Leitsatz

Der Formwechsel eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, in eine Kapitalgesellschaft unterliegt nicht der Schenkungsteuer.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Mitglied eines eingetragenen Vereins, dessen Zweck in der Pflege und Förderung gemeinsamer Interessen der Familienangehörigen bestand und dem die Mitglieder Vermögen übertragen hatten. Im Jahr 2000 wandelten die verbliebenen drei Mitglieder den Verein durch Formwechsel in eine GmbH um. Dabei beteiligten sie sich am Stammkapital der GmbH zu je einem Drittel.

Das FA nahm an, mit dem Erwerb des Geschäftsanteils an der GmbH habe der Kläger den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG erfüllt. Diese Ansicht teilte weder das FG (EFG 2006, 57) noch der BFH.

 

Entscheidung

Der BFH entschied, die Umwandlung habe weder unmittelbar noch analog zu steuerbaren Erwerben nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG geführt. Sie sei nicht mit einer Auflösung des Vereins einhergegangen; vielmehr bestehe der Verein in der neuen Rechtsform einer GmbH weiter. Ein Vermögensanfall bei den Mitgliedern oder sonstigen Anfallsberechtigten habe nicht stattgefunden.

Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheide aus; es liege keine Gesetzeslücke vor, sondern allenfalls ein rechtspolitischer Fehler.

 

Hinweis

§ 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG stellt die Auflösung eines (rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen) Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, insofern der Aufhebung einer Stiftung gleich, als das, was durch die Auflösung den Mitgliedern oder sonstigen Anfallsberechtigten zufällt, als freigebig zugewendet gilt. Die Ausdehnung der ursprünglich nur die Stiftungen erfassenden Regelung auf Vereine hat den Zweck, dem Ausweichen auf Vereine mit vergleichbarer Vermögensbindung entgegenzuwirken. Ohne diese Erweiterung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG unterläge der Vermögensanfall an die Mitglieder bei Auflösung des Vereins, nicht die Steuer.

Eine entsprechende Gleichstellung solcher Vereine mit den Stiftungen bei der Gründung gibt es nicht. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG unterfällt lediglich die Vermögensübertragung bei Gründung einer Stiftung der Schenkungsteuer. Spätere Vermögensübertragungen sind nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG schenkungsteuerbar.

Die Finanzverwaltung möchte die Umwandlung eines rechtsfähigen Vereins in eine Kapitalgesellschaft gem. § 191 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 272 UmwG wie eine Auflösung des Vereins besteuern. Eine derartige Umwandlung ist erst durch das UmwBerG vom 28.10.1994 (BGBl I 1994, 3210) zugelassen worden. Sie konnte daher bei der Ausdehnung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG auf Vereine noch nicht berücksichtigt werden. Dennoch kommt eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht.

Die Folgen für das Vereinsvermögen sind bei einer formwechselnden Umwandlung mit denen bei einer Vereinsauflösung nicht vergleichbar. Bei der Umwandlung fällt das Vereinsvermögen nicht den anfallsberechtigten Vereinsmitgliedern zu, sondern wird zum Vermögen der Kapitalgesellschaft (wirtschaftliche Identität), in der der Verein als Rechtsträger fortlebt (rechtliche Identität).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.2.2007, II R 66/05

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