2.1 Allgemeines

 

Rz. 16

§ 22 Abs. 1 UmwStG regelt die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns I für den Fall, dass der Einbringende die aus einer Sacheinlage gem. § 20 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert erhaltenen Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert oder die Voraussetzungen eines der in § 22 Abs. 1 S. 6 UmwStG genannten Ersatztatbestände erfüllt werden. Innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist werden die erhaltenen Anteile auch als (originär) sperrfristverstrickte Anteile bezeichnet.

 

Rz. 17

Gem. § 22 Abs. 1 S. 6 UmwStG werden diverse Ersatztatbestände einer Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile durch den Einbringenden gleichgestellt.[1]

 

Rz. 18

§ 22 Abs. 1 UmwStG gilt grundsätzlich nicht für im Rahmen des § 20 Abs. 1 UmwStG mit eingebrachte Anteile an Kapitalgesellschaften (oder Genossenschaften). Insoweit kommt gem. § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 1 UmwStG grundsätzlich nur § 22 Abs. 2 UmwStG zur Anwendung. Ausnahmsweise ist neben § 22 Abs. 2 UmwStG gem. § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG auch § 22 Abs. 1 UmwStG anzuwenden, wenn das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen im Vergleich zu dem Besteuerungsrecht an den mit eingebrachten Anteilen vor dem Einbringungszeitpunkt ausgeschlossen oder beschränkt worden ist.

 

Rz. 19

Als Rechtsfolge einer Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile ordnet § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG die rückwirkende Besteuerung des sogenannten "Einbringungsgewinns I" im Wirtschaftsjahr der vormaligen Einbringung an. Obgleich der Einbringungsgewinn als Gewinn i. S. d. § 16 EStG gilt, kommen die Steuervergünstigungen der §§ 16 und 34 EStG nicht zur Anwendung.

 

Rz. 20

Verfahrenstechnisch wird die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns I dadurch sichergestellt, dass § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG die Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile als rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO einordnet.

 

Rz. 21

Gem. § 22 Abs. 1 S. 3 UmwStG entspricht der Einbringungsgewinn I in einem ersten Schritt dem gemeinen Wert des eingebrachten Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang und abzüglich des Buchwerts, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt hatte. Dieser vorläufige Einbringungsgewinn mindert sich in einem zweiten Schritt noch um ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr.

 

Rz. 22

Die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile erfolgt nach den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen und wird durch § 22 Abs. 1 S. 4 und 7 UmwStG nur insoweit beeinflusst, als der Einbringungsgewinn I als nachträgliche Anschaffungskosten der sperrfristverstrickten Anteile gilt.

2.2 Anwendungsbereich (§ 22 Abs. 1 S. 1, 5 und 6 UmwStG)

2.2.1 Grundtatbestand: Veräußerung der erhaltenen Anteile (§ 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG)

2.2.1.1 Allgemeines

 

Rz. 23

Die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns I setzt gem. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG voraus, dass

  • eine Sacheinlage unter dem gemeinen Wert[1] vorausgegangen ist und
  • der Einbringende
  • erhaltene Anteile
  • innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt
  • veräußert.

2.2.1.2 Sacheinlage unter dem gemeinen Wert

 

Rz. 24

Die Vorschrift betrifft nur Einlagevorgänge unter der Geltung des UmwStG i. d. F. des SEStEG. Es werden auch nur Sacheinlagen erfasst, bei denen die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen gem. § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG auf Antrag mit einem niedrigeren Wert als dem gemeinen Wert angesetzt hatte.

 

Rz. 25

Es kommt auch dann ausschließlich auf den Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft an, wenn der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft von dem zwischen dem Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft ggf. vertraglich vereinbarten Wertansatz abweicht.

 

Rz. 26

Kontovers diskutiert werden die Fälle, in denen der tatsächliche Wertansatz nicht dem gesetzlich zulässigen Wertansatz entspricht, z. B. weil ohne Antragstellung tatsächlich nur ein Zwischenwert angesetzt wurde, und eine Bilanzberichtigung ausnahmsweise nicht mehr möglich sein sollte. In den Fällen, in denen der tatsächlich angesetzte Wert von dem gesetzlich gebotenen Wert abweicht, kommt es allein auf den gesetzlich gebotenen Wert an.[1]

 

Rz. 27

Auch wenn für einzelne Wirtschaftsgüter z. B. gem. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 UmwStG der gemeine Wert anzusetzen war, so handelt es sich doch insgesamt um eine Sacheinlage unter dem gemeinen Wert.

[1] Stangl, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2019, § 22 Rz. 53.

2.2.1.3 Einbringender

2.2.1.3.1 Allgemeines

 

Rz. 28

Einbringender ist grundsätzlich derjenige Rechtsträger, dem im Zuge der Sacheinlage die neuen Anteile gewährt wurden ("originär Einbringender"). In den Fällen der unentgeltlichen Rechtsnachfolge gilt gem. § 22 Abs. 6 UmwStG der Rechtsnachfolger als Einbringender ("derivativ Einbringender").

Rz. 29 einstweilen frei

2.2.1.3.2 Originär Einbringender

 

Rz. 30

Nach der hier vertretenen Auffassung sind für den Fall, dass übertragender Rechtsträger ("Ausgangsrechtsträger") eine Personengesellschaft ist, immer auch die Gesellschafter der Personengesellschaft (mittelbar) Einbringende und zwar auch dann, wenn - wie z. B. im Falle der Ausgliederung - die Personengesell...

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