Rz. 808

[Autor/Stand] Anpassungsrechnungen. Die im Juli 2010 neugefassten OECD-Leitlinien weisen darauf hin, dass im Rahmen einer Vergleichsanalyse zur Ermittlung fremdüblicher Verrechnungspreise Anpassungsrechnungen bezüglich der Finanzdaten der Vergleichsunternehmen durchzuführen sind, soweit dies zu einer höheren Vergleichbarkeit führt.[2] Auf eine Anpassung kann nach Auffassung der OECD-Leitlinien hingegen verzichtet werden, wenn die jeweiligen Unterschiede nicht wesentlich, die Qualität der vorliegenden Informationen nicht zuverlässig bzw. ausreichend oder die Methoden zur Durchführung der Anpassungen fraglich sind.[3] Mit dieser Forderung nach Anpassungsrechnungen handelt es sich zwar um eine generelle Anforderung zur Herstellung der Vergleichbarkeit. Aufgrund der Bedeutung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode in der Unternehmenspraxis kommen solche Anpassungsrechnungen jedoch meist bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode zum Einsatz. Zudem verweisen die OECD-Leitlinien im Hinblick auf die Ermittlung der einzelnen Komponenten der Nettomarge und des PLI mehrfach auf Anpassungsrechnungen.

 

Rz. 809

[Autor/Stand] Net-Working-Capital-Anpassung. Insb. weisen die OECD-Leitlinien auf die Anpassung der Nettomargen auf Basis des Net-Working-Capital (NWC) hin.[5] Der Bedeutung einer entsprechenden Anpassung auf Basis des NWC wird durch ein ausführliches Beispiel im Anhang der OECD-Leitlinien Nachdruck verliehen.[6] Dabei wird das NWC als Summe der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen plus Vorräte abzgl. der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen verstanden. Begründung für die Anpassung ist, dass das NWC eine implizite Finanzierungsfunktion im Unternehmen ausübt. Offensichtlich wird der Effekt, wenn zwei vergleichbare Transaktionen betrachtet werden, wobei der einzige Unterschied darin besteht, dass bei Transaktion 1 ein Zahlungsziel von 120 Tagen, bei Transaktion 2 dagegen ein Zahlungsziel von 30 Tagen gegenüber den Kunden gewährt wird. Bei Transaktion 1 ist es wegen des längeren Zahlungsziels ceteris paribus erforderlich, zusätzliche Darlehen zur Finanzierung des 90 Tage längeren Zahlungsziels aufzunehmen. Ein höherer Zinsaufwand bei Transaktion 1 ist die Folge. Wenn nun Transaktion 2 als Vergleichstransaktion herangezogen und dabei eine Nettomarge (= EBIT) bezogen auf den PLI-Umsatz iH von zB 5 % ermittelt wird, so ist zu klären, inwieweit diese Nettomarge von 5 % auf Transaktion 1 (als zu untersuchende Transaktion) übertragen werden kann. Wegen des um 90 Tage längeren Zahlungsziels und des dadurch höheren Zinsaufwands wäre es bei Transaktion 1 erforderlich, eine höhere Nettomarge als 5 % zu erzielen. Nur die entsprechend erhöhte Nettomarge erlaubt es, den zusätzlichen Zinsaufwand zu finanzieren.

Gemäß dem im Anhang der OECD-Leitlinien dargestellten Beispiel ist das Verhältnis von NWC zu Umsatz der jeweiligen Transaktionen die ausschlaggebende Kenngröße für die Anpassung. Unterscheiden sich die Werte, findet eine Anpassung der Nettomargen der Vergleichstransaktionen statt. Sie errechnet sich aus der Differenz des NWC/Umsatzes der zu untersuchenden Transaktion und NWC/Umsatzes der Vergleichstransaktionen multipliziert mit einem angemessenen Zinssatz. Wenn zB das NWC des zu untersuchenden Unternehmens höher als das der Vergleichsunternehmen ausfällt, wäre die relevante Nettomarge der Vergleichsunternehmen entsprechend zu erhöhen et vice versa. Was die Ableitung des Zinssatzes anbelangt, so ist zunächst zu ermitteln, ob der zusätzliche Finanzierungsbedarf durch Eigenkapital oder Fremdkapital gedeckt wird. Die entsprechenden Zinssätze für Eigenkapital (ggf. abgeleitet aus dem Capital Asset Pricing Model – CAPM) oder Fremdkapital (ggf. abgeleitet aus dem üblichen Zinssatz für entsprechende Darlehen) sind dann heranzuziehen. Sollte ein negatives NWC vorliegen (die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen übertreffen die Summe der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und der Vorräte), ist dagegen eher der Zinssatz für die Anlage von Überschussliquidität relevant.[7]

 

Rz. 810

[Autor/Stand] Keine Notwendigkeit einer generellen NWC-Anpassung. Die OECD-Leitlinien stellen selbst klar, dass eine NWC-Anpassung weder routinemäßig noch verpflichtend erfolgen muss. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu diskutieren, ob eine solche NWC-Anpassung tatsächlich zu einer Erhöhung der Vergleichbarkeit beiträgt.[9] Jedenfalls spricht eine ganze Reihe von Argumenten gegen die Notwendigkeit einer generellen NWC-Anpassung. So ist zunächst zu bedenken, dass das NWC ausschließlich auf Bilanzposten basiert. Eine Bilanz wird grundsätzlich zeitpunktbezogen erstellt.[10] Damit stellt das NWC immer nur eine Momentaufnahme dar. Hingegen wird die für die Vergleichsanalyse herangezogene Kennzahl der Nettomarge aus Posten der GuV ermittelt. Im Unterschied zur Bilanz ist die GuV zeitraumbezogen.[11] Dementsprechend nimmt bei einer Anpassungsrechnung auf Basis des NWC eine zeitpunktbezogene Kennza...

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