Rz. 177e

Der Begriff der Realteilung ist weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich gesetzlich definiert. Er bezeichnet die – vollumfängliche oder teilweise – Verteilung der realen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens "in natura", also ohne vorhergehende Veräußerung (Rz. 200). Dabei können die Wirtschaftsgüter sowohl als funktionsfähige Einheit des Betriebsvermögens in der Form eines Teilbetriebs verteilt werden, als auch außerhalb eines solchen funktionalen Verbunds als einzelne Wirtschaftsgüter i. S. einer Zerschlagung des Betriebs der Mitunternehmerschaft. Die Übertragung des gesamten Betriebs der Mitunternehmerschaft auf einen der Mitunternehmer gegen Auszahlung der übrigen Mitunternehmer sieht die Vorschrift nicht als Realteilung vor. Diese Form der Auseinandersetzung wird als Kauf der Mitunternehmeranteile der gegen Zahlung ausscheidenden Mitunternehmer durch den, den Betrieb fortführenden, Mitunternehmer angesehen[1].

 

Rz. 177f

Mischformen der Auseinandersetzung, also ein Zusammentreffen von realer Verteilung von Wirtschaftsgütern und Verteilung von Geldvermögen, gelten jedenfalls dann zivil- wie steuerrechtlich als Realteilung, wenn ein nicht nur unwesentlicher Teil des Betriebsvermögens real geteilt wird. Das bis zum 19.12.2016 vertretene Erfordernis, dass zumindest eine wesentliche Betriebsgrundlage der Mitunternehmerschaft in das Betriebsvermögen eines Mitunternehmers übergehen müsse[2], hat die Finanzverwaltung aufgegeben.[3] Unschädlich für die Annahme einer im Übrigen steuerneutralen Realteilung ist auch die Zahlung eines Spitzenausgleichs oder eines Wertausgleichs.

Rz. 177g einstweilen frei

 

Rz. 177h

Werden Wirtschaftsgüter im Rahmen der Auflösung einer Mitunternehmerschaft zwar real verteilt, gelangen sie aber ausschließlich in das Privatvermögen der Realteiler, so handelt es sich nicht um eine Realteilung im steuerrechtlichen Sinn, die eine Buchwertfortführung ermöglicht; es liegt vielmehr eine Betriebsaufgabe i. S. einer Totalentnahme (Rz. 21) gem. § 16 Abs. 3 S. 1 EStG vor. Denn von der steuerrechtlichen Rechtsfolge-Regelung des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG werden Teilungsvorgänge nur erfasst, soweit Wirtschaftsgüter in ein Betriebsvermögen eines Realteilers gelangen; nur für solche Überführungen besteht ein Buchwertfortführungserfordernis, das mittels der Figur der "Realteilung" im Rahmen des § 16 Abs. 23 S. 2 EStG umgesetzt werden muss. Teilungsvorgänge, bei denen die Wirtschaftsgüter ausschließlich in ein Privatvermögen der Realteiler übergehen, werden deshalb zur Unterscheidung mitunter als Naturalteilung bezeichnet.[4] Der Gebrauch des Begriffs in Literatur und Rspr. ist nicht einheitlich.[5] Der Realteilungserlass verwendet den Begriff nicht, scheint aber unter einer "echten" Realteilung allenfalls den Fall zu fassen, dass auch, aber nicht ausschließlich alle Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft in die verschiedenen Privatvermögen der Gesellschafter übergehen.[6]

[1] Stahl/T. Carlé, in Korn, EStG, § 16 EStG Rz. 296.
[3] BMF v. 19.12.2018, V C 6 – S 2242/07/10002, BStBl I 2019, 6, Rz. 8: Erwähnung nur noch hinsichtlich der Sperrfrist.
[5] Röhner, StuW 2008, 144, zur "babylonischen Sprachverwirrung" m. w. N.
[6] BMF v. 19.12.2018, V C 6 – S 2242/07/10002, BStBl I 2019, 6, Rz. 9.

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