6.2.1 Grundlagen

 

Rz. 55

§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG zählt abschließend auf, bei welchen Unternehmen ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform vorliegt. Erfasst werden danach alle Kapitalgesellschaften, Genossenschaften sowie Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit. Nicht jedes KSt-Subjekt ist daher aufgrund eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig. Erfasst werden nur die Rechtsformen, die bei unbeschränkter Steuerpflicht auch im KSt-Recht kraft Fiktion gem. § 8 Abs. 2 KStG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 KStG gewerbliche Einkünfte erzielen. KSt-Subjekte, für die diese Fiktion für Zwecke der KSt nicht gilt, unterhalten gewerbesteuerrechtlich auch keinen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform.

Sonstige juristische Personen des privaten Rechts, nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen, andere Zweckvermögen des privaten Rechts und Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden von der Aufzählung nicht erfasst. Daraus ergibt sich aber nicht, dass sie nicht der GewSt unterliegen können. Für sonstige Personen des privaten Rechts und nichtrechtsfähige Vereine enthält § 2 Abs. 3 GewStG eine Sonderregelung (vgl. Rz. 154ff.). Auch für diese Rechtsformen wird unter bestimmten Umständen eine gewerbliche Tätigkeit fingiert. Für die anderen Rechtsformen ergibt sich die GewSt-Pflicht nach den allgemeinen Grundsätzen für originär gewerblich tätige Unternehmen. Erforderlich ist daher die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit.

6.2.2 Rechtsformen

 

Rz. 56

Das Gesetz definiert zwar nicht, welche Gesellschaften als Kapitalgesellschaften einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform unterhalten. Allerdings enthält § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG eine Aufzählung, welche Rechtsformen Kapitalgesellschaften sind. Diese Aufzählung ist beispielhaft und nicht abschließend. Genannt werden die Europäischen Gesellschaften, die AG, die KGaA und die GmbH. Die Aufzählung entspricht damit derjenigen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG für Zwecke der KSt-Pflicht. Auch Vorgesellschaften werden erfasst (vgl. Rz. 140).

Mit der AG, der KGaA und der GmbH unterfallen die juristischen Personen des deutschen Handelsrechts der GewSt kraft Rechtsform. Unter den Begriff der Europäischen Gesellschaften fallen die SE und andere Rechtsformen, die in Zukunft auf europäischer Ebene eingeführt werden, z. B. die Societas privata Europea. Die SE gilt nach deutschem Recht (Art. 3 SE-VO) als AG. Insofern hätte es keiner ausdrücklichen Nennung neben den aufgezählten deutschen Handelsgesellschaften bedurft, da die AG bereits in der Aufzählung enthalten ist.

In der Regel werden auch andere Rechtsformen, die durch europäisches Recht eingeführt werden, einer deutschen Rechtsform vergleichbar sein (so z. B. die Societas privata Europea mit der deutschen GmbH), sodass auch insoweit der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 GewStG durch die Nennung der europäischen Gesellschaften nicht erweitert wird. Die Aufzählung enthält insoweit einen Auffangtatbestand, der verhindern soll, dass durch zukünftige Rechtsentwicklungen eine Regelungslücke bezüglich der GewSt entsteht.

 

Rz. 57

Die Aufzählung in § 2 Abs. 2 GewStG ist allerdings nicht abschließend, sondern zählt nur die häufigsten Rechtsformen auf. Sie schließt daher nicht aus, dass auch andere Gesellschaften, die nicht in der Aufzählung genannt sind, einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform unterhalten. Da es im deutschen Recht keine Kapitalgesellschaften gibt, die nicht in der Aufzählung enthalten sind, kann es sich bei den nicht erfassten Kapitalgesellschaften nur um ausländische Rechtsformen handeln. Sofern es sich bei der Gesellschaft aus deutscher Sicht um eine Kapitalgesellschaft handelt, erzielt diese ausschließlich gewerbliche Einkünfte. Ob eine ausländische Gesellschaft mit einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist, bestimmt sich nach dem Typenvergleich (zu der Frage, ob diese ausländischen Kapitalgesellschaften Gewerbebetriebe kraft Rechtsform sind, vgl. Rz. 63).

Die Qualifikation nach ausländischem Recht ist nicht maßgebend.[1] Wesentliche Aspekte sind die organisatorische Selbstständigkeit, die Einlagepflicht, die freie Übertragbarkeit der Anteile, eine unbegrenzte Lebensdauer, Fremdgeschäftsführung und die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter über Ausschüttungen (§ 1 KStG Rz. 53). Die Finanzverwaltung hat eine Liste von Rechtsformen bestimmter Staaten aufgestellt, die mit deutschen Rechtsformen vergleichbar sind.[2]

 

Rz. 58

Auch Genossenschaften unterhalten einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 1 KStG Rz. 31). Erfasst werden – ebenso wie im KSt-Recht – nicht nur nach deutschem Recht gegründete Genossenschaften, sondern auch Europäische Genossenschaften (SCE) nach der SCE-VO (VO (EG) Nr. 1435/2003 v. 22.7.2003, Abs. Nr. L 207 v. 18.8.2003, S. 1 ff.). Auch nach ausländischem Recht gegründete Genossenschaften dürften erfasst sein, wenn sie in ihrer Struktur mit einer deutschen Genossenschaft vergleichbar sind. Auch in diesem Bereich kommt es daher auf den Typenvergleich an und nicht auf die Qualifikation nach ausl...

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