Rz. 18

§ 23 Abs. 1 erweitert die in § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG vorgesehenen Einbringungsmöglichkeiten. Während aufnehmende Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft sein muß (vgl. § 20 Rz. 23 ff.), läßt § 23 Abs. 1 UmwStG darüber hinaus eine steuerneutrale Einbringung auch in eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft zu. Der eingebrachte (Teil-)Betrieb wechselt damit aus dem Bereich der unbeschränkten in den Bereich der beschränkten Steuerpflicht[1]. Er wird zu einer inländischen Betriebsstätte der übernehmenden, beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft. Der bisherige inländische (Teil-)Betrieb verwandelt sich in eine inländische Betriebsstätte. Die Einbringung eines inländischen (Teil-)Betriebs in eine ausländische Betriebsstätte fällt hingegen nicht unter § 23 Abs. 1 UmwStG.

 

Rz. 19

 
Praxis-Beispiel

Die im Inland ansässige X-GmbH bringt einen inländischen Teilbetrieb in die österreichische Y-GmbH ein. Die X-GmbH erhält als Gegenleistung Anteile an der österreichischen Y-GmbH. Dieser Einbringungsvorgang erfüllt den Tatbestand des § 23 Abs. 1 UmwStG. Die österrreichische Y-GmbH wird mit ihrer neuen inländischen Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig in Deutschland.

 

Rz. 20

Zur grenzüberschreitenden Umstrukturierung eines Konzerns überträgt beispielsweise eine inländische Muttergesellschaft im Wege einer Outbound Verlagerung einen Teilbetrieb auf eine ausländische Tochtergesellschaft. Oder ein Betrieb wird im Wege der kapitalistischen Betriebsaufspaltung von der inländischen Muttergesellschaft als Besitzgesellschaft an eine neue oder bereits bestehende deutsche Betriebsstätte einer ausländischen Tochtergesellschaft verpachtet. Im Zuge dessen wird auch Betriebsvermögen, etwa ein Teilbetrieb, übertragen[2].

 

Rz. 21

Bringt eine inländische, unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft einen (Teil-)Betrieb in eine ausländische, beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsanteilen ein, so hat die übernehmende EU-Kapitalgesellschaft für die übernommenen Wirtschaftsgüter ihrer damit entstandenen inländischen Betriebsstätte das Bewertungswahlrecht nach § 20 Abs. 1 UmwStG (vgl. § 20 Rz. 86 ff.). Wählt die übernehmende EU-Kapitalgesellschaft eine steuerneutrale Einbringung zum Buchwert oder eine Einbringung zu einem unter dem Teilwert liegenden Zwischenwert, so führt dies zu einer Verdoppelung der stillen Reserven bei der übernehmenden EU-Kapitalgesellschaft und bei der einbringenden inländischen Kapitalgesellschaft mit ihren einbringungsgeborenen Anteilen. Denn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ist nicht nur § 20 Abs. 2, sondern auch Abs. 4 UmwStG entsprechend anwendbar. Die von der einbringenden inländischen Kapitalgesellschaft als Gegenleistung empfangenen Anteile werden in § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ausdrücklich zu den einbringungsgeborenen Anteilen gerechnet.

 

Rz. 22

Der Begriff des Teilbetriebs entspricht nach Auffassung der Finanzverwaltung demjenigen in § 20 UmwStG (vgl. § 20 Rz. 46 ff.) und in § 16 EStG[3]. Maßgeblich ist, daß der fragliche Teil des Gesamtbetriebs mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet ist, d. h., die verschiedenen Wirtschaftsgüter müssen in ihrer Gesamtheit einer Betätigung dienen, die sich von der übrigen gewerblichen Betätigung abhebt und unterscheidet[4].

 

Rz. 23

Nachdem der Begriff des Teilbetriebs in § 23 Abs. 1 UmwStG durch Art. 2 Buchst. i) der Fusionsrichtlinie eine gemeinschaftsrechtliche Grundlage erhalten hat, ist seine Auslegung im Schrifttum umstritten. Herzig/Förster (DB 1992, 911f.) vertreten unter Berufung auf die Fusionsrichtlinie eine weitere Auslegung als diejenige im nationalen Bereich (vgl. § 20 Rz. 46 ff.). In Art. 2 Buchst. i der Fusionsrichtlinie wird unter einem Teilbetrieb "die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter" verstanden, "die in organisatorischer Hinsicht einen selbständigen Betrieb, d. h. eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit darstellen". Damit wird – im Gegensatz zum deutschen Recht – nicht verlangt, daß sich der Teilbetrieb von der übrigen gewerblichen Tätigkeit im Rahmen des Gesamtbetriebs abhebt und unterscheidet[5]. Dieser Unterschied zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht pflegt in der Praxis kaum von Bedeutung zu sein[6]. Im Zweifelsfall wird man den Begriff des Teilbetriebs in § 23 Abs. 1 Satz 1 UmwStG aber richtlinienkonform weiter auslegen müssen als in § 20 Abs. 1 UmwStG, auch wenn damit eine Ungleichbehandlung einhergeht. In Zweifelsfällen wird die Streitfrage dem EuGH nach Art. 177 EGV vorzulegen sein.

 

Rz. 24

Der Tatbestand des § 23 Abs. 1 UmwStG unterscheidet sich ohnehin in mehreren Punkten von dem der innerstaatlichen Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG: In § 23 Abs. 1 UmwStG ist – anders als in § 20 Abs. 1 UmwStG – die Einlage eines Mitunternehmeranteils nicht begünstigt. Das gilt auch für eine im wesentlichen nur Mitunt...

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