Rz. 74

Bei diesem Tatbestand handelt es sich um einen Auffangtatbestand. Der Katalog der Betriebsarten in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist nicht abschließend. Zudem definiert § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG den Kernbereich landwirtschaftlicher Urproduktion.[1] Unter den Auffangtatbestand fallen insbesondere die Erzeugung von Pflanzen auf der Grundlage von Substraten und Wasser und die Züchtung von Pflanzen, die weder Obst, Gemüse, Blumen, Zierpflanzen oder Gehölze darstellen.

 

Rz. 75

Der Begriff "Pflanzen und Pflanzenteile" ist weit auszulegen. Deshalb gehören nicht nur solche, die üblicherweise der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung zugerechnet werden, wie z. B. Getreide, Kartoffeln, Gras oder Stamm- und Knüppelholz dazu, sondern auch Bodenprodukte wie z. B. Zierpflanzen, Schmuckgrün oder Heilpflanzen. Ebenfalls hierzu gehören "fleischfressende" Pflanzen und Pflanzen, die ausschließlich von Pilzpartnern ernährt werden sowie der Pilzanbau und die Erzeugung von Saatgut. Zur Pilzzucht rechnet die Produktion von Speisepilzen z. B. in Kellern, Kästen, Stroh, Dung oder auf Baumstämmen.

 

Rz. 76

Voraussetzung für das Vorliegen einer land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist die Erzeugung von Pflanzen und/oder Pflanzenteilen. Fehlt es an dieser Erzeugung, kann selbst dann keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vorliegen, wenn eine der Art nach sonst übliche land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Nicht von Bedeutung ist, ob die Pflanzen auf dem Acker oder Grünland, im Garten, im Freien oder im Gewächshaus, im Blumentopf oder in Kästen, in Containern oder auch ohne natürliche Erde, z. B. in einem Hydrokultur-System, gewachsen sind. Unschädlich ist es, wenn die Erntearbeiten Dritten überlassen werden.[2]

 

Rz. 77

Die Pflanzen oder Pflanzenteile müssen im eigenen Betrieb mithilfe der Naturkräfte erzeugt werden. Entscheidend ist, dass sie nicht durch menschliche oder maschinelle Be- oder Verarbeitung aus erworbenen Pflanzen oder Pflanzenteilen entstanden sind, sondern dass der maßgebende Erzeugungsprozess im eigenen Betrieb auf den Wachstumskräften der Natur beruht. Der Umstand, dass dafür ggf. Pflanzenteile, z. B. Saatgut, oder Pflanzen, z. B. Sämlinge oder Jungpflanzen, erworben werden müssen, steht der Erzeugung von Pflanzen oder Pflanzenteilen mithilfe der Naturkräfte nicht entgegen, solange für das Erzeugnis der natürliche Wachstumsprozess im eigenen Betrieb den Ausschlag gibt. Für die Zuordnung zur land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung kommt es somit darauf an, dass für die Eigenart des Enderzeugnisses noch die Naturkräfte und nicht eine gewerbliche oder handwerkliche Weiterverarbeitung die eigentliche Rolle spielen. Das Enderzeugnis muss nach der Verkehrsauffassung noch als land- und forstwirtschaftliches und nicht als ein gewerbliches Erzeugnis angesehen werden. Deshalb kann die Erzeugung von Pflanzenteilen aus erworbenen Pflanzen ohne dazwischen liegenden Wachstumsprozess, z. B. von Schnittblumen aus erworbenen Topfblumen, oder der Absatz von erworbenen Pflanzen, z. B. die Veräußerung von Pilzen, die nicht im eigenen Betrieb gesammelt wurden, nicht zur eigentlichen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit gerechnet werden. Auch das Ernten und die anschließende Veräußerung von auf Flächen Dritter bereits erzeugtem, stehendem Reet aufgrund eines jährlich neu abgeschlossenen Vertrags ist keine landwirtschaftliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit.[3] Solche Tätigkeiten haben keine Verbindung mehr mit selbst betriebener Erzeugung von Pflanzen und Pflanzenteilen mithilfe der Naturkräfte. Anders ist dies, wenn über die Reetgewinnungsflächen vertragliche Vereinbarungen über einen längeren Zeitraum abgeschlossen worden sind und diese auch Verpflichtungen des Nutzungs- und Aberntungsberechtigten zur Instandhaltung und Pflege der Reetgewinnungsflächen beinhalten. In diesen Fällen erzielt der Nutzungsberechtigte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.

[1] Paul, in H/H/R, EStG/KStG, § 13 EStG Rz. 68.
[3] Schleswig-Holsteinisches FG v. 18.3.1992, IV 504/90, EFG 1993, 351.

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