2.2.3.1 Grundregel: Anwendung des § 22 Abs. 2 UmwStG (§ 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 1 UmwStG)

 

Rz. 202

Sachliche Anwendungsvoraussetzung für § 22 Abs. 1 UmwStG ist die vorangegangene Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert.

In den sachlichen Anwendungsbereich des § 20 UmwStG fallen nur (Teil-)Betriebe und Mitunternehmeranteile.

Die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (oder Genossenschaft) fällt dagegen nach der hier vertretenen Auffassung grundsätzlich in den sachlichen Anwendungsbereich des § 21 UmwStG (lex specialis). Ausnahmsweise fällt die (Mit-)Einbringung von Anteilen doch in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG, wenn die Anteile zusammen mit einem (Teil-)Betrieb oder Mitunternehmeranteil eingebracht werden und zu diesem (Teil-)Betrieb oder Mitunternehmeranteil auch ein besonderes Zugehörigkeitsverhältnis besteht.[1]

Daher gibt es im Ergebnis Anteils(mit)einbringungen, die in den Anwendungsbereich des § 21 UmwStG fallen und deshalb nur unter den weiteren Buchwertvoraussetzungen des § 21 UmwStG steuerneutral erfolgen können, und es gibt Anteilsmiteinbringungen, die in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG fallen und deshalb nur unter den Buchwertvoraussetzungen des § 20 UmwStG steuerneutral durchgeführt werden können.

 

Rz. 203

Vor diesem Hintergrund regelt § 22 Abs. 1 S. 5 UmwStG für mit eingebrachte Anteile das Anwendungskonkurrenzverhältnis von § 22 Abs. 1 UmwStG zu § 22 Abs. 2 UmwStG.

Nach der Grundregel des § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 1 UmwStG kommt für mit eingebrachte Anteile ausschließlich § 22 Abs. 2 UmwStG zur Anwendung, sodass die auf die mit eingebrachten Anteile entfallenden erhaltenen Anteile gem. § 22 Abs. 1 UmwStG nicht sperrfristverstrickt sind und daher jederzeit veräußert werden können, ohne dass es zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I kommt.

 

Rz. 204

Sofern die erhaltenen Anteile, die auf die mit eingebrachten Anteile entfallen, körperlich und buchhalterisch nicht genau identifizierbar sind, gelten die insgesamt erhaltenen Anteile quotal als sperrfristverstrickt. Dies hat zur Folge, dass, wenn z. B. 60 % der insgesamt erhaltenen Anteile veräußert werden, es auch im Umfang von 60 % zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I für das eingebrachte übrige (ohne mit eingebrachte Anteile) Betriebsvermögen kommt.[2]

2.2.3.2 Ausnahme bei Beschränkung bzw. Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts an den erhaltenen Anteilen (§ 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG)

 

Rz. 205

Aufgrund der unterschiedlichen Buchwertvoraussetzungen von § 20 UmwStG und § 21 UmwStG gibt es Anteils(mit)einbringungen, die in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG fallen und aufgrund dessen Buchwertvoraussetzungen steuerneutral durchgeführt werden können, die aber nicht steuerneutral bzw. nur unter Hinnahme einer erweiterten Steuerverhaftung der erhaltenen Anteile durchgeführt werden könnten, wenn sie in den Anwendungsbereich des § 21 UmwStG fielen.

 

Rz. 206

Diese Anteils(mit)einbringungen, in denen der Einbringende im Einbringungszeitpunkt von der vorrangigen Anwendung des § 20 UmwStG profitiert, sind die Fälle, in denen das Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen, nicht aber an den mit eingebrachten Anteilen durch die Einbringung ausgeschlossen oder beschränkt wird.[1] Genau für diese Fälle schreibt § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG vor, dass neben § 22 Abs. 2 UmwStG auch § 22 Abs. 1 UmwStG zur Anwendung kommt.

 

Rz. 207

In diesen Fällen geht es nicht um die Verhinderung von Steuervorteilen aus einer "innerstaatlichen Statusverbesserung", da insoweit Anteile gegen Anteile getauscht werden. Es geht hier vielmehr darum, dass das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen gegenüber dem im Zeitpunkt vor der Einbringung bestehenden Besteuerungsrecht an den mit eingebrachten Anteilen beschränkt oder ausgeschlossen wurde.

Daher könnte ein Missbrauch darin bestehen, im Inland steuerverhaftete Anteile über § 20 Abs. 1 UmwStG steuerneutral zu tauschen und anschließend die nur noch beschränkt oder überhaupt nicht mehr im Inland steuerverhafteten erhaltenen Anteile zu veräußern. Davor soll die zusätzliche Anwendung des § 22 Abs. 1 UmwStG "abschrecken".

 

Rz. 208

Würde die Anteils(mit)einbringung in den Anwendungsbereich des § 21 UmwStG fallen, wäre sie nur steuerneutral möglich, wenn die Voraussetzungen der Fusionsrichtlinie erfüllt wären. In diesen Fällen würde das deutsche Besteuerungsrecht jedoch dadurch gesichert, dass die erhaltenen Anteile gem. § 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Hs. 2 UmwStG ungeachtet eines DBA dauerhaft in Deutschland steuerverhaftet blieben.

Durch die Anwendung des § 22 Abs. 1 UmwStG bleiben die erhaltenen Anteile dagegen nur innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist quasi-steuerverhaftet.

Daher kann für diese Anteils(mit)einbringungen die Anwendung des § 20 UmwStG günstiger sein, da die erhaltenen Anteile dann nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden können und nur noch beschränkt oder überhaupt nicht mehr der deutschen Besteuerung unterliegen.

 

Rz. 209

Nach der Gesetzesbegründung[2] soll § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG insbesondere die Fälle erfassen, in denen ein beschr...

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