Rz. 1237

[Autor/Stand] Regelung in § 1 Abs. 6 FVerlV. Im ersten Entwurf der FVerlV vom Juni 2007 wurden auch sog. Funktionsverdoppelungen als Funktionsverlagerungen i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 9 eingestuft.[2] Von einer Funktionsverdoppelung wird dann gesprochen, wenn eine Funktion bei einem ausländischen verbundenen Unternehmen (neu und zusätzlich) aufgebaut und damit die bereits im Inland bestehende, vergleichbare Funktion weder eingestellt noch eingeschränkt wird.[3] Die im Entwurf der FVerlV vorgesehene Regelung zur Besteuerung von Funktionsverdoppelungen war heftig umstritten und wurde in der endgültigen Fassung der FVerlV gestrichen. Stattdessen stellt § 1 Abs. 6 Satz 1 FVerlV klar, dass eine Funktionsverlagerung nicht vorliegt, wenn es innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktion durch das ausländische verbundene Unternehmen zu keiner Einschränkung der Funktion durch das inländische Unternehmen kommt. In welchen Fällen von einer "Einschränkung" der inländischen Funktion auszugehen ist, lässt die FVerlV offen. Die Begr. zu § 1 Abs. 6 FVerlV erwähnt lediglich, dass Funktionsverdoppelungen, die zu einer geringfügigen oder zeitlich begrenzten Einschränkung der betreffenden Funktion beim inländischen Unternehmen führen (sog. Bagatellfälle), unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 FVerlV nicht von der Funktionsverlagerungsbesteuerung erfasst werden sollen.[4]

 

Rz. 1238

[Autor/Stand] Definition der "Einschränkung" in der VWG-Funktionsverlagerung. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FVerlV soll eine Funktionsverdoppelung final erst dann vorliegen, wenn eine Funktionseinschränkung beim inländischen Unternehmen innerhalb einer Fünf-Jahres-Frist nicht zu verzeichnen ist. Die Regelung dient letztlich der Vermeidung eines Missbrauchs im Hinblick auf sukzessive, dh. sich über einen bestimmten Zeitraum erstreckende Funktionsverlagerungen (Anm. 1229).[6] Unter welchen Voraussetzungen eine Einschränkung der Funktionsausübung vorliegt, regelt § 1 Abs. 6 FVerlV nicht. Nach den VWG-Funktionsverlagerung ist die Frage der Einschränkung einer Funktion im Zusammenhang mit der Beurteilung von Funktionsverdoppelungen nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FVerlV nach dem Umsatz zu beurteilen. Dies ist nicht sachgerecht (Anm. 1222).[7] Im Übrigen führt dies dazu, dass die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 6 FVerlV erheblich einschränkt.

 

Rz. 1239

[Autor/Stand] Bagatellgrenze. Die Begr. zu § 1 Abs. 6 FVerlV führt aus, dass eine geringfügige oder zeitlich begrenzte Einschränkung der Funktion unschädlich sein soll.[9] Dies allerdings nur dann, wenn der Vorgang auch unter fremden Dritten nicht als Veräußerung oder Verlagerung einer Funktion angesehen werden würde.[10] Die korrekte Ausgestaltung dieser Bagatellregelung stellt der Verordnungsgeber den VWG-Funktionsverlagerung anheim. Gem. Rz. 49 der VWG-Funktionsverlagerung ist eine Funktionseinschränkung nicht mehr nur geringfügig, sondern erheblich, "wenn der Umsatz aus der Funktion, den das ursprünglich tätige Unternehmen i.S. des § 1 Abs. 2 FVerlV im letzten vollen Wirtschaftsjahr vor der Funktionsänderung erzielt hat, innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums i.S. des § 1 Abs. 6 FVerlV in einem Wirtschaftsjahr um mehr als 1 Mio. Euro absinkt". Ein Unterschreiten dieser Bagatellgrenze in einem Wirtschaftsjahr führt ungeachtet der Umsatzentwicklung in vorangehenden oder nachfolgenden Wirtschaftsjahren zwingend zur Annahme einer Funktionsverlagerung. Diese umsatzbezogene Betrachtungsweise führt im Ergebnis dazu, dass die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 6 FVerlV erheblich einschränkt (Anm. 1222). Mithin geht die Finanzverwaltung bei Funktionsverdoppelungen bei entsprechender Umsatzentwicklung innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums (Umsatzrückgang im Inland verbunden mit einem korrespondierenden Umsatzanstieg im Ausland) häufig von Funktionsverlagerungen aus. Dies ist insofern nicht sachgerecht, als Funktionsverdoppelungen bereits durch den Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 9 nicht gedeckt sind. Zu Recht beurteilen daher auch Vertreter der Finanzverwaltung die Anwendung des § 1 bei Funktionsverdoppelungen als äußerst kritisch.[11] Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil die Besteuerung von Funktionsverdoppelungen nicht im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 6 FVerlV, wonach Funktionsverdoppelungen nur in absoluten Ausnahmefällen besteuert werden sollen, steht. Die Regelung ist ferner nicht praktikabel.

 

Rz. 1240

[Autor/Stand] Rechtsfolge einer Funktionsverdoppelung. Kommt es innerhalb der Fünf-Jahres-Frist zu einer Einschränkung der Funktion beim inländischen Unternehmen, liegt im Zeitpunkt, in dem die Einschränkung eintritt, insgesamt eine einheitliche Funktionsverlagerung vor.[13] Die steuerlichen Folgen einer Funktionsverlagerung können in diesem Fall nur vermieden werden, wenn der Stpfl. glaubhaft macht, dass die entsprechende Funktionseinschränkung im Inland nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit d...

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