Rz. 42

Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz enthält eine Regelung, die die kumulative Inanspruchnahme der beiden safe haven in Nr. 1 und Nr. 2 verhindern soll. Die Vorschrift ist anwendbar, wenn mehrere (mindestens 2) Gesellschafter-Darlehen oder anderes Gesellschafter-Fremdkapital gegeben wurden und für den einen dieser Fremdkapitalteile eine erfolgsunabhängige, für den anderen eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart wurde. Sind erfolgsabhängige Vergütungen vereinbart und ist der safe haven nach Nr. 1 (die Hälfte des anteiligen Eigenkapitals) nicht ausgeschöpft, kann auch der safe haven für nicht erfolgsabhängige Vergütungen (das Dreifache des anteiligen Eigenkapitals) ausgenutzt werden, aber nur insoweit, als der safe haven der Nr. 1 noch nicht ausgenutzt worden ist. Zu diesem Zweck ist der nicht ausgenutzte safe haven der Nr. 1 "umzurechnen" in einen der Nr. 2 entsprechenden safe haven. Dieser Umrechnung ist das Verhältnis des safe haven der Nr. 1 (0,5 × anteiliges Eigenkapital) zu dem nach Nr. 2 (3 × anteiliges Eigenkapital) zugrundezulegen. Danach beträgt der safe haven nach Nr. 2 das Sechsfache des nach Nr. 1 (3:0,5). Der nicht ausgenutzte safe haven nach Nr. 1 ist daher mit 6 zu multiplizieren und ergibt dann den nach Nr. 2 noch zur Verfügung stehenden Betrag.

 

Beispiel (in Anlehnung an BT-Drs. 12/5016, 92):

Anteiliges Eigenkapital 1.000.000 DM. Der safe haven nach Nr. 1 für erfolgsabhängige Vergütungen beträgt damit (0,5 × 1.000.000 DM =) 500.000 DM, der nach Nr. 2 für nicht erfolgsabhängige Vergütungen (3 × 1.000.000 DM =) 3.000.000 DM.

 

Fremdkapital mit

erfolgsabh. Verg.
nicht ausgenutzt

mögliches Fremdkapital

mit nicht erfolgsabh. Verg.
100.000 DM 400.000 DM × 6 = 2.400.000 DM  
200.000 DM 300.000 DM × 6 = 1.800.000 DM  
300.000 DM 200.000 DM × 6 = 1.200.000 DM  
400.000 DM 100.000 DM × 6 = 600.000 DM  
 

Rz. 43

Keine ausdrückliche Regelung enthält die Vorschrift für den Fall, daß der safe haven nach Nr. 1 voll ausgeschöpft bzw. überschritten ist. An sich ergibt sich nach obigem Beispiel dann folgende Rechnung:

  Nicht ausgenutzter Betrag nach Nr. 1: 0
  mögliches Fremdkapital nach Nr. 2: 0 × 6 = 0.

Diese Rechtsfolge ist jedoch aus der Kumulationsregelung der Nr. 2 nicht ausdrücklich ablesbar. Die Kumulationsregelung gilt nur, wenn das Fremdkapital nach Nr. 1 die Hälfte des anteiligen Eigenkapitals nicht übersteigt; im hier besprochenen Fall liegt das aber gerade vor, d. h. es gibt keinen nicht ausgeschöpften Betrag. Hieraus kann aber nicht die Rechtsfolge gezogen werden, daß dann die safe haven der Nr. 1 und der Nr. 2 nebeneinander gelten. Dies hätte die sinnwidrige Folge, daß (im obigen Beispiel), wenn der safe haven der Nr. 1 nicht ausgeschöpft wird, ein Gesellschafter-Fremdkapital von maximal 3.000.000 DM steuerunschädlich möglich wäre (nur Fremdkapital mit

erfolgsunabhängigen Vergütungen), während bei voller Ausschöpfung des safe haven nach Nr. 1 ein Gesellschafter-Fremdkapital von (im Beispiel) maximal 3.500.000 DM steuerunschädlich wäre. Diese Rechtsfolge wäre sinnwidrig.

Aus der Kumulationsregelung der Nr. 2 sowie aus dem Wort "oder" am Ende der Nr. 1 ergibt sich jedoch mit ausreichender Klarheit, daß eine Kumulation der beiden safe haven nicht zulässig ist; es kann immer nur ein safe haven angewandt werden mit der Möglichkeit, einen nicht ausgenutzten Betrag im Rahmen des anderen safe haven auszunutzen. Eine Addition beider safe haven ist daher nicht zulässig.

 

Rz. 44

Stehen somit die beiden safe haven alternativ, nicht kumulativ zueinander, ist ihr Verhältnis zueinander nicht ausreichend geregelt, d. h. die Frage, welcher safe haven vorrangig anzuwenden ist. Die Kumulationsregelung der Nr. 2 regelt dies Verhältnis ­insoweit, als der safe haven der Nr. 1 nicht ausgeschöpft ist. Dann ist zuerst das Gesellschafter-Fremdkapital mit erfolgsabhängiger Vergütung mit dem safe haven nach Nr. 1 zu verrechnen; der nicht ausgeschöpfte Betrag ist nach den in Rz. 42 geschilderten Regeln auf die nicht erfolgsabhängigen Vergütungen zu übertragen. Danach hat also die Verrechnung der erfolgsabhängigen Vergütungen mit dem safe haven Vorrang; sie sind zuerst, vor den nicht erfolgsabhängigen Vergütungen zu verrechnen.

Keine ausdrückliche Regelung besteht aber für den Fall, daß (an sich) beide safe haven ausgeschöpft bzw. überschritten sind, da dann die Kumulationsregelung der Nr. 2 nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar ist. Für den Steuerpflichtigen günstiger ist die Verrechnung des Eigenkapitals mit der höchsten Vergütung, um den höchsten ­Betriebsausgabenabzug zu erreichen. Je nach Lage des Falles können das die erfolgsabhängigen oder die nicht erfolgsabhängigen Vergütungen sein. Die Kumulationsregelung der Nr. 2 würde dafür sprechen, auch in diesem Fall zuerst die erfolgsabhängigen Vergütungen zu verrechnen, so daß für die nicht erfolgsabhängigen Vergütungen kein safe haven mehr verbliebe. Da dies für den Steuerpflichtigen aber nachteilig sein kann, und angesichts des Umstandes, daß der safe haven für nicht erfolgsabhängig...

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