Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauherrengemeinschaft zur Modernisierung eines Miethauses (BGB-Gesellschaft): Haftungsbeschränkung und Inanspruchnahme der BGB-Gesellschafter

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 15a Abs.5 Nr.2 i.V.m. § 21 Abs.1 Satz 2 EStG sind verfassungsmäßig.

2. Haftet der BGB-Gesellschafter für Schulden der Gesellschaft persönlich, wenn auch beschränkt auf einen Bruchteil der Gesellschaftsschulden, so ist seine Haftung mit der eines Kommanditisten nicht vergleichbar i.S. des § 15a Abs.5 EStG.

3. Bei der Entscheidung, ob die Inanspruchnahme der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft für Schulden der Gesellschaft unwahrscheinlich ist (§ 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 2 EStG), sind die Gesamtumstände zu würdigen. Zu diesen gehören auch die Besonderheiten, die bei Bauherrengemeinschaften nach der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Durchführung des Modells bestehen.

 

Orientierungssatz

1. Die Feststellung eines nur verrechenbaren Werbungskostenüberschusses mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG i.d.F. des StBereinG 1986 darf auch schon für das Streitjahr 1984 verbunden werden (vgl. BFH-Rechtsprechung). Die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist Grundlagenbescheid für die Feststellung der nur verrechenbaren Werbungskostenüberschüsse.

2. § 15a Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG verstoßen weder gegen das Übermaßverbot des Art. 20 Abs. 3 GG noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (Anschluß an BFH-Beschluß vom 19.5.1987 VIII B 104/85).

 

Normenkette

EStG § 15a Abs. 4 S. 5, § 21 Abs. 1 S. 2; StBereinG 1986; EStG § 15a Abs. 5 Nr. 2 Alt. 1; EStG § 15a Abs. 5 Nr. 2 Alt. 2; AO 1977 § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2a; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1; BGB § 706 Abs. 1

 

Tatbestand

Die 17 Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) schlossen im Dezember 1984 mit der G Gesellschaft für Immobilien Treuhand mbH (G) einen vorformulierten Geschäftsbesorgungsvertrag mit umfassender Vollmacht. Sie beauftragten und bevollmächtigten den Geschäftsbesorger, in ihrem Namen und für ihre Rechnung alle Verträge abzuschließen, die erforderlich waren, um ein mit einem alten Mietwohnhaus bebautes Grundstück in B, zu erwerben und das Gebäude von Grund auf instandzusetzen. In dem Geschäftsbesorgungsvertrag wird das Investitionsvolumen der Baumaßnahmen einschließlich Grundstückserwerb auf rund 4,2 Mio DM festgelegt, von denen 922 000 DM durch Eigenkapital der Gesellschafter und 3,3 Mio DM durch Hypothekendarlehen aufgebracht werden sollen. Der Geschäftsbesorger ist nicht befugt, die Kläger zur Finanzierung des Bauvorhabens über die vorgesehenen Hypothekendarlehen (Ia- und Ib-Hypothek) hinaus anteilig zu verpflichten. Bei Vertragsschlüssen ist an Stelle einer gesamtschuldnerischen Haftung eine Haftung dergestalt zu vereinbaren, daß jeder Gesellschafter nur anteilig in Höhe seiner prozentualen Beteiligung an der Gesellschaft haftet.

Der Geschäftsbesorger schloß sodann für die Kläger die im Zusammenhang mit der Modernisierungsmaßnahme vorgesehenen Verträge. Dazu gehören:

a) Der Grundstückskaufvertrag.

b) Der Gesellschaftsvertrag, mit dem sich die Kläger zu der

Bauherrengemeinschaft M GbR zusammenschlossen und die G zum

Geschäftsführer bestellten. In dem Gesellschaftsvertrag sind die gleichen

Haftungsbeschränkungen und Einschränkungen der Vollmacht hinsichtlich der

Verpflichtung der einzelnen Bauherren enthalten wie im

Geschäftsbesorgungsvertrag. Der Geschäftsführer kann mit Wirkung für und

gegen alle Gesellschafter das Gesellschaftskapital verändern, wenn sich

bis zum Abschluß der Investitionsphase infolge einer nicht vorhergesehenen

Änderung des Investitionsvolumens eine Notwendigkeit der Anpassung des

Gesellschaftskapitals an die Verhältnisse ergibt. Eine Nachschußpflicht

besteht im Falle der Erhöhung des Gesellschaftskapitals nicht. Das erhöhte

Gesellschaftskapital ist durch Aufnahme weiterer Gesellschafter

aufzubringen oder durch einstimmigen Gesellschafterbeschluß neu

festzulegen.

