Rz. 42

Es lässt sich festhalten, dass § 31 Abs. 1 S. 1 KStG für die Anrechnung von Kapitalertragsteuer im vollen Umfang auf die Vorschriften des EStG verweist. Diese Regelungen sind entsprechend anzuwenden, d. h. soweit erforderlich hat eine Modifikation zu erfolgen, damit eine Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift bewahrende Anwendung auch auf KSt-Subjekte möglich ist. Grundvoraussetzung hierfür ist zunächst, dass das stpfl. KSt-Subjekt auch die Stellung des Anteilsinhabers gem. § 39 AO innehat. Überdies darf kein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO vorliegen.

 

Rz. 43

Sodann sind die Voraussetzungen des § 36 EStG zu erfüllen. Dies bedeutet, dass für das Anrechnungsbegehr die KapESt tatsächlich erhoben sein muss, sich auf steuerpflichtiges Einkommen bzw. unter Anwendung des § 8b KStG steuerfrei bleibende Einkommensbestandteile beziehen muss, keine Erstattung beantragt oder durchgeführt wurde und eine entsprechende Bescheinigung gem. § 45a Abs. 2 oder 3 EStG vorgelegt werden kann.

 

Rz. 44

Überdies sind die zusätzlichen Voraussetzungen des § 36a EStG zu beachten, um eine Anrechnung der KapESt vornehmen zu können. Insbesondere der Nachweis über die ununterbrochene Anteilseignerschaft innerhalb der Mindesthaltedauer sowie der Tragung des Wertänderungsrisikos sind hierbei zu dokumentieren bzw. werden als gegeben angenommen, sofern der Stpfl. eine entsprechende Anrechnung bzw. Erstattung beantragt.

 

Rz. 45

Sind die Voraussetzungen erfüllt, erfolgt die Anrechnung bzw. Erstattung der KapESt im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung und in der Praxis mithin z. T. deutlich später als die Entrichtung der Kapitalertragsteuer. Im Gegensatz vor Steuervorauszahlung, die durch einen Anpassungsantrag auch an die laufenden Verhältnisse angepasst werden kann, kann die KapESt nicht vor Durchführung der Veranlagung erstattet werden. Allerdings kann es zur Berücksichtigung von KapESt im Rahmen der Festsetzung der Vorauszahlungen kommen. Insoweit kann ein etwaiger Liquiditätsnachteil für den Stpfl. abgemildert werden.

 

Rz. 46

Als Alternative zur Entrichtung der KapESt kann der Stpfl. auch eine sog. Dauerüberzahlerbescheinigung gem. § 44a Abs. 5 EStG beantragen. Eine solche Bescheinigung wird von dem für den Gläubiger zuständigen Finanzamt ausgestellt, sofern die kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünfte Betriebseinnahmen des KSt-Subjekts sind und aufgrund der Art der Geschäfte die KapESt auf Dauer höher wäre als die festzusetzende KSt. Dies gilt für Holding-Gesellschaften im besonderen Maße, da § 8b KStG die Einkünfte vollumfänglich von der Steuer befreit und lediglich 5 % der empfangenen Kapitaleinkünfte als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben deklariert. Körperschaftsteuerpflichtige Holding-Gesellschaften sind geradezu prädestiniert für den Anwendungsbereich der Regelung.[1]

[1] Kiesow, DStR 2022, 589-595.

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