Rz. 335

Nach den allg. Grundsätzen des § 16 EStG führt der "Wegfall" des negativen Kapitalkontos eines Mitunternehmers regelmäßig zu einem ertragsteuerlichen Gewinn.[1] Der "Wegfall" des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten ist für den Zeitpunkt anzunehmen, in dem feststeht, dass ein Ausgleich mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt.

 

Rz. 336

Der besondere Gewinn aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos ist seiner Natur nach kein echter Gewinn im Sinn einer Betriebsvermögensmehrung[2], sondern der Ausgleich für früher zugerechnete Verlustanteile, deren Zurechnung sich nachträglich als unberechtigt erwiesen hat. Es findet demnach eine Korrektur statt, die allerdings nicht zeitlich zurückbezogen, sondern nur sachlich nachvollzogen wird. Weil der Gewinn aus dem "Wegfall" des negativen Kapitalkontos tatsächlich eine frühere Zurechnung rückgängig macht, muss der insoweit abgerechnete Verlustanteil anderen Mitunternehmern neu zugerechnet werden. Das ist in erster Linie der Komplementär, sind aber auch die übrigen Kommanditisten mit noch positivem Kapitalkonto. Dies gilt nicht im Falle der Veräußerung des Kommanditanteils.

 

Rz. 337

Bei dem Wegfall des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz darf indessen ein zusätzliches finanzielles Engagement nicht außer Betracht bleiben. Dazu zählen insbesondere Risiken und Verpflichtungen, die in Sonderbilanzen auszuweisen und deren Auswirkungen einzubeziehen sind. Muss der Kommanditist mit einer nachwirkenden Haftungsinanspruchnahme der Gläubiger der KG rechnen oder wird seine eigene Darlehensforderung an die KG uneinbringlich, sind diese Wertverluste vom "Weg-Fall-Gewinn" zu kürzen.[3]

7.1.1 Zeitpunkt des Wegfalls

 

Rz. 338

Nach der gefestigten Rspr. des BFH fällt das negative Kapitalkonto weg, soweit bei Aufstellung der Bilanz – unter Berücksichtigung der Verhältnisse am Bilanzstichtag – feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt. Maßgebend sind allein die tatsächlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag selbst, nicht die im Zeitpunkt der späteren Bilanzerstellung. Das schließt allerdings nicht aus, nachträglich bessere Erkenntnisse über frühere tatsächliche Verhältnisse einzubeziehen.[1]

 

Rz. 339

Die Frage nach dem Zeitpunkt des "Feststehens" ist demnach eine Sachverhalts- und keine Beurteilungsfrage. Sie hat sich an rein sachlichen Gegebenheiten zu orientieren, insbesondere an Möglichkeiten, aus dem vorhandenen Vermögen der KG noch Erträge zu erwirtschaften. In Betracht kommen hierfür nicht nur ordentliche, sondern auch außerordentliche Gewinne. Entscheidende Bedeutung kommt damit den Sondersachverhalten der Betriebsveräußerung oder -aufgabe zu. Auch an dieser Stelle sind die allg. Grundsätze des § 16 EStG zu beachten, die zeitlich auf die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen auf einen Dritten abstellen.

 

Rz. 340

Der Gewinn aus dem Wegfall ist grundsätzlich für das Wirtschaftsjahr der Betriebsveräußerung oder -aufgabe zu erfassen. Sollte allerdings eine zeitlich korrekte Auflösung des negativen Kapitalkontos unterblieben sein, hält der BFH es für zulässig, die Auflösung in der ersten noch offenen Bilanz eines Folgejahres nachzuholen.[2] In diesem Zusammenhang ist das negative Kapitalkonto wie ein negatives Wirtschaftsgut zu behandeln.[3]

[2] Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs; vgl. BFH v. 12.10.1993, VIII R 89/90, BStBl II 1994, 174.
[3] BFH v. 30.6.2005, IV R 11/04, BStBl II 2005, 809, 811, BFH/NV 2005, 2077; zu weiteren Einzelfragen vgl. OFD Frankfurt/M. v. 17.12.2014, S 2241 A – 30 – St 213.

7.1.2 Sondervorschrift § 52 Abs. 24 S. 3 EStG

 

Rz. 341

§ 52 EStG regelt durchweg die erst- oder letztmalige Anwendung der einzelnen Vorschriften des EStG. Davon abweichend enthält § 52 Abs. 24 S. 3 EStG eine eindeutig materiell-rechtliche Regelung. Hier wird die Fiktion eines Veräußerungsgewinns für den Fall aufgestellt, dass ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto aufgrund ausgleichsfähiger Verluste aus der KG ausscheidet und zugleich sein negatives Kapitalkonto nicht ausgleichen muss. Ein fehlender Ausgleich kann seine Ursache durchaus auch in gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen oder – schlicht – in der Vermögenslosigkeit des ausgeschiedenen Kommanditisten haben. Hier bleibt den anderen Gesellschaftern nichts anderes übrig, als den Anteil unentgeltlich zu übernehmen – aus betrieblichen Gründen.

§ 52 Abs. 24 S. 3 EStG ist bei einem Gesellschafterwechsel durch Veräußerung des Anteils nicht anwendbar, wie sich aus § 52 Abs. 24 S. 4 EStG ergibt, er kommt daher nur im Falle eines Ausscheidens ohne Abfindung unter Anwachsung n...

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