Rz. 2672

[Autor/Stand] Besonderheiten bei Übertragung statt Überlassung immaterieller Werte. In den vorstehenden Abschnitten wurde erörtert, wie eine angemessene Lizenzgebühr bei Überlassung eines immateriellen Werts ermittelt werden kann. Wird nun ein immaterieller Wert nicht nur zur Nutzung überlassen, sondern übertragen (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, vgl. Rz. 2606 ff.), sind die dann einschlägigen Anforderungen an die Bewertung zu klären. Wurde bereits eine angemessene Lizenzgebühr ermittelt, so bietet sich der kapitalwertorientierte Ansatz zur Bewertung des immateriellen Werts an. Dieser Ansatz beruht auf der Investitionstheorie, konkret auf dem Kapitalwertkalkül: Danach bestimmt sich der Wert eines immateriellen Werts aus dem Barwert der künftigen mit ihm erzielbaren Ergebnisse bzw. Cashflows.[2] Diese künftig erzielbaren Ergebnisse werden durch die bereits abgeleiteten Lizenzgebühren widergespiegelt.

 

Rz. 2673

[Autor/Stand] Nutzungsdauer eines immateriellen Werts. Für die kapitalwertorientierte Bewertung ist es neben der Prognose der erzielbaren Ergebnisse erforderlich, die wirtschaftliche Nutzungsdauer des betreffenden immateriellen Werts zu schätzen. Im Unterschied zu einer Unternehmensbewertung, bei der im Normalfall von einer unendlichen Nutzungsdauer ausgegangen wird[4], ist bei den meisten immateriellen Werten von einem begrenzten Nutzungszeitraum auszugehen.[5] So wirken rein rechtliche Beschränkungen (z.B. Dauer des Patentschutzes, Dauer eines Vertriebsrechts), vornehmlich aber wirtschaftliche Beschränkungen (z.B. Produktlebenszyklus, Technologiezyklus) auf die Nutzungsdauer eines immateriellen Werts. Darüber hinaus kann es auch zu einer Verminderung der Ergebnisse des immateriellen Werts (Lizenzgebühren) im Zeitablauf kommen, z.B. bei dem immateriellen Wert "Kundenstamm" infolge des üblicherweise anzutreffenden Abschmelzens des an einem Stichtag übernommenen Kundenbestands. Daher müssen gesonderte Überlegungen zur Nutzungsdauer eines immateriellen Werts angestellt werden.

 

Rz. 2674

[Autor/Stand] Kapitalisierungszinssatz. Für die kapitalwertorientierte Bewertung bedarf es schließlich der Ableitung eines risikoangepassten Kapitalisierungszinssatzes, um die künftigen erwarteten Gewinne auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren. Der Kapitalisierungszinssatz richtet sich nach der erwarteten Rendite der günstigsten alternativen Kapitalanlagemöglichkeit. Er drückt also aus, welche Mindestverzinsung mit dem immateriellen Wert erzielt werden muss, um nicht schlechter zu stehen als bei einer Anlage in der günstigsten Alternative. Zur Ableitung der günstigsten alternativen Kapitalanlagemöglichkeit wird auf eine vergleichbare Anlage am Kapitalmarkt abgestellt.[7] Bezüglich der Kapitalisierung gelten also im Grundsatz die gleichen Überlegungen, die auch bei einer Unternehmensbewertung anzuwenden sind und über die es ausreichend Praxiserfahrungen gibt.[8] Demnach setzt sich der Kapitalisierungszinssatz auch für die Bewertung immaterieller Werte aus den Komponenten Basiszinssatz und Risikozuschlag zusammen, wobei für die Ermittlung des Risikozuschlags das bekannte "Capital Asset Pricing Model" (CAPM) einschlägig ist. Die Besonderheit bei der Bewertung immaterieller Werte besteht allerdings darin, dass ein unter Anwendung des CAPM ermittelter Risikozuschlag ein Unternehmen insgesamt betrifft. Für die Bewertung immaterieller Werte ist dagegen deren spezifisches Risiko zu erfassen.[9] Ein solcher vermögensspezifischer Risikozuschlag weicht jedoch üblicherweise von dem Risikozuschlag des jeweiligen Unternehmens insgesamt ab. Daher ist es für die Bewertung immaterieller Werte geboten, von dem systematischen Risiko des Unternehmens zu abstrahieren. Hilfreich ist hierfür eine Typisierung, bei der die Risikostruktur von Vergleichsunternehmen zugrunde gelegt wird (sog. Peer-Group) und daraus ein durchschnittlicher Beta-Faktor abgeleitet wird. Darauf basierend sind Zu- oder Abschläge zur Berücksichtigung der vermögensspezifischen Risiken vorzunehmen. Mangels Marktdaten über vermögensspezifische Risikozuschläge können diese Zu- oder Abschläge letztlich nur auf allgemeinen betriebswirtschaftlichen Überlegungen beruhen.[10] Bei der Ableitung der Risikozuschläge ist auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass immaterielle Werte die Komponente mit dem höchsten Risiko im Unternehmen darstellen.[11]

 

Rz. 2675

[Autor/Stand] Unveränderter Ansatz der Lizenzgebühren auch bei Übertragung? Unter der Annahme, dass eine Überlassung und eine Übertragung immaterieller Werte wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte darstellen, mag es zunächst gerechtfertigt erscheinen, die im Rahmen einer Überlassung abgeleiteten Lizenzgebühren auch für die Bewertung des betreffenden immateriellen Werts – und damit für die Übertragung – heranzuziehen. Im konkreten Einzelfall ist jedoch zu untersuchen, inwieweit Überlassung einerseits und Übertragung andererseits tatsächlich vergleichbare Sachverhalte darstellen. So kann es wirtschaftlich einen Un...

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