Rz. 30

Im Vergleich zu § 23 Abs. 1 UmwStG regelt Abs. 2 den umgekehrten Fall: Eine ausländische, beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft bringt ihre inländische Betriebsstätte in eine inländische Kapitalgesellschaft oder eine andere ausländische EU-Kapitalgesellschaft ein. Ebenso wie nach Abs. 1 hat die übernehmende Kapitalgesellschaft das Bewertungswahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG. Ein Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens unter dem Teilwert führt zu einer Verdoppelung der stillen Reserven.

Ohne § 23 Abs. 2 UmwStG würde eine steuerneutrale Einbringung an § 20 Abs. 3 UmwStG (vgl. § 20 Rz. 92 ff.) scheitern. Denn eine inländische Besteuerung der in den empfangenen Gesellschaftsanteilen enthaltenen stillen Reserven ist in der Regel nicht gegeben. Der Gesetzgeber nimmt mit § 23 Abs. 2 UmwStG eine fehlende deutsche Steuerverhaftung der empfangenen Gesellschaftsanteile jedoch in Kauf.

 

Rz. 31

Folgende zwei Beispiele werden für den Anwendungsbereich von § 23 Abs. 2 UmwStG[1] angeführt:

 

Beispiel zur Alt. 1 von § 23 Abs. 2 UmwStG:

Eine französische SA mit Sitz in Paris, also eine beschränkt körperschaftsteuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft, bringt ihre in Saarbrücken belegene Betriebsstätte im Rahmen der Einbringung eines Teilbetriebs in die in Köln ansässige A-GmbH ein. Die französische SA erhält als Gegenleistung neue Anteile an der inländischen A-GmbH.

 

Beispiel zur Alt. 2 von § 23 Abs. 2 UmwStG:

Die französische SA bringt ihre in Saarbrücken belegene Betriebsstätte in eine beschränkt steuerpflichtige niederländische naamloze vennootschap ein.

Die inländische Betriebsstätte bleibt stets (vor und nach der Einbringung) eine inländische Betriebsstätte; sie wechselt nur ihre gesellschaftsrechtliche Anbindung.

 

Rz. 32

Mit der Einlage der inländischen Betriebsstätte kann die einbringende ausländische EU-Kapitalgesellschaft Muttergesellschaft und die aufnehmende inländische Kapitalgesellschaft Tochtergesellschaft werden. Im Wege einer Inbound-Verlagerung nach unten überträgt die ausländische Muttergesellschaft inländisches Betriebsvermögen auf eine inländische Tochtergesellschaft[2]. Die in der Sacheinlage enthaltenen stillen Reserven unterliegen im Falle ihrer Realisierung und der Gewinnausschüttung der Körperschaftsteuer zum Ausschüttungssteuersatz von 30 % nach § 27 Abs. 1 KStG ohne die Möglichkeit einer Anrechnung bei der ausländischen Muttergesellschaft. Damit ist ihre Besteuerung im Inland sichergestellt.

 

Rz. 33

Die Möglichkeit der steuerneutralen Einlage der inländischen Betriebsstätte zum Buchwert wird in § 23 Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 4 UmwStG davon abhängig gemacht, daß die einbringende ausländische EU-Kapitalgesellschaft aufgrund der Buchwertverknüpfung die Anschaffungskosten ihrer empfangenen Anteile mit den fortgeführten Buchwerten des eingelegten Betriebsvermögens ansetzt. Außerdem darf sie ihre Anteile nach § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG innerhalb von sieben Jahren nicht veräußern. Anderenfalls entfällt rückwirkend die steuerneutrale Behandlung des Einbringungsvorgangs; dann sind die im eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven zu versteuern. Diese Regelung ist mit Recht als unvereinbar mit der Fusionsrichtlinie und als undurchführbar kritisiert worden, weil verschiedene andere EU-Mitgliedstaaten Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen nicht besteuern[3].

 

Rz. 34

Besonders schwer verständlich ist das Erfordernis der Buchwertverknüpfung in dem ebenfalls in § 23 Abs. 2 UmwStG geregelten Fall, daß eine ausländische EU-Kapitalgesellschaft ihre inländische Betriebsstätte in eine andere ausländische EU-Kapitalgesellschaft einbringt. § 23 Abs. 2 UmwStG ermöglicht auch diese Einbringung einer inländischen Betriebsstätte steuerneutral nur unter der Voraussetzung der Buchwertverknüpfung.

 

Rz. 35

Einbringende Kapitalgesellschaft i. S. von § 23 Abs. 2 UmwStG ist eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft. Gegenstand der Einbringung ist eine inländische Betriebsstätte. Damit scheidet als Gegenstand der Einbringung ein Mitunternehmeranteil aus dem Anwendungsbereich von § 23 Abs. 2 UmwStG aus. Das gleiche gilt für das Verbringen einzelner Wirtschaftsgüter über die Grenze in eine ausländische Betriebsstätte[4]. Die inländische Betriebsstätte bleibt vor und nach der Einbringung eine inländische Betriebsstätte, sie wechselt nur ihre gesellschaftsrechtliche Anbindung.

 

Rz. 36

Der Begriff der Betriebsstätte i. S. von § 23 Abs. 2 UmwStG ist im abkommensrechtlichen Sinne zu verstehen[5]. Die Finanzverwaltung folgt damit der Regierungsbegründung zu § 20 Abs. 8 UmwStG a. F. (= § 23 UmwStG). Maßgeblich ist dafür das DBA, das die Bundesrepublik mit demjenigen Staat abgeschlossen hat, in dem die übernehmende Kapitalgesellschaft ansässig ist[6]. Infolge der Verwaltungsauffassung kann der an das jeweilige DBA anknüpfende Betriebsstättenbegriff einen unterschiedlichen Inhalt haben, je nach dem, welches Land der Partnerstaat für die übernehmende Kapitalgesellschaft ist. Ein abkommensrechtlicher Betriebs...

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