Rz. 72

An sich mindert ein Jahresfehlbetrag das "Eigenkapital" i. S. d. Abs. 2. Um eine Umqualifizierung von Vergütungen wegen eines nur kurzfristigen Sinkens des Eigenkapitals durch Verluste zu vermeiden, bestimmt Abs. 2 S. 3, daß eine vorübergehende Minderung des Eigenkapitals durch einen Jahresfehlbetrag unbeachtlich ist, wenn innerhalb kurzer Zeit die Eigenkapitalminderung wieder ausgeglichen wird. Für andere kurzfristige Eigenkapitalminderungen als durch Jahresfehlbetrag (z. B. Ausschüttungen mit nachfolgender Einlage) gilt diese Regelung nicht.

Der Ausgleich hat bis zum Ablauf des dritten auf das Verlustjahr folgenden Wirtschaftsjahrs zu erfolgen, und zwar durch Gewinnrücklagen (d. h. Jahresüberschüsse der folgenden drei Wirtschaftsjahre) oder Einlagen des Anteilseigners. Der Ausgleich muß vollständig erfolgen; ein nur teilweiser Ausgleich hat die Wirkung des Abs. 2 S. 3 nicht, sondern erhöht das anteilige Eigenkapital nur für die folgenden Wirtschaftsjahre[1].

Der Ausgleich bezieht sich, entsprechend der Regelung für das "maßgebende Wirtschaftsjahr" (vgl. Rz. 71) auf das Wirtschaftsjahr, das dem Wirtschaftsjahr vorangeht, für das die Umqualifizierung der Vergütungen in Frage steht.

 
Praxis-Beispiel

Für das Wirtschaftsjahr 01 ist das Eigenkapital durch einen Verlust gemindert worden. Dieses geminderte Eigenkapital ist für Wirtschaftsjahre ab 02 zugrunde zu legen. Der Ausgleich durch Jahresüberschüsse oder Einlagen kann bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 04 erfolgen. Geschieht dies, wirkt der Ausgleich "zurück" in dem Sinne, daß der Jahresfehlbetrag bereits mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 01 als ausgeglichen gilt.

Die Frist für die Rückbeziehung des Ausgleichs bezieht sich auf das Jahr des Eintritts des Jahresfehlbetrages, nicht auf ein späteres Jahr, auch wenn der Ausgleich innerhalb von drei Jahren, bezogen auf dies spätere Jahr erfolgt.

 
Praxis-Beispiel

Im obigen Beispiel erfolgt der Ausgleich im Wirtschaftsjahr 05. Es tritt keine Rückwirkung ein. Der Ausgleich erhöht das Eigenkapital erst des Wirtschaftsjahres 05, das maßgebend ist für die Umqualifizierung der Vergütungen ab dem Wirtschaftsjahr 06. Für die Wirtschaftsjahre 02—05 tritt also eine Umqualifizierung ein, und damit auch für Wirtschaftsjahre, die innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren vor dem Verlustausgleich liegen (d. h. die Wirtschaftsjahre 02—04).

Ist der Ausgleich fristgemäß erfolgt, gilt der Verlust für alle Wirtschaftsjahre bis zu dem des tatsächlichen Ausgleichs als ausgeglichen.

 
Praxis-Beispiel

Der Jahresfehlbetrag des Jahres 01 wird im Wirtschaftsjahr 04 durch eine Einlage ausgeglichen. Ohne die Regelung des Abs. 2 S. 3 wirkt diese Erhöhung des Eigenkapitals erst für Wirtschaftsjahre ab 05. Die durch Abs. 2 S. 3 angeordnete Rückwirkung des Ausgleichs der Eigenkapitalminderung hat zur Folge, daß auch für die Frage der Umqualifizierung der Vergütungen der Wirtschaftsjahre 02—04 der Verlust als ausgeglichen, das Eigenkapital also als erhöht gilt.

Die Regelung über den Ausgleich von Verlusten ist für jedes Verlustjahr gesondert anzuwenden, d. h. jedes Verlustjahr setzt für den Verlust des jeweiligen Wirtschaftsjahrs die 3-Jahres-Frist in Lauf[2].

 

Rz. 73

Der Ausgleich muß dadurch hergestellt werden, daß der Körperschaft neues Eigenkapital zufließt, sei es durch Gewinne, sei es durch Einlagen. Bloße bilanztechnische Maßnahmen wie die Verrechnung des Jahresfehlbetrages mit einem vorhandenen Gewinnvortrag oder einer Gewinnrücklage genügen nicht.

Andererseits genügt eine Erhöhung des Eigenkapitals durch Gewinne nicht; nach dem Gesetzeswortlaut muß hinzukommen, daß diese Gewinne nicht vorgetragen, sondern in eine Gewinnrücklage eingestellt werden. Darüber hinaus läßt es die Finanzverwaltung genügen, wenn der Verlust mit einem Jahresüberschuß verrechnet wird[3]. Die Einstellung in die Gewinnrücklage bzw. die Verrechnung mit dem Verlust muß bilanztechnisch tatsächlich erfolgen.

Schließen mehrere Jahre mit Verlust ab, sind spätere Gewinne bzw. Einlagen zuerst mit dem ältesten Verlust zu verrechnen[4].

 

Rz. 74

Ist die Steuerfestsetzung für ein zurückliegendes Jahr bereits unter Umqualifizierung von Vergütungen erfolgt, ist die Steuerfestsetzung (wenn sie nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung, § 164 AO, oder wegen der Möglichkeit des Ausgleichs des Jahresfehlbetrags vorläufig, § 165 AO, erfolgt ist), nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Der Ausgleich des Jahresfehlbetrages stellt ein Ereignis dar, das auf das Jahr der Umqualifizierung zurückwirkt, also ein "rückwirkendes Ereignis".

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