Rz. 379

§ 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG setzt voraus, dass der Stpfl. Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell erzielt. Im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 7 S. 1 EStG müssen die Verluste als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG qualifiziert werden. Aufgrund des Abzugsverbots für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG können Verluste aus Kapitalvermögen im nennenswerten Umfang nur noch bei einer Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG anfallen, was die Bedeutung der Vorschrift erheblich reduziert.[1] Zu denken ist etwa an die Veräußerung von Schuldverschreibungen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG mit Verlust oder die verlustbringende Durchführung eines Termingeschäfts i. S. d. § 20 Abs 2 S. 1 Nr. 3 EStG. Bei den laufenden Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG kommen Verluste nur noch in Ausnahmefällen in Betracht. Infrage kommen z. B. Verlustanteile eines stillen Gesellschafters i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, gezahlte Stückzinsen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, Verluste aus Stillhaltergeschäften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG und gezahlte Zwischengewinne i. S. d. § 2 Abs. 5 InvStG. Neben dem Vorliegen von Verlusten setzt § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG weiter voraus, dass die Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell erzielt werden. Der Begriff des Steuerstundungsmodells ist in § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 2 EStG definiert.

Nach § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 2 S. 1 EStG erfordert ein Steuerstundungsmodell zunächst das Vorliegen einer modellhaften Gestaltung. Für eine modellhafte Gestaltung ist nach § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 2 S. 2 EStG ein vorgefertigtes Konzept notwendig. Unter einem Konzept ist nach der Rspr. ein Plan für ein bestimmtes Vorhaben als Ergebnis eines Prozesses des Erkennens und Entwickelns von Zielen und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren strategisch zu planenden Vorhabens zu verstehen.[2] Vorgefertigt ist das Konzept, wenn es vor der Anlageentscheidung des Stpfl. erstellt wurde.[3] Damit fallen selbstentwickelte oder individuell ausgehandelte Konzepte nicht unter § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG.[4] Auch Stückzinsen und Zwischengewinne unterliegen nicht § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG, wenn sie den Marktusancen entsprechen.[5] Die Finanzverwaltung fordert für ein Steuerstundungsmodell darüber hinaus eine Ausrichtung auf gleichgerichtete Leistungsbeziehungen und die Bereitstellung eines Bündels an Haupt-, Zusatz- und Nebenleistungen.[6] Im Gesetzeswortlaut sind diese Merkmale nicht enthalten, sodass es sich hierbei allenfalls um Indizien handeln kann.[7] Neben einer modellhaften Gestaltung in Form eines vorgefertigten Konzepts setzt ein Steuerstundungsmodell nach § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 2 S. 1 EStG ferner voraus, dass steuerliche Vorteile in Form von negativen Einkünften erzielt werden sollen. Nach § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 2 S. 2 EStG ist das der Fall, wenn dem Stpfl. die Möglichkeit geboten wird, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit den übrigen Einkünften zu verrechnen. Die Erzielung irgendwelcher steuerlichen Vorteile genügt folglich nicht. Vielmehr muss die modellhafte Gestaltung auf die Erzielung negativer Einkünfte gerichtet sein.[8] Ob die steuerlichen Vorteile tatsächlich erzielt werden, spielt für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells keine Rolle, sondern erlangt erst bei den Rechtsfolgen des § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG Bedeutung.[9] Ausreichend ist, dass die Erzielung negativer Einkünfte zumindest für die Anfangsphase der Investition geplant ist. Unter der Anfangsphase der Investition ist der Zeitraum zu verstehen, in dem nach dem zugrunde liegenden Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden.[10]

 

Rz. 380

Erzielt ein Stpfl. Verluste aus Kapitalvermögen, die im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell stehen, dürfen diese nach § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG weder mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern nach § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 2 EStG jedoch die Einkünfte, die der Stpfl. in den folgenden Vz aus derselben Einkunftsquelle erzielt. § 20 Abs. 7 S. 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 S. 1 EStG schließt für Verluste aus einem Steuerstundungsmodell damit sowohl den horizontalen Verlustausgleich mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen als auch den vertikalen Verlustausgleich mit anderen Einkunftsarten aus. Für den Stpfl. besteht nur die Möglichkeit die Verluste aus dem Steuerstundungsmodell in künftige Vz vorzutragen und mit dort anfallenden Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle zu verrechnen. Die Regelungen zur Mindestbesteuerung i. S. d. § 10d Abs. 2 EStG finden in diesem Zusammenhang keine Anwendung.[11]

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