Rz. 1258

[Autor/Stand] Vorgang zwischen voneinander unabhängigen Dritten. Nach § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV liegt eine Funktionsverlagerung nicht vor, "wenn der Vorgang zwischen voneinander unabhängigen Dritten nicht als Veräußerung oder Erwerb einer Funktion angesehen würde." Diese Regelung ist insofern sachgerecht, als auch bei Funktionsverlagerungen nach dem Grundsatz des Fremdvergleichs zu prüfen ist, ob diese zwischen unabhängigen Dritten (dh. nach dem Modell des hypothetischen Fremdvergleichs zwischen zwei ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitern) vergütet worden wären. Dies ist nach der Begr. der FVerlV insb. bei Funktionsverlagerungen ohne relevante Gewinnauswirkungen (sog. Bagatellfälle, Anm. 1259) sowie bei Vorgängen, die formal den Tatbestand einer Funktionsverlagerung erfüllen, aber entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz tatsächlich anders abgewickelt werden, der Fall. Letzteres gilt zB für die fristgerechte Kündigung von Verträgen oder dem Auslaufen von Vertragsbeziehungen. In diesen Fällen keine Funktionsverlagerung anzunehmen, ist insofern sachgerecht, als hier idR die Voraussetzung einer Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 nicht erfüllt ist.

 

Rz. 1259

[Autor/Stand] Zeitlich befristete und geringfügige Verlagerungen (Bagatellfälle). Nach der Begründung zu § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV bezieht sich diese Vorschrift in ihrer ersten Fallgruppe auf zeitlich befristete und geringfügige Verlagerungen (sog. Bagatellfälle), die mangels relevanter Gewinnauswirkungen aus der Funktionsverlagerungsbesteuerung ausgenommen werden sollen, obgleich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Funktionsverlagerung erfüllt sind.[3] Im Hinblick auf die konkrete Abgrenzung der Geringfügigkeits- bzw. Wesentlichkeitsgrenze verweisen die VWG-Funktionsverlagerung auf die Bagatellregelung, die in Fällen der Funktionsverdoppelung für die Feststellung einer nicht nur geringfügigen Funktionseinschränkung zum Tragen kommt.[4] Demnach führen Umsatzrückgänge von weniger als 1 Mio. Euro nicht zu einer Funktionsverlagerungsbesteuerung. Darüber hinaus führen die VWG-Funktionsverlagerung exemplarisch die Verlagerung eines einzelnen Auftrags als Beispielsfall für § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV an. Dies ist allerdings insofern nicht sachgerecht, als bei der Verlagerung eines einzelnen Auftrags die Voraussetzungen einer Funktionsverlagerung regelmäßig nicht erfüllt sind.

 

Rz. 1260

[Autor/Stand] Fristgerechte Kündigung von Verträgen und Auslaufen von Vertragsbeziehungen. Die zweite Fallgruppe des § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV erfasst Vorgänge, die formal als Funktionsverlagerung zu qualifizieren sind, aber entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz tatsächlich anders abgewickelt werden. Dies gilt insb. für die fristgerechte Kündigung von Verträgen (zB von Lizenz-, Vertriebs-, Kommissionärs- oder Handelsvertreterverträgen) oder das Auslaufen von Vertragsbeziehungen.[6] Die VWG-Funktionsverlagerung führen darüber hinaus exemplarisch die zentrale, optimierte Steuerung der Produktion durch die Muttergesellschaft und die damit verbundene Zuteilung eingehender Aufträge an die Produktionsgesellschaften des Konzerns an.[7]

 

Rz. 1261

[Autor/Stand] Beendigung eines Lizenzvertrages. Die Anwendung des § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV kann an folgendem Beispiel dargestellt werden:

 

Beispiel

Die in Deutschland ansässige A-AG hat mit ihrer ebenfalls in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft, der T-GmbH, einen Lizenzvertrag abgeschlossen, wonach die Marke ABC von der A-AG an die T-GmbH lizenziert wird. Der Lizenzvertrag wurde 2011 abgeschlossen und hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2015. Es ist beabsichtigt, dass die A-AG nach dem Auslaufen des Lizenzvertrags mit der T-GmbH die Marke ABC an ihre in Österreich ansässige Tochtergesellschaft, die Ö-GmbH, lizenziert. Die Ö-GmbH soll auf Basis eines neuen Lizenzvertrags mit der A-AG ab dem 1.1.2016 die Herstellung und den Vertrieb von Produkten unter der Marke ABC übernehmen, wobei die Herstellung der Produkte nicht durch die Ö-GmbH selbst, sondern – im Auftrag der Ö-GmbH – durch einen konzerninternen Lohnfertiger erfolgen wird. Die Arbeitsverträge der Mitarbeiter der T-GmbH sollen aufgehoben und mit der Ö-GmbH neue Arbeitsverträge abgeschlossen werden. Die in Deutschland (teilweise) verbleibenden Arbeitnehmer werden einen neuen Arbeitsvertrag bei der A-AG erhalten und dort im Bereich der konzernübergreifenden Markenverwaltung arbeiten. Die Ö-GmbH wird ab dem 1.1.2016 die Produkte über konzerninterne Lohnfertiger in Asien herstellen lassen und die Produkte in dem im Lizenzvertrag vorgegebenen Vertriebsgebiet unter der Marke ABC vertreiben.

 

Rz. 1262

[Autor/Stand] Anwendungsbereich des § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV eröffnet. Nach § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV ist bei einer Funktionsverlagerung zu prüfen, ob diese zwischen unabhängigen Dritten – dh. im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs zwischen zwei ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitern – vergütet worden wäre. Dementsprechend werden Vorgänge, die formal den Tatbestand ...

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