wegen einer ernst zu nehmenden wirtschaftlichen Gefährdung der Ansprüche.[4] Es steht also einer Entschädigung nicht entgegen, wenn der Stpfl. unter Druck Vereinbarungen zum Ausgleich eines eingetretenen oder drohenden Schadens abschließt.

Ohnehin scheint die Rspr. die Hürden für die Druck- bzw. Zwangssituation, in der sich der Stpfl. befunden haben muss, zunehmend niedrig anzusetzen. Beispielsweise wurde der erforderliche tatsächliche Drucksituation bejaht, wenn ein Arbeitnehmer, der eigentlich daran interessiert war, die ursprüngliche (jährliche Zahlungen beinhaltende) Vereinbarung auf Arbeitnehmererfindung weiterzuführen, im Konflikt mit dem Arbeitgeber aus Gründen der Loyalität und zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten nachgibt und das arbeitgeberseitige Abfindungsangebot annimmt.[5]

Der IX. Senat des BFH hält tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer bei einvernehmerlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung unter Druck stand, sogar regelmäßig für entbehrlich. Denn wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses allein aus Antrieb des Arbeitnehmers herbeigeführt worden wäre, hätte der Arbeitgeber keine Veranlassung eine Abfindung zu zahlen. Ob an dem Erfordernis der Druck-/Zwangssituation bei Zahlungen einer Abfindung im Rahmen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses überhaupt noch festzuhalten sei, lies der BFH indes offen.[6]

 

Rz. 26

An einer Zwangslage fehlt es, wenn der Stpfl. freiwillig eine Ursachenkette in Gang setzt, die ihm später keinen Entscheidungsraum mehr belässt.[7] Verzichtet der Gesellschafter-Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Veräußerung seiner Beteiligung gegen Entgelt auf seinen Pensionsanspruch, so ist eine Zwangslage wegen der (regelmäßigen) Freiwilligkeit des Anteilsverkaufs aber nicht stets ausgeschlossen, sie hängt davon ab, ob im Rahmen der aus freien Stücken aufgenommenen Verhandlungen über die Veräußerung von Seiten des Erwerbers unvorhergesehen Druck zum Verzicht ausgeübt wurde. Wird bereits die Veräußerung der Beteiligung durch äußere Umstände erzwungen (z. B. Krankheit), so fehlt es an einem schädlichen freiwilligen Ingangsetzen einer Ursachenkette.[8] Andererseits ist der Verzicht auf die Pensionsansprüche vor der Anteilsübertragung wegen der Erwartung, ein Erwerber werde diese nicht übernehmen, nicht erzwungen[9]; dies gilt auch, wenn es zur Anteilsveräußerung nicht kommt.[10] Das Bestreben, aus einer sicheren Stellung heraus das berufliche Fortkommen zu begünstigen, begründet aber jedenfalls keinen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck.[11]

Strittig ist, ob in Abfindungsfällen die Nutzung einer sog. "Sprinterklausel" durch den Arbeitnehmer die Annahmen von Entschädigungen i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG hindert, weil die Entscheidung hierzu allein beim Arbeitnehmer liegt.[12] Zutreffenderweise verneinen dies das Hessische FG und das FG Rheinland-Pfalz mit dem Hinweis darauf, dass allein maßgebend sei, dass die Vereinbarung der Sprinterklausel Bestandteil der Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist.[13]

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