1.9.1 Grundlagen

 

Rz. 94

Die Vorschrift des § 15a EStG war von Anfang an umstritten, die Diskussion um ihre Einführung äußerst kontrovers. Ansatzpunkte bildeten indessen weniger die grundsätzlichen Absichten und Ziele; hier erschien vielmehr eine Reaktion des Gesetzgebers auf die vorbehaltlose Anerkennung des negativen Kapitalkontos[1] unumgänglich.

 

Rz. 95

Zur Kritik herausgefordert haben demgegenüber Einzelbestimmungen des § 15a EStG, insbesondere die bisher unbekannten, aber auch unbestimmten Begriffe der "Ausgeschlossenheit oder Unwahrscheinlichkeit einer Vermögensminderung" oder der "Ausgeschlossenheit oder Unwahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme".

 

Rz. 96

Beanstandet wurde auch die Fülle von Übergangsregelungen sowie die Tatsache, dass Begriffe des Handelsrechts in das Steuerrecht übernommen wurden, ohne eine Abgrenzung oder Anpassung vorzunehmen. Diese beiden Kritikpunkte haben zwischenzeitlich erheblich an Bedeutung verloren. Zum einen durch den normalen Zeitablauf, zum anderen durch eine Klärung der neuen Begriffe durch die höchstrichterliche Rspr.

 

Rz. 97

Diskutiert wird seit langem auch die generelle Abschaffung des § 15a EStG, weil andere und restriktivere Regelungen dessen Funktion mit übernommen haben. Gemeint sind insoweit der zwischenzeitlich aufgehobene § 2b EStG und der an dessen Stelle getretene § 15b EStG.

Die Forderung erscheint nur unter dem Gesichtspunkt einer Steuervereinfachung gerechtfertigt; vom sachlichen Inhalt her gibt es indessen signifikante Unterschiede bei der Verlusteinschränkung. Im Übrigen bereiten gerade die neuen Regelungen in der praktischen Anwendung weit mehr Probleme als § 15a EStG. Sie sind sowohl schwer verständlich als auch belastet mit Prognosebetrachtungen und komplizierten Renditeberechnungen.

Tatsächlich haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Einführung des § 15a EStG im Jahr 1980 wesentlich gewandelt. Zum einen sind viele Sonderabschreibungen und Bewertungswahlrechte entfallen, zum anderen haben alle Kreditinstitute ihre Vergabekriterien erheblich verschärft. Gleichwohl hat die Forderung nach einer Abschaffung im politischen Raum bisher kein Gehör gefunden. Diese Einschätzung wird deutlich belegt durch die Einführung des § 15b EStG anstelle des § 2b EStG. In § 15b Abs. 1 S. 3 EStG wird nämlich angeordnet, dass § 15a EStG nicht zum Zug kommt, wenn § 15b EStG anzuwenden ist. Damit räumt das Gesetz § 15b EStG Vorrang ein gegenüber § 15a EStG. Weil § 15b EStG zudem in erster Linie der Abwehr von Steuerstundungsmodellen dient, kommt § 15a EStG mehr als noch bisher für die "normale" KG in Betracht. Entscheidendes Unterscheidungskriterium gegenüber allen anderen Regelungen über eine Verlustausgleichsbeschränkung bleibt bei § 15a EStG das Entstehen oder die Erhöhung eines – schon bestehenden – negativen Kapitalkontos.

1.9.2 Verfassungsmäßigkeit

 

Rz. 98

Im Schrifttum wurde mehrfach auch die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift infrage gestellt. Während ein Teil der Autoren Unklarheiten und Kompliziertheit in Einzelpunkten beanstandete, sahen andere in der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers Ansatzpunkte für verfassungsrechtliche Bedenken.

Hierbei wurde einmal die unterschiedliche steuerliche Behandlung gegenüber einem Einzelunternehmer oder dem persönlich haftenden Gesellschafter herausgestellt, zum anderen kritisiert, dass der finanzielle Aufwand des Kommanditisten nicht oder nicht zeitgemäß berücksichtigt wird.

 

Rz. 99

Der BFH hat indes bereits mehrfach entschieden, dass er § 15a EStG grundsätzlich für verfassungsgemäß hält.[1] Die Entscheidungen betreffen sowohl § 15a EStG insgesamt als auch Einzelfragen zur Nichtberücksichtigung stiller Reserven, der erweiterten Haftung nur aufgrund von § 171 Abs. 1 HGB sowie der Nichtnutzbarkeit von verrechenbaren Verlusten durch spätere Einlagen. Gestützt wird dies im Wesentlichen auch durch die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde durch das BVerfG.[2]

 

Rz. 100

Ob dies insgesamt zutreffend ist, ist äußerst fraglich. Jedenfalls nicht verfassungsgemäß ist nach hiesiger Auffassung wegen Verstößen gegen das objektive Nettoprinzip und das Prinzip der Folgerichtigkeit die Regelung des § 15a Abs. 1a EStG, soweit dort nicht nur die nachträgliche Berücksichtigung von Einlagen versagt wird, sondern auch die zukünftige Nutzung in Form eines Korrekturpostens ausgeschlossen ist (Rz. 271ff.).[3]

 

Rz. 101

Anzumerken ist, dass der Kommanditist im Rahmen des § 15a EStG steuerlich in einer ähnlichen Situation ist wie der Gesellschafter i. S. v. § 17 EStG, der seine Beteiligung im Privatvermögen hält. Auch er kann seine Aufwendungen auf die Beteiligung – einschließlich offener und verdeckter Einlagen – ertragsteuerlich erst geltend machen, wenn er seinen Anteil veräußert oder die Gesellschaft liquidiert wird.

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