5.1 Bedeutung von Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2

 

Rz. 37

Die Ausnahmeregelungen in § 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 EStG[1] sind im Zusammenhang mit dem aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (§ 5 Abs. 1 EStG) folgenden (imparitätischen) Realisationsprinzip zu sehen. Das Realisationsprinzip führt zu einem Gewinnausweis dann, wenn der Gewinn durch einen Umsatzakt am Markt oder durch ein vergleichbares Ereignis tatsächlich und sicher erwiesen ist.[2] Entscheidend ist danach, wann die Leistung des Kaufmanns erbracht ist. Bereits in diesem Zeitpunkt ist der Anspruch auf die Gegenleistung zu buchen. Der Gewinn wird dadurch in dem Vz berücksichtigt, in dem er durch die Leistung des Kaufmanns wirtschaftlich begründet ist (§ 5 EStG Rz. 66ff.).

 

Rz. 38

Das Zufluss- und Abflussprinzip nach § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 EStG führt im Gegensatz dazu nicht zu einer periodengerechten Berücksichtigung des Ertrags im Besteuerungszeitraum des wirtschaftlichen Entstehens, sondern – aus Vereinfachungsgründen – im Zeitpunkt der Leistung der Ausgabe bzw. des Zuflusses der Einnahme. Dies führt in den Fällen zu willkürlichen Ergebnissen, in denen Einnahmen und Ausgaben wegen des zeitlichen Auseinanderfallens von Leistung und Gegenleistung nicht in dem Veranlagungszeitraum steuerlich berücksichtigt werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören (Rz. 3).

 

Rz. 39

§ 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 EStG[3] sind Ausnahmeregelungen vom allgemeinen Prinzip des Zuflusses und Abflusses. Bei um die Jahreswende fällig werdenden und in diesem Zeitraum geleisteten regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben sollen Zufallsergebnisse dadurch vermieden werden, dass – in Annäherung an die Grundsätze der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich – diese Zu- und Abflüsse dem Kj. zugeordnet werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören.[4]

Die Ausnahmeregelung bezweckt aber nicht, allgemein eine gleichmäßige Leistungsbesteuerung durch eine periodengerechte Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben und damit eine Annäherung an die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zu erreichen. Sie ist vielmehr als eine eng begrenzte Ausnahmeregelung vom allgemeinen Grundsatz restriktiv auszulegen.[5] Um den Grundsatz des Zufluss- und Abflussprinzips nicht zu sehr einzuschränken, findet die Ausnahmeregelung bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben daher nur Anwendung, wenn Fälligkeitszeitpunkt und Leistungszeitpunkt in den Zeitraum um die Jahreswende fallen. Da Zufallsergebnisse nicht nur bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben auftreten, wird z. T. auch die ersatzlose Streichung der Ausnahmeregelung befürwortet.[6]

 

Rz. 40

Die Ausnahmeregelung gilt nur für die Abgrenzung zwischen 2 Kj. Sie gilt nicht für die Frage, wem während des Kj. geflossene Zahlungen zuzuordnen sind. § 11 Abs. 1 S. 2 EStG ist deshalb nicht entsprechend anwendbar, wenn z. B. das monatlich im Voraus gezahlte Ruhegehalt dem Erblasser noch am Ende des Vormonats zugegangen ist, er aber vor Beginn des nächsten Monats verstorben ist. Die Zahlung ist noch beim Erblasser zu berücksichtigen.[7]

§ 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 EStG gelten entsprechend, wenn das Wirtschaftsjahr vom Kj. abweicht.[8]

5.2 Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen

5.2.1 Voraussetzungen der Durchbrechung des Zuflussprinzips

 

Rz. 41

Das allgemeine Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 S. 1 EStG wird im Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG unter folgenden Voraussetzungen durchbrochen:

  • Es muss sich um regelmäßig wiederkehrende Einnahmen handeln.
  • Die Einnahmen müssen dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj. zugeflossen sein.
  • Nach derzeitig h. M. müssen die Einnahmen kurze Zeit vor oder nach dem Jahreswechsel fällig sein (Rz. 45).[1]
  • Die Einnahmen müssen bei Zufluss kurz vor Jahreswechsel wirtschaftlich in das nächste Kj., bei Zufluss kurz nach Jahreswechsel in das vorhergehende Kj. gehören.

5.2.2 Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen

 

Rz. 42

Einnahmen sind wiederkehrend, wenn die Zahlungen von vornherein und ihrer Natur nach nicht einmal – oder rein zufällig mehrmals –, sondern aufgrund des bestehenden Rechtsverhältnisses in regelmäßiger Wiederkehr zu erbringen sind, z. B. Mietzahlungen, Zinsen, Gehälter.[1] Entscheidend ist, ob sich die Erbringung wiederkehrender Leistungen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ergibt.[2] Deshalb fallen Ratenzahlungen in Erfüllung einer einmaligen Leistungspflicht nicht darunter, ebenso wenig freiwillig erbrachte wiederkehrende Leistungen.[3] Die Einnahme muss ihrer Art nach...

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