c) Der Bauleistungsvertrag mit einem Generalbauunternehmer zu

einem Festpreis. Der Auftragnehmer übernimmt die

Verkehrssicherungspflicht.

d) Die Hypothekendarlehensverträge mit den Darlehensgebern und

die für Modernisierungsfonds üblichen Nebenverträge mit den Initiatoren.

Nach einer Außenprüfung stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr 1984, in dem noch nicht mit Baumaßnahmen begonnen worden war, unter weitgehender Anerkennung der Gebühren als sofort abziehbare Werbungskosten zuletzt auf 657 905 DM gesondert und einheitlich fest. In einer Anlage zum Feststellungsbescheid wies das FA von den negativen Einkünften insgesamt 447 317 DM als nach §§ 21 Abs.1 Satz 2, 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ausgleichs- und abzugsfähig aus. Als ausgleichs- und abzugsfähig sah es den Werbungskostenüberschuß nur insoweit an, als dieser die von den Klägern im Streitjahr geleisteten Kapitaleinlagen nicht überstieg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, mit der die Kläger die ersatzlose Aufhebung der Feststellung der nur verrechenbaren Werbungskostenüberschüsse begehrten. § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 EStG sei nicht anwendbar. Die Haftung der Kläger sei nicht mit der von Kommanditisten vergleichbar, weil sie nicht durch Vertrag auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sei. Zwar sei die gesamtschuldnerische Haftung abbedungen. Es bestehe aber --anders als bei Kommanditisten-- eine quotale Haftung der Gesellschafter. Es komme hinzu, daß die Haftungsbeschränkung auf einen bestimmten Bruchteil des Gesellschaftsvermögens nicht für Ansprüche des Fiskus und für deliktische Ansprüche gelte. Die Inanspruchnahme der Kläger als Gesellschafter sei auch nicht nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich. Es blieben trotz der in den einzelnen Verträgen vereinbarten Begrenzungen des Finanzierungsvolumens Haftungsrisiken, die über die eines Kommanditisten hinausgingen, nämlich für Steuern und aus Delikt. Derlei Haftungsrisiken seien nur dadurch auszuschließen, daß sich die GbR eines im eigenen Namen, wenn auch für fremde Rechnung auftretenden, beschränkt haftenden Geschäftsbesorgers bediene.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der es Verletzung des § 15a EStG rügt. Das FG habe zu der Frage, ob die Inanspruchnahme der Gesellschafter nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich sei, widersprechende Feststellungen getroffen. Einerseits würdige es die Verträge des Modernisierungsvorhabens dahin, bei den beitrittswilligen Gesellschaftern habe der Eindruck erweckt werden sollen, nur bis zur Höhe ihrer Einlage einstehen zu müssen. Andererseits stelle das FG fest, für die Gesellschafter bestünden Haftungsrisiken für Steuern und aus Delikt, die über die eines Kommanditisten hinausgingen. Gerade die Tatsache, daß die Kläger sich eines im eigenen Namen handelnden Geschäftsbesorgers nicht bedient hätten, zeige, daß ihre Inanspruchnahme nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich gewesen sei. Denn anders lasse sich nicht erklären, warum die Kläger von der aufgezeigten Möglichkeit einer gänzlichen Haftungsfreistellung keinen Gebrauch gemacht hätten.

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorentscheidung verletzt § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 2 EStG. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die von ihm gezogenen Schlußfolgerungen zu begründen, die Inanspruchnahme der Kläger für Schulden im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Vermietung des erworbenen Grundstücks sei nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich. Insoweit liegt ein materieller Rechtsfehler vor, der auch ohne entsprechende Rüge zu beachten ist.

I. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Feststellung des nur verrechenbaren Werbungskostenüberschusses mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 15a Abs.4 Satz 5 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 auch schon für das Streitjahr 1984 verbunden werden durfte (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19.Mai 1987 VIII B 104/85, BFHE 150, 514, BStBl II 1988, 5; vom 2.März 1988 IV B 95/87, BFHE 152, 522, BStBl II 1988, 617; BFH-Urteil vom 1.Juni 1989 IV R 19/88, BFHE 157, 181, BStBl II 1989, 1018). Nicht zu beanstanden ist auch die Rechtsauffassung des FG, die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und die Feststellung der nur verrechenbaren Werbungskostenüberschüsse seien jeweils selbständige Verwaltungsakte, die selbständig angefochten und selbständig bestandskräftig werden können. Die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist Grundlagenbescheid für die Feststellung der nur verrechenbaren Werbungskostenüberschüsse. Ist nur letztere angefochten, darf die Feststellung der Einkünfte im Rahmen dieses Anfechtungsverfahrens nicht überprüft werden. Der Senat muß daher unerörtert lassen, ob das FA die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zutreffend festgestellt hat.

II. Im Anschluß an den Beschluß in BFHE 150, 514, BStBl II 1988, 5 bejaht der erkennende Senat die Verfassungsmäßigkeit des § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 EStG. Wie der VIII.Senat entschieden hat, verstößt § 15a EStG weder gegen das Übermaßverbot noch gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Ausführungen des VIII.Senats gelten auch bei der entsprechenden Anwendung des § 15a EStG im Rahmen des § 21 Abs.1 Satz 2 EStG. Das Übermaßverbot (Art.20 Abs.3 des Grundgesetzes --GG--) ist schon deshalb nicht verletzt, weil die Anwendung des § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 EStG regelmäßig lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der Verrechenbarkeit der erzielten Werbungskostenüberschüsse führt (§ 15a Abs.2 EStG). Das Gleichheitsgebot (Art.3 Abs.1 GG) ist nicht dadurch verletzt, daß Bauherrengemeinschaften anders beurteilt werden als Einzelbauherren. § 15a Abs.5 Nr.2 EStG gilt zwar nur für Bauherrengemeinschaften in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft, nicht aber für Einzelbauherren (vgl. Bopp/Raupach in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 21 EStG, Grüne Blätter, Abschn.VII 3). Diese Unterscheidung ist jedoch sachlich gerechtfertigt, weil nur Bauherrengemeinschaften in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft die Möglichkeit haben, ihre persönliche Haftung durch entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrags einzuschränken oder auszuschließen und von dieser Möglichkeit --wie auch der Streitfall zeigt-- häufig Gebrauch machen. Einzelbauherren haften dagegen regelmäßig nicht nur mit dem vermieteten Grundstück, sondern mit ihrem gesamten Vermögen. Bei Bauherrengemeinschaften ist außerdem die Gefahr einer persönlichen Inanspruchnahme infolge der Beteiligung mehrerer Kapitalgeber und infolge der Möglichkeit, durch Verträge mit Dritten das Haftungsrisiko zu begrenzen (vgl. dazu unten Abschn.III 1), regelmäßig geringer als bei Einzelbauherren.

III. Der Rechtsstandpunkt des FG, die Haftung der Kläger für Schulden im Zusammenhang mit dem Modernisierungsvorhaben sei nicht durch Vertrag ausgeschlossen und insoweit nicht mit der eines Kommanditisten vergleichbar (§ 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 1 EStG), trifft zu.

