Rz. 55

Die Vertrauensregelung in § 9 Abs. 3 S. 1 KStG wird durch eine entsprechende Haftungsregelung in § 9 Abs. 3 S. 2 KStG ergänzt, die jedoch nur dann zur Anwendung kommt, wenn einem gutgläubigen Zuwendenden der Abzug zu belassen ist. § 9 Abs. 3 S. 2 KStG unterscheidet zwischen zwei Haftungstatbeständen: der Ausstellerhaftung (Alt. 1) und der Veranlasserhaftung (Alt. 2):

  • Die Ausstellerhaftung setzt voraus, dass der Haftungsschuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bescheinigung ausstellt. Dabei entspricht der Verschuldensmaßstab dem des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.[1] Unrichtig ist eine Zuwendungsbestätigung, wenn sie nicht der objektiven Sach- und Rechtslage entspricht, z. B. die Höhe des zugewendeten Betrags falsch angibt.[2]
  • Die Veranlasserhaftung ist die Haftung desjenigen, der veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden. Ein Verschulden ist insoweit nicht erforderlich.[3] Eine solche Fehlverwendung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Verwendung zu nicht steuerbegünstigten Zwecken erfolgt.[4] Bei der Veranlasserhaftung ist bei der Prüfung der zeitnahen Mittelverwendung nicht "geldscheinbezogen" auf die einzelne Zuwendung, sondern im Wege einer Saldo- bzw. Globalbetrachtung der Mittelverwendung auf die Gesamtheit aller zeitnah zu verwendenden Zuwendungen und sonstigen Einnahmen bzw. Vermögenswerte der Körperschaft abzustellen.[5] Eine Körperschaft haftet nicht wegen Fehlverwendung, wenn sie die Zuwendungen zwar zu dem in der Spendenbescheinigung angegebenen Zweck verwendet, selbst aber rückwirkend nicht als gemeinnützig anerkannt ist.[6]
 

Rz. 56

Haftungsschuldner ist in den Fällen der Ausstellerhaftung in aller Regel die die Zuwendungsbestätigung ausstellende Körperschaft.[7] Denn die Zuwendungsbestätigung ist nach § 50 Abs. 1 EStDV vom Empfänger, d. h. von der betreffenden Körperschaft, auszustellen.[8] Bei der Veranlasserhaftung kommen als Haftungsschuldner neben dem Zuwendungsempfänger selbst auch die für ihn handelnden natürlichen Personen, z. B. Vorstandsmitglieder, in Betracht.

 

Rz. 56a

Die Reihenfolge für die Inanspruchnahme der Haftungsschuldner bei der Veranlasserhaftung legt § 9 Abs. 3 S. 3 KStG fest.[9] Danach ist trotz der Gesamtschuldnerschaft vorrangig der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen. Die für ihn handelnden natürlichen Personen sind nur in Anspruch zu nehmen, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 AO erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen nicht erfolgreich sind. Diese Regelung ist nach § 34 Abs. 8a S. 5 KStG in allen Fällen anzuwenden, in denen die KSt noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

 

Rz. 57

Die Festsetzungsfrist für Haftungsbescheide unterliegt nach § 9 Abs. 3 S. 3, letzter Hs. KStG i. V. m. § 10b Abs. 4 S. 5 EStG einer Ablaufhemmung. Sie gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10b Abs. 4 S. 5 EStG für die Aussteller- wie für die Veranlasserhaftung, obwohl § 9 Abs. 3 S. 3 KStG im Übrigen ausschließlich Regelungen für die Veranlasserhaftung trifft. Die Festsetzungsfrist für die Haftungsbescheide wird an den Ablauf der Festsetzungsfrist für die KSt-Festsetzung gegenüber der Körperschaft geknüpft, die die Zuwendung empfängt. Dahinter steht die Überlegung, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme ausschließlich im Rahmen der Überprüfung der KSt-Befreiung des Empfängers festgestellt werden kann.[10] Die Ausschlussregelung des § 191 Abs. 5 AO kommt nach § 10b Abs. 4 S. 5 EStG nicht zur Anwendung. Insbesondere der Ablauf der Festsetzungsfrist für die ESt bzw. KSt des Zuwendenden ist daher unerheblich für die Haftungsfestsetzung.

 

Rz. 57a

Der Haftungsumfang beträgt 30 % des zugewendeten Betrags (bis VZ 2006: 40 %). Die Absenkung erfolgte als Reaktion auf die Herabsetzung des KSt-Satzes von 25 % aus 15 %. Er ist damit aber noch immer doppelt so hoch wie der KSt-Satz, was auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt. Hinzu kommt die Haftung für GewSt nach § 9 Nr. 5 GewStG i. H. v. 15 % (bis Vz 2006: 10 %), deren Anhebung der Absenkung in § 9 KStG entgegensteht. Die Haftung orientiert sich ihrer pauschalierten Höhe nach an der durchschnittlichen stl. Auswirkung einer Zuwendungsbestätigung bei Körperschaften als Zuwendenden (bei natürlichen Personen und PersGes. als Zuwendenden vgl. § 10b Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG). Durch die Festsetzung eines doppelt so hohen Satzes wird der ausgleichende Charakter der Vorschrift in eine Repression verkehrt. § 9 Abs. 3 Satz 2 regelt die Haftung für die "entgangene Steuer". Darum wird vertreten, eine Haftung bestehe nur, wenn der Zuwendungsabzug unkorrigierbar erfolgt[11] und es zu einem Steuerausfall gekommen sei.[12] Der Gesetzgebers wollte indes von einer einzelfallbezogenen Ermittlung der entgangenen Steuer im Interesse der Verwaltungspraktikabilität absehen.[13] Wegen des pauschalierten Haftungssatzes sieht auch die Rspr. die Haftungsvorschrift des § 9 Abs. 3 S. 2 KStG "durch ihren pauschalierenden Ansatz von den Verhältnisse...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge