Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen arbeitsvertraglichen Erfüllungsleistungen und Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1a EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einem Kündigungsschutzverfahren ein Vergleich des Inhalts geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis befristet fort besteht, dem Arbeitnehmer aber ein Recht zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeräumt und ist für den Fall der vorzeitigen Beendigung vereinbart, dass an Stelle der dadurch nicht mehr entstehenden Gehaltsansprüche ein Abfindung in gleicher Höhe gezahlt wird, so ist diese nach § 3 Nr. 9 EStG begünstigt.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 9, § 24 Nr. 1a

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Zahlung durch den früheren Arbeitgeber des Klägers eine Abfindung gemäß § 3 Nr. 9 EStG darstellt oder es sich um die Fortzahlung des arbeitsvertraglich geschuldeten Entgelts handelt. Der Kläger war bei der D AG beschäftigt. Durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht M vom 07.03.2001 wurde folgendes vereinbart:

§ 1

Die Parteien stellen außer Streit, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 01.02.2001 mit Ablauf des 30.06.2002 enden wird.

§ 2

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger weiterhin unter Fortzahlung einer monatlichen Vergütung in Höhe von DM 20.000,-- brutto und unter Anrechnung auf seine restlichen sowie auf die bis zum Ablauf des Arbeitsverhältnisses noch entstehenden Urlaubsansprüche von der Erbringung der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt bleibt.

§ 3

Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit der monatlichen Gehaltszahlung von DM 20.000,-- brutto die Vergütungsansprüche des Klägers für den jeweiligen Kalendermonat insgesamt erfüllt sind. ...

§ 7

Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass der Kläger berechtigt ist, durch einseitige schriftliche Erklärung vorzeitig mit einer Ankündigungsfrist von einer Woche das Arbeitsverhältnis jeweils zum Monatsende zu beenden. Für diesen Fall verpflichtet sich die Beklagte, dem Kläger als Abfindung i.S. der §§ 9, 10 KSchG i.V. mit § 3 Ziff. 9, 24, 34 EStG für jeden vollen Monat des vorzeitigen Ausscheidens einen Betrag in Höhe von DM 20.000,-- brutto zu bezahlen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Interesse der Beklagten liegt und durch deren Kündigung veranlasst ist. ...

Im Januar 2002 machte der Kläger von der vorzeitigen Beendigungsmöglichkeit gemäß § 7 des Vergleichs Gebrauch. Die Firma D AG zahlte daraufhin dem Kläger die vereinbarte „Abfindung“, von der sie 8.181 Euro steuerfrei beließ und 42.948,20 Euro dem vollen Lohnsteuerabzug unterwarf. Ab 01.07.2002 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. In der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 2002 behandelte der Beklagte den steuerfrei belassenen Betrag von 8.181 Euro als Arbeitslohn und unterwarf ihn dem vollen Steuersatz. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, für die Beurteilung ob eine Abfindung vorliege, die über die vertragsgemäß verdienten Ansprüche hinaus gezahlt werde, sei eine formale Betrachtungsweise geboten. Es sei allein auf den Inhalt der Vereinbarung des Klägers mit seinem Arbeitgeber abzustellen. Mit dem tatsächlichen wirksam werden der Auflösung des Dienstverhältnisses habe der Anspruch auf Entlohnung geendet. Die darüber hinaus gezahlten Beträge könnten somit nicht zur Abgeltung bereits entstandener Gehaltsansprüche geleistet worden sein. In dem gerichtlichen Vergleich habe man sich darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zum 30.06.2002 ende. jedoch habe dem Kläger ein Sonderkündigungsrecht zugestanden. Nachdem der Kläger von diesem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht habe, hätten ihm ab Februar 2002 keine Gehaltsansprüche mehr zugestanden. An deren Stelle habe er gemäß dem Vergleich einen Abfindungsanspruch erworben. Unerheblich sei, dass die Abfindung der Höhe nach dem entgangenen Lohn entspreche. Dass die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst gewesen sei, ergebe sich zum einen daraus, dass dieser zur Zahlung einer Abfindung bereit gewesen sei, zum anderen aber auch ausdrücklich aus § 7 des Vergleichs.

Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom 11. Februar 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. April 2003 dahin gehend zu ändern, dass 8.181 Euro gemäß § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei belassen werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung fest und verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter gemäß §§ 79a Abs. 3 und 4 FGO einverstanden erklärt und auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die vom früheren Arbeitgeber des Klägers geleistete Zahlung von insgesamt 51.129,20 Euro stellt eine Entschädigung für entgehende Einnah...

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