1. Kennzeichnend für die Haftung eines Kommanditisten ist, daß er für Schulden der Kommanditgesellschaft nicht unmittelbar haftet, wenn er seine Hafteinlage geleistet hat (§ 171 Abs.1 des Handelsgesetzbuches --HGB--). Solange er seine Einlage nicht eingezahlt hat (und in den Sonderfällen des § 172 Abs.4 Satz 1 HGB), haftet der Kommanditist für Gesellschaftsschulden unmittelbar, d.h. mit seinem gesamten Vermögen jedoch betragsmäßig beschränkt auf die Höhe der noch nicht eingezahlten bzw. zurückbezahlten Hafteinlage. Der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft haftet dagegen den Gläubigern der Gesellschaft grundsätzlich unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen, wobei umstritten ist, wie diese persönliche gesamtschuldnerische Haftung dogmatisch zu begründen ist (Theorie der Doppelverpflichtung, Akzessorietätstheorie, vgl. BFH-Urteil vom 27.Juni 1989 VII R 100/86, BFHE 158, 1, BStBl II 1989, 952; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 30.April 1979 II ZR 137/78, BGHZ 74, 240, 242; MünchKomm-Ulmer, § 714 RdNr.23 ff.; differenzierend Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2.Aufl., § 60 III). Die unbeschränkte Haftung des Gesellschafters einer BGB-Gesellschaft besteht --anders als die eines Kommanditisten-- auch dann, wenn er seinen im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Beitrag (§ 706 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) geleistet hat.

Nach einhelliger Ansicht kann jedoch die Haftung des BGB-Gesellschafters auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden, und zwar entweder durch Einzelvereinbarung mit dem Gläubiger oder durch entsprechende Beschränkung der Haftung im Gesellschaftsvertrag und Einschränkung der Vertretungsmacht der für die Gesellschaft handelnden Organe, jedenfalls dann, wenn diese Einschränkung den Gläubigern der Gesellschaft erkennbar ist (Urteile des BGH vom 25.Oktober 1984 VII ZR 2/84, Der Betrieb --DB-- 1985, 432 für eine Bauherrengemeinschaft; vom 12.März 1990 II ZR 312/88, Betriebs-Berater --BB-- 1990, 1085, und vom 25.Juni 1992 I ZR 120/90, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1992, 1408; Friele, DB 1985, 2268; Karsten Schmidt, a.a.O., § 60 III 2 c S.1501; Palandt/Thomas, BGB, 52.Aufl., § 714 Anm.4). Ist die persönliche Haftung des Gesellschafters einer BGB-Gesellschaft in dieser Weise auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, so steht er insoweit einem Kommanditisten, der seine Hafteinlage geleistet hat, gleich. Die Haftung beider ist dann i.S. des § 15a Abs.5 Nr.2, § 21 Abs.1 Satz 2 EStG vergleichbar.

Die Vergleichbarkeit der Haftung eines Kommanditisten mit der eines BGB-Gesellschafters, der nur mit dem Gesellschaftsvermögen haftet, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kommanditist nach Leistung seiner Einlage weder für deliktische Ansprüche noch für öffentlich-rechtliche Ansprüche, insbesondere für Steuerschulden der Gesellschaft, haftet (Schilling in Staub, Großkomm.HGB, 3.Aufl., § 171 Anm.10; Schlegelberger, Karsten Schmidt, 5.Aufl., § 171 Anm.20; Tipke/Kruse, AO, vor § 69 Tz.17), während für BGB-Gesellschaften umstritten ist, ob die Gesellschafter für nicht vertraglich begründete Ansprüche haften und ob sie diese Haftung ggf. beschränken können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 158, 1, BStBl II 1989, 952 zur Haftung für Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer; Karsten Schmidt, a.a.O., § 60 III 5; Ulmer, a.a.O., § 714 RdNr.44; Jakob, BB 1989, 1312, 1317; jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Unterschiede in der Haftung eines Kommanditisten und der eines BGB-Gesellschafters schließen die Vergleichbarkeit i.S. des § 15a Abs.5 EStG nicht aus, weil es sich insoweit um Ausnahmefälle handelt, die die grundsätzliche Übereinstimmung der Haftungslagen nicht berühren (ebenso Schmidt, EStG, 11.Aufl., § 15a Anm.77; zweifelnd Jakob, BB 1989, 1312, 1317). Wollte man diese Unterschiede in der Beschränkbarkeit der Haftung durchschlagen lassen, wäre für eine Anwendung des § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 1 EStG kein Raum, weil dann die Haftungslagen in aller Regel nicht vergleichbar wären, während der Gesetzgeber von der Vergleichbarkeit ausgeht.

