Rz. 17

Hat die in die Steuerbefreiung eintretende Körperschaft ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, sind gedanklich eine auf dem Buchführungswerk beruhende Schlussbilanz und eine darauf aufbauende Entstrickungsbilanz zu unterscheiden, ohne dass aber formal zwei Bilanzen aufgestellt werden müssen. In einem ersten Schritt ist eine auf dem Buchführungswerk beruhende laufende Schlussbilanz zu erstellen, in der die Bewertung nach den §§ 6ff. EStG erfolgt. In einem zweiten Schritt ist eine auf dieser Schlussbilanz basierende Entstrickungsbilanz aufzustellen, in der die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert bewertet werden. Bedeutung hat diese gedankliche zweistufige Gewinnermittlung mittels einer Schluss- und einer Entstrickungsbilanz, wenn die Körperschaft neben dem steuerbefreiten Bereich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, der steuerpflichtig bleibt. In diesem Fall ist der Gewinn des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Gewinnermittlungsbilanz zu bestimmen. In der Entstrickungsbilanz sind die Wirtschaftsgüter des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs dann mit den sich aus der Gewinnermittlungsbilanz ergebenden Buchwerten anzusetzen, d. h., es erfolgt insoweit keine Aufdeckung der stillen Reserven. Das ergibt sich daraus, dass insoweit keine Steuerbefreiung eintritt und daher keine Notwendigkeit für eine Gewinnrealisierung besteht.

 

Rz. 17a

Der Unterschiedsbetrag zwischen dem in der "Entstrickungsbilanz" ausgewiesenen Betriebsvermögen und dem Betriebsvermögen, das in der der Entstrickungsbilanz zugrunde liegenden letzten laufenden Bilanz ausgewiesen wird, ist der eigentliche Entstrickungsgewinn. Die Entstrickungsbilanz ist nach den steuerlichen Vorschriften aufzustellen; als Wert ist der steuerliche Teilwert maßgebend. Ob steuerliche Ansatzgebote und -verbote zu beachten sind, hängt davon ab, ob Abs. 3 nur als Bewertungs- oder auch als Ansatzvorschrift aufzufassen ist (eingehend Rz. 32ff.). Wird Abs. 3 mit der h. M. als reine Bewertungsvorschrift angesehen, sind die bilanzsteuerlichen Ansatzgebote und -verbote zu beachten. Das gilt für die Beschränkung der Bildung von Rückstellungen nach § 5 Abs. 2a-4b EStG, den Ansatz der Rechnungsabgrenzungsposten und der besonderen Aktivposten nach § 5 Abs. 5 EStG. Ebenfalls anzuwenden ist § 5 Abs. 2 EStG; selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter einschließlich eines Firmenwerts sind dann nicht anzusetzen.[1] Dies ergibt sich auch daraus, dass für den Ansatz der Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt. Der Entstrickungsgewinn wird zusammen mit dem seit dem Schluss des dem Ende der Steuerpflicht vorangegangenen Wirtschaftsjahrs bis zum Ende der Steuerpflicht erzielten laufenden Gewinn im Rahmen der Schlussbesteuerung zur KSt herangezogen[2], soweit nicht Sondervorschriften eine (anteilige) Steuerfreiheit des Entstrickungsgewinns vorsehen, z. B. § 3 Nr. 70 Buchst. b EStG i. V. m. § 17 Abs. 2 REITG für den Beginn der KSt-Freiheit einer REIT-AG.[3]

 

Rz. 18

Hat die in die Steuerbefreiung eintretende Körperschaft ihren Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist nach R 54 Abs. 1 S. 4 KStR die Anweisung in R 4.5 Abs. 6 EStR entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, dass die Körperschaft so zu behandeln ist, als ob sie im Zeitpunkt des Wegfalls der Steuerpflicht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen sei. Zu diesem Zweck sind die nach der Anlage zu R 4.6 EStR erforderlichen Gewinnkorrekturen vorzunehmen. Der Übergangsgewinn ist zusammen mit dem nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn als laufender Gewinn zu besteuern. Der Übergangsgewinn kann nicht entsprechend R 4.6 Abs. 1 Satz 2 EStR 2012 auf mehrere Jahre verteilt werden.[4] Das im Rahmen der Übergangsrechnung ermittelte Betriebsvermögen entspricht dem Betriebsvermögen, das eine Körperschaft mit Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich in ihrer letzten laufenden, nach allgemeinen Regeln erstellten Bilanz ausweisen würde. Daneben ist die Entstrickungsbilanz aufzustellen, in der die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zu bewerten sind. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen der Entstrickungsbilanz und dem Betriebsvermögen der Übergangsbilanz ist der eigentliche Entstrickungsgewinn.

[1] Martini, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 13 KStG Rz. 103 m.w.N.; s. jedoch Rz. 32ff.
[2] Zur Bewertung von Wirtschaftsgütern, die bei der Körperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bilden, Abs. 5; Rz. 55.
[4] Martini, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 13 KStG Rz. 48; Sievert, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 13 KStG Rz. 42.

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