7.1 Übersicht und Begriffe

 

Rz. 128

Das Anrechnungsverfahren greift ein, wenn die Ausschüttung oder sonstige Leistung bei der Anrechnungskörperschaft abgeflossen ist (vgl. Rz. 88ff.). Mit dieser Festlegung des Zeitpunktes für das Eintreten der Wirkungen des Anrechnungsverfahrens ist aber noch nicht bestimmt, welchen Zeitpunkten bzw. Zeiträumen diese Wirkungen zuzuordnen sind. Zusätzlich muss über folgende zeitliche Zuordnungen entschieden werden:

  • Welchem Veranlagungszeitraum sind die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen zuzuordnen, d. h. die Körperschaftsteuer welchen Veranlagungszeitraums erhöht oder vermindert sich; dies richtet sich nach § 27 Abs. 3 (vgl. Rz. 129).
  • Nach dem verwendbaren Eigenkapital auf den Schluss welchen Wirtschaftsjahres bestimmen sich die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen; dies ist geregelt in § 28 Abs. 2 (vgl. § 28 Rz. 13ff.).
  • Das verwendbare Eigenkapital auf den Schluss welchen Wirtschaftsjahres verringert sich durch die ausschüttungsbedingten Eigenkapitalabgänge (vgl. § 30 Rz. 200ff.).

Das KStG trifft diese notwendigen zeitlichen Zuordnungen nicht in einer zusammenfassenden Regelung, sondern in verschiedenen Vorschriften. Dadurch können sich für jede der drei zeitlichen Zuordnungen unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Das führt zwar bei den verdeckten Gewinnausschüttungen und sonstigen Leistungen nach § 41 i. d. R. nicht zu Problemen; schwierige Fragen treten aber auf bei der Behandlung von verspätet beschlossenen und verspätet abgeflossenen Gewinnausschüttungen (vgl. Rz. 135).

 

Rz. 129

Für die zeitlichen Zuordnungen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 3 benutzt das Gesetz eine abweichende Terminologie. Während das KStG zur Beantwortung der Frage, welche Leistungen einer Anrechnungskörperschaft überhaupt in das Anrechnungsverfahren einbezogen werden, auf die durch Definitionen abgegrenzten Begriffe "Gewinnausschüttung" (§ 27 Abs. 1) und "sonstige Leistungen" (§ 41) zurückgreifen konnte, genügen diese Begriffe für die zeitliche Abgrenzung nicht mehr. Das Gesetz führt daher neue Begriffe ein, die eine exaktere Definition des maßgebenden Zeitpunktes ermöglichen. Andererseits ist eine Verwendung dieser Begriffe nur sinnvoll, wenn es um die zeitliche Zuordnung geht. Die zu verwendenden Begriffe unterscheiden sich daher jeweils danach, ob es um sachliche und persönliche Zuordnungen (dann § 27 Abs. 1, § 41) oder um zeitliche Zuordnungen (dann § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2) geht (vgl. hierzu eingehend Rz. 130ff.).

Das für die zeitliche Zuordnung maßgebende Unterscheidungsmerkmal bei den Leistungen einer Anrechnungskörperschaft sieht das KStG in dem Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr. Das Gesetz unterscheidet daher in solche und andere Ausschüttungen.

7.2 Ausschüttungen aufgrund eines ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschlusses für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr

7.2.1 Begriff des ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschlusses

 

Rz. 130

Bei Ausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen, ordnet das KStG die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen dem Veranlagungszeitraum zu, für den die Ausschüttung erfolgt. Das Gesetz stellt also insoweit auf zwei wesentliche Tatbestandsmerkmale ab. Die Ausschüttung muss auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss beruhen, und die Ausschüttung muss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr erfolgen. Soweit diese beiden Voraussetzungen nicht gemeinsam erfüllt sind, ist die Ausschüttung eine "andere Ausschüttung" (vgl. Rz. 137). Vorabausschüttungen gehören zu den "anderen Ausschüttungen", wenn sie für das laufende Wirtschaftsjahr, nicht für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr, beschlossen worden sind.

Soweit die beiden genannten Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, tritt als Rechtsfolge die ausschüttungsbedingte Körperschaftsteueränderung für denjenigen Veranlagungszeitraum ein, in dem das Wirtschaftsjahr endet, für das die Ausschüttung beschlossen wurde.

 

Rz. 131

Das Tatbestandsmerkmal eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften ­entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses richtet sich nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Es genügt nicht, dass der Gewinnverteilungsbeschluss ­formell ordnungsmäßig ist; er muss auch in materieller Hinsicht den gesellschaftsrechtlichen Regeln entsprechen (vgl. zur Ordnungsmäßigkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses § 8 Rz. 111; zum Wirksamwerden des Gewinnverteilungsbeschlusses und der Möglichkeit, einen Gewinnverteilungsbeschluss vor der Durchführung mit steuerlicher Wirkung zu ändern, vgl. Rz. 103).

Ist ein Gewinnverteilungsbeschluss gefasst und durchgeführt worden, entspricht dieser aber nicht den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, liegt eine "verunglückte offene Gewinnausschüttung" vor; es handelt sich dann um eine "andere" Ausschüttung (vgl. Rz. 137).

 

Rz. 132

Ein ordnungsgemäßer Gewinnverteilungsbeschluss muss in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem die Ausschüttung steuerlich wirksam wird. Das ergibt sich aus der Formulierung, dass die Ausschüttung auf dem Gewinnverteilungsbeschluss "beruhen" muss. Steuerlich wirksam wird die Gewinnausschüttung mit dem...

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