Der Vergleichbarkeit der Haftung steht auch nicht entgegen, daß nur der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft im Fall der Liquidation der Gesellschaft nachschußpflichtig ist (§ 735 BGB). Die (abdingbare) Nachschußpflicht der BGB-Gesellschafter besteht nur im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern, nicht gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft (vgl. Ulmer, a.a.O., § 735 RdNr.4; Palandt/Thomas, a.a.O., § 735 Anm.3) und betrifft nicht die in § 15a Abs.5 Nr.2 EStG geregelte Inanspruchnahme des Gesellschafters für Schulden in Zusammenhang mit dem Betrieb der Gesellschaft, sondern die Inanspruchnahme des Gesellschafters durch die Mitgesellschafter nach Einstellung des Betriebs und Verrechnung von Vermögen und Schulden der Gesellschaft.

2. Die Haftung eines BGB-Gesellschafters läßt sich dagegen unter dem Blickwinkel der ersten Alternative des § 15a Abs.5 Nr.2 EStG nicht mit der eines Kommanditisten nach Leistung seiner Hafteinlage vergleichen, falls der BGB-Gesellschafter mit seinem Privatvermögen in Anspruch genommen werden kann, wenn auch nicht als Gesamtschuldner, sondern nur zu einem bestimmten Bruchteil, etwa in Höhe seines Anteils am Gesellschaftsvermögen (quotale Haftungsbeschränkung). Der Kommanditist haftet nach Leistung seiner Einlage den Gläubigern der Gesellschaft überhaupt nicht mehr, während der BGB-Gesellschafter mit nur quotal begrenzter Haftung mit seinem gesamten Vermögen haftet, allerdings beschränkt auf einen bestimmten Bruchteil der Gesamthandsschuld.

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Entscheidung des FG insoweit als zutreffend, als es davon ausgegangen ist, daß die Inanspruchnahme der Kläger für Schulden des Modernisierungsfonds nicht durch Vertrag ausgeschlossen war, wie es § 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 1 EStG voraussetzt. Die persönliche Inanspruchnahme der Kläger war nach dem Gesellschaftsvertrag, der Vollmacht des Geschäftsbesorgers und nach den Darlehensverträgen sowie den weiteren Verträgen des Modernisierungsfonds nur quotal beschränkt. Die Kläger hafteten zu einem bestimmten Bruchteil der Gesamthandsschulden persönlich. Daß der Geschäftsbesorger nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag nicht befugt war, die Kläger zur Finanzierung des Bauvorhabens über die vorgesehenen Hypothekendarlehen hinaus anteilig zu verpflichten, ändert an ihrer persönlichen Haftung nichts.

IV. Dagegen hält die Vorentscheidung der revisionsgerichtlichen Überprüfung insoweit nicht stand, als das FG entschieden hat, auch die zweite Alternative des § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 EStG --Unwahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Kläger für Schulden in Zusammenhang mit dem Betrieb nach Art und Weise der Vermietungstätigkeit-- greife nicht ein.

1. Bei der zweiten Alternative des § 15 Abs.5 Nr.2 EStG kommt es nicht darauf an, ob die persönliche Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft durch Vertrag ausgeschlossen (auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt) ist. Bedeutsam ist vielmehr, ob die persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter nach den tatsächlichen Verhältnissen, insbesondere der Art und Weise der Vermietungstätigkeit, unwahrscheinlich ist. Ist das der Fall, so ist das Haftungsrisiko des BGB-Gesellschafters so begrenzt, daß seine Haftung aus tatsächlichen Gründen mit der eines Kommanditisten nach Leistung der Einlage vergleichbar ist.

2. Die Entscheidung, ob die persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter unwahrscheinlich ist, hängt von einer umfassenden Würdigung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse ab, die dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. Das FG hat dabei --im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 15a Abs.5 Nr.2 EStG--, z.B. die Art und Weise der Vermietungstätigkeit, die zu erwartende Höhe der Erträge und Aufwendungen, die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft, Sicherheiten und Garantien, die von dritter Seite den Gesellschaftern gewährt wurden, dingliche Sicherungen der Gläubiger, die Zahlungsfähigkeit der Mieter, festzustellen und zu würdigen. Von Bedeutung ist auch, wie das Vertragswerk im Einzelfall tatsächlich durchgeführt worden ist, insbesondere ob die Gesellschafter als Haftende in Anspruch genommen worden sind oder doch konkret damit rechnen mußten.

