Rz. 319

Eine steuerneutrale Behandlung eines Anteilstauschs nach § 20 Abs. 4a S. 1 EStG ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Insofern ist zunächst erforderlich, dass der Stpfl. Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gegen Anteile an einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tauscht. § 20 Abs. 4a S. 1 EStG erfasst sowohl Anteile an inländischen als auch Anteile an ausl. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen.[1] Die zunächst vorgesehene Beschränkung auf ausl. Anteile wurde im Rahmen des JStG 2010[2] aufgegeben. Eine Definition des Begriffs des Anteils enthält die Vorschrift nicht, was zu erheblichen Unsicherheiten führt. Insbesondere stellt sich die Frage, ob auch der Tausch von Anteilen an Personengesellschaften erfasst ist. Vom Wortlaut des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG wäre eine solche Auslegung gedeckt, da auch Personengesellschaften zu den Personenvereinigungen zählen. Gegen ein solches Verständnis spricht jedoch der Sinn und Zweck der Vorschrift, die den KapESt-Einbehalt für die Kreditinstitute vereinfachen und Veranlagungsfälle vermeiden soll.[3] Danach kann der Tausch von Anteilen an einer Personengesellschaft nicht von § 20 Abs. 4a S. 1 EStG erfasst sein, da ein solcher nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt und damit auch keinen Einbehalt von KapESt auslöst. Im Ergebnis unterfällt der Vorschrift daher nur der Tausch solcher Anteile, deren Veräußerung eine Steuerpflicht nach § 20 Abs. 2 EStG begründen würde, wofür letztlich auch die Bezugnahme des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG auf § 20 Abs. 2 EStG spricht.[4] Erfasst ist damit auch der Tausch von eigenkapitalähnlichen Genussrechten, ähnlichen Beteiligungen und Anwartschaften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Auch beim Tausch dieser Anlageformen stellen sich die beschriebenen Probleme beim KapESt-Einbehalt.[5]

 

Rz. 320

Der Begriff des Tauschs wird in § 20 Abs. 4a S. 1 EStG ebenfalls nicht definiert, obwohl es sich auch hierbei um ein zentrales Merkmal der Vorschrift handelt. Ein Tausch ist nach allgemeinem Verständnis ein Unterfall der Veräußerung, bei dem die Gegenleistung nicht in einer Geldzahlung, sondern in der Lieferung eines Wirtschaftsguts besteht.[6] Als Unterfall der Veräußerung setzt der Tausch damit insbesondere die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an dem hingegebenen Wirtschaftsgut voraus.[7] Ein solch enges Verständnis des Tauschs wird dem Sinn und Zweck des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG jedoch nicht gerecht. Würde man für einen Tausch eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums fordern, wären insbesondere die Verschmelzung und die Aufspaltung von Kapitalgesellschaften nicht erfasst, da in diesen Fällen die Anteile an der bisherigen Kapitalgesellschaft untergehen und gerade nicht übertragen werden. Dies widerspräche aber dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der neben der Einbringung von Anteilen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile insbesondere die Verschmelzung und die Aufspaltung als Anwendungsfälle des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG ansieht.[8] Von daher muss der Begriff des Tauschs weit ausgelegt und hierunter letztlich jeder gesellschafts- oder wertpapierrechtliche Vorgang verstanden werden, der zu einer Ersetzung von Anteilen an einer Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung durch Anteile an einer anderen Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung führt.[9] Vom Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG erfasst sind damit insbesondere die Verschmelzung i. S. d. § 13 UmwStG, die Aufspaltung i. S. d. § 15 UmwStG und der Anteilstausch i. S. d. § 21 UmwStG.[10] Auf die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschriften kommt es im Rahmen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG nicht an. Keine Bedeutung hat daher insbesondere, ob ein Teilbetriebsübergang i. S. d. § 15 Abs. 1 UmwStG vorliegt oder eine Stimmrechtsmehrheit i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG begründet wird.[11]

 

Rz. 321

Voraussetzung für die steuerneutrale Behandlung eines Anteilstauschs im Rahmen des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG ist ferner, dass das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist. Sinn und Zweck dieser Einschränkung ist die Sicherung des inländischen Steuersubstrats.[12] Da eine Gefährdung des inländischen Steuersubstrats nicht eintritt, wenn das deutsche Besteuerungsrecht bereits in Bezug auf die hingegebenen Anteile ausgeschlossen oder beschränkt war, muss eine Vergleichsbetrachtung angestellt werden. Eine Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 1 EStG scheidet daher nur dann aus, wenn die hingegebenen Anteile der deutschen Besteuerung unterlegen haben, während dies mit Blick auf die erhaltenen Anteile nicht der Fall ist.[13] Für die Zwecke der KapESt ist nach Auffassung der Finanzverwaltung stets davon auszugehen, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist.[14] Die...

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