Bei der Würdigung der Gesamtumstände muß das FG auch die Besonderheiten von BGB-Gesellschaften berücksichtigen, die --wie die sog. Modernisierungsfonds oder andere Bauherrengemeinschaften-- von gewerblich tätigen Initiatoren nach einheitlichem Muster gegründet werden und deren Tätigkeit sich auf den Erwerb und die Vermietung eines oder mehrerer Grundstücke beschränkt. Das von Fachleuten entworfene Vertragswerk ist in diesen Fällen regelmäßig so gestaltet, daß einem vorhersehbaren finanziellen Gesamtaufwand für den Erwerb des Grundstücks, die Errichtung der Gebäude bzw. deren Sanierung und für die Nebenkosten (Gebühren) ein Finanzierungsplan gegenübersteht, der ausweist, wie dieser Gesamtaufwand durch Aufnahme von dinglich gesicherten Fremdmitteln und Eigenkapital der Gesellschafter gedeckt wird. Anbieter und Anleger gehen davon aus, daß die Gesellschafter über ihren Kapitaleinsatz hinaus nicht persönlich haften werden. In den Werbeprospekten für diese Modelle werben die Anbieter --wie auch im Streitfall-- damit, daß die Haftung auf das Eigen- und Fremdkapital oder auf die Beteiligung beschränkt sei und infolge hoher Wertsteigerungen des erworbenen Grundstücks und hoher Rendite --über die Steuervorteile hinaus-- die Investition besonders lohnend sei. Der Anreiz, sich an solchen Fonds bzw. Modellen zu beteiligen, besteht gerade darin, Steuervorteile in Anspruch nehmen zu können, ohne der Gefahr einer persönlichen Inanspruchnahme ausgesetzt zu sein. Für die Bauphase wird das Risiko der persönlichen Inanspruchnahme bei diesen Modellen darüber hinaus in aller Regel durch Nebenverträge --Bürgschaften für die Kredite, Höchstzinsgarantien durch die Initiatoren, Übernahme der Verkehrssicherungspflicht durch den Generalbauunternehmer-- abgesichert. Das Risiko vermindert sich ferner, wenn die Gesellschafter nicht als Gesamtschuldner, sondern nur für einen Bruchteil der Gesellschaftsschulden haften und die Gläubiger der Finanzierungsdarlehen dinglich gesichert sind. Für die Zeit nach Beendigung der Bauphase sind Einnahmen und Ausgaben so kalkuliert, daß kein Ausgabenüberschuß entsteht.

Die aufgezeigten Umstände bilden in aller Regel gewichtige Indizien dafür, daß für die Gesellschafter keine wesentlichen Risiken bestehen, die nicht aus dem Gesellschaftsvermögen --ggf. durch Neuaufnahme von Gesellschaftern oder durch Erhöhung der Beiträge der bisherigen Gesellschafter-- oder durch Aufnahme weiterer Darlehen durch die Gesellschaft oder durch Inanspruchnahme Dritter --etwa des Schädigers oder von Bürgen-- gedeckt werden können. Unsubstantiierte Hinweise auf mögliche Haftungsrisiken, die jede BGB-Gesellschaft treffen können, z.B. auf noch nicht konkretisierte deliktische Ansprüche oder mögliche Steuernachforderungen gegen die Gesellschaft, reichen nicht aus. Die Gesellschafter müssen vielmehr darlegen, daß und welche persönlichen Haftungsrisiken aus der Sicht des Streitjahres konkret bestanden. Bestehen konkrete Haftungsrisiken, so ist im Zweifel die persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter nicht unwahrscheinlich (vgl. BFH-Urteil vom 14.Mai 1991 VIII R 111/86, BFHE 164, 526, BStBl II 1992, 164). Lassen sich dagegen keine Umstände feststellen, welche die durch die Verträge des Bauherrenmodells begründeten Indizien erschüttern und ein konkretes Haftungsrisiko belegen, tragen die Gesellschafter insoweit die Feststellungslast.

3. Bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der persönlichen Inanspruchnahme ist nicht nur auf die Verhältnisse am Ende des Feststellungszeitraums abzustellen und zu prüfen, ob in diesem Zeitpunkt ein Haftungsrisiko bestand. Wie der VIII.Senat in dem Urteil in BFHE 164, 526, BStBl II 1992, 164 zur Parallelvorschrift des § 15a Abs.1 Satz 3 EStG entschieden hat, ist auch die voraussehbare künftige Entwicklung einzubeziehen. Dieser Rechtsauffassung hat sich zwischenzeitlich die Finanzverwaltung angeschlossen (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 20.Februar 1992, BStBl I 1992, 123, Tz.2.1). Sie gilt auch bei der entsprechenden Anwendung des § 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 2 EStG im Rahmen des § 21 Abs.1 Satz 2 EStG. Die Einschränkung der Ausgleichsfähigkeit negativer Einkünfte bei BGB-Gesellschaften stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, daß Gesellschafter für Schulden der Gesellschaft persönlich haften und deshalb ihre negativen Einkünfte voll ausgleichsfähig sind. Deshalb ist auch in diesem Bereich eine vorsichtige Beurteilung geboten, die die künftige Entwicklung einbezieht, soweit sie im Feststellungszeitraum bereits erkennbar ist.

4. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Wie das FA zutreffend rügt, ist die Schlußfolgerung des FG, die persönliche Inanspruchnahme der Kläger für Schulden der Gesellschaft sei nicht unwahrscheinlich, nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen begründet. Das FG hat die Anwendung des § 21 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs.5 Nr.2 Alternative 2 EStG mit dem Hinweis abgelehnt, bei Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft sei das Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme für deliktische Ansprüche und für Steuerforderungen sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht ausschließbar. Diese durch keine tatsächlichen Feststellungen über konkrete Risiken getragenen allgemeinen Aussagen über die Haftungsrisiken von BGB-Gesellschaften reichen nicht aus, um die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme im Streitfall zu belegen. Die Kläger waren an einem Modernisierungsfonds beteiligt, der eine weitgehende Absicherung ihres Haftungsrisikos durch Übernahme von Garantien und Verkehrssicherungspflichten durch Dritte vorsah. Der Geschäftsführer war außerdem gehalten, nicht vorhergesehene Investitionen bis zum Abschluß der Investitionsphase durch Aufnahme weiterer Gesellschafter oder Neufestsetzung des Gesellschaftskapitals abzudecken.

Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat vermag aufgrund der vom FG festgestellten Tatsachen nicht abschließend zu entscheiden, ob die Gefahr einer persönlichen Inanspruchnahme der Kläger im Streitfall bestand oder nicht. Die Vorinstanz wird unter Beachtung der Mitwirkungspflicht der Kläger aufzuklären haben, ob nach den in den Streitjahren erkennbaren Umständen trotz der Absicherung durch die Verträge des Modernisierungsfonds die persönliche Inanspruchnahme nicht unwahrscheinlich war. In diesem Zusammenhang werden die Kläger auch darzulegen haben, warum sie mögliche Risiken nicht aus dem Gesellschaftsvermögen --ggf. durch Neuaufnahme von Gesellschaftern oder durch Nachschuß von Eigenkapital-- oder durch Aufnahme von Krediten durch die Gesellschaft oder durch die Inanspruchnahme Dritter abdecken konnten.

Sollte das FG bei seiner erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis kommen, daß die persönliche Inanspruchnahme der Kläger aus der Sicht des Streitjahres unwahrscheinlich war, wird das hinsichtlich der Höhe der nur verrechenbaren Werbungskostenüberschüsse die zu der Frage der Einbeziehung von Sonderbetriebsvermögen ergangenen BFH-Urteile vom 14.Mai 1991 VIII R 31/88 (BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167) und vom 8.September 1992 IX R 335/87 (DB 1993, 206) beachten müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64370

BStBl II 1994, 492

BFHE 170, 497

BFHE 1993, 497

BB 1993, 1511 (L)

DB 1993, 1496-1499 (LT)

DStR 1993, 1176 (KT)

DStZ 1993, 538 (KT)

HFR 1993, 571 (KT)

StE 1993, 392 (